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Prozess gegen Boston-Attentäter begonnen

Fast zwei Jahre nach dem Anschlag auf den Marathonlauf von Boston hat der Prozess gegen den überlebenden mutmaßlichen Attentäter begonnen. Allerdings rechnen Beobachter damit, dass die eigentliche Verhandlung erst im Februar anfängt. Zunächst müssen die Geschworenen ausgewählt werden - und das kann dauern.

05.01.2015
    Eine Zeichnung vom Angeklagten im Boston-Marathon-Prozess.
    Boston-Marathon: Prozess gegen Attentäter (picture alliance / dpa / Margaret Small)
    Dschochar Zarnajew ist der überlebende mutmaßliche Attentäter des blutigen Anschlags. Die Anklage wirft dem 21-Jährigen vor, gemeinsam mit seinem älteren Bruder Tamerlan Zarnajew auf der Zielgeraden des Boston-Marathons zwei Bomben gezündet zu haben. Bei dem schwersten Terroranschlag in den USA seit dem 11. September 2001 waren drei Zuschauer getötet und 260 verletzt worden.
    Zarnajew muss sich zudem wegen Tötung eines Polizisten während seiner anschließenden Flucht verantworten. Im Fall eines Schuldspruchs droht ihm die Todesstrafe.
    Geschworenenauswahl aus 1200 Kandidaten
    Der Prozess vor einem Bundesgericht im US-Bundesstaat Massachusetts begann mit der Geschworenenauswahl aus einer Gruppe von 1200 Kandidaten. Bestimmt werden müssen zwölf Juroren und sechs Ersatzgeschworene. Allein diese Prozedur dürfte wegen der Bedeutung des Falles und der möglichen Todesstrafe für den Angeklagten Wochen dauern. So gilt es, Geschworene zu bestimmen, die nicht aus prinzipiellen Gründen strikt gegen die Todesstrafe sind.
    Dem "Boston Globe" zufolge könnte es gut sein, dass die eigentliche Verhandlung erst im Februar beginnt und der Prozess bis zum Frühsommer dauert.
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    Die Explosionen richteten viel Verwüstung an. (picture alliance / dpa)
    Zarnajew hatte sich bereits bei einer Anhörung im vergangenen Jahr nicht schuldig bekannt. Insgesamt ist er in 30 Punkten angeklagt, etwa wegen des Einsatzes von Massenvernichtungswaffen an einem öffentlichen Ort. 17 der Punkte wiegen so schwer, dass sie ihm bei einem Schuldspruch die Todesstrafe einbringen könnten.
    Zarnajews Bruder Tamerlan war bei einer Verfolgungsjagd der Polizei nach dem Bombenanschlag erschossen worden. Die beiden Männer stammen aus einer tschetschenischen Familie und sollen radikalen Islamisten nahegestanden haben.
    Bundesrecht erlaubt generell die Todesstrafe
    Die Verteidigung hatte bis zuletzt versucht, den Prozess zu verschieben und in eine andere Stadt zu verlagern. Sie argumentierte, dass es unmöglich sei, in Boston unvoreingenommene Geschworene zu finden. Außerdem habe sie nicht genügend Zeit zur Vorbereitung auf den Prozess gehabt. Aber Richter George O'Toole wies das zurück.
    Experten erwarten, dass die Verteidiger Zarnajew als einen leicht beeinflussbaren jungen Mann porträtieren werden. Dschochar sei von seinem älteren Bruder dominiert worden, der zunehmend radikale muslimische Sichtweisen entwickelt habe.
    Massachusetts hatte die Todesstrafe in den frühen 1980-er Jahren abgeschafft. Die bisher letzte Hinrichtung fand 1947 statt. Zarnajew muss sich jedoch nicht in einem staatlichen, sondern in einem Bundesverfahren verantworten, und das Bundesrecht erlaubt generell die Todesstrafe - also auch in Massachusetts.
    Ein Bundesgeschworenengericht in dem Staat hatte bisher nur zweimal über eine mögliche Todesstrafe zu entscheiden, 2001 und 2003. Im ersten Fall entschied es dagegen, im zweiten Fall dafür. Aber das Todesurteil wurde Jahre später in einem Berufungsverfahren aufgehoben.
    (pg/wes)