Carmen Souza: "Epistola"

Singen für die Einheit der Welt

Die Sängerin und Musikerin Carmen Souza bei einem Auftritt während des Womad Festivals im spanischen Caceres, aufgenommen am 10.5.2013.
Die Sängerin und Musikerin Carmen Souza bei einem Auftritt während des Womad Festivals im spanischen Caceres © picture-alliance / dpa / Esteban Martinena
Von Katrin Wilke · 01.09.2015
Ihren vielseitigen Gesang begleitet sie selbst an Gitarre oder Piano. Der Sound von Carmen Souza changiert zwischen Jazz und den Einflüssen ihres kapverdischen Backgrounds. Das Album "Epistola" ist ein Gemeinschaftswerk mit ihrem Mentor Theo Pascal.
"'Moonllight Serenade' - diese wunderschöne Musik von Glenn Miller scheint so etwas wie ein Teil der Vorstellungswelt meiner Kindheit zu sein. Wir hatten dabei immer diese Tanzabende im Sinn, wo den Leuten eine Riesenband zum Tanz aufspielt. Eine Bigband, wie sie auch zu diesem Stück gehört. Es ist also fast wie ein Bild meiner Kindheit und auch der von Theo. Wir spielten diese Musik im Duo, also Stimme und Bass, sonst nichts - schon lustig"
Nicht zu vergessen das von der Sängerin gespielte Quiro. Dieses unter anderem auch in der kapverdischen Musik typische Perkussionsinstrument, ursprünglich eine Kalabasse, mit Rillen, auf denen ein Stöckchen entlanggeführt und so ein schnarrend klingender, treibender Beat erzeugt wird. Nur mit Stimme, Bass und Quiro gerät die von Carmen Souza und Theo Pascal durchaus jazzig intonierte "Moonlight Serenade" zu einer minimalistisch-intimen Variante dieses opulenten Bigband-Klassikers. Bekommt den Drive einer Coladeira, diesem populären, flotteren Stil der Kapverden.
Theo Pascal als Mentor und Mitmusiker
Dieses Cover bildet den Schlusspunkt, ein weiteres – die ebenso kreative, vitale Neulektüre von Horace Silvers "Cape Verdian Blues" – eröffnet "Epistola". Ansonsten versammelt Souzas fünftes Studioalbum – entstanden zwischen Portugal, Großbritannien und New York – lauter Eigenkompositionen. Beim Schreiben der auf Portugiesich bzw. Kreol, auf Englisch oder Französisch intonierten Lieder sowie bei der Produktion der CDs arbeitet die 1981 in Lissabon geborene Tochter kapverdischer Exilanten von Anfang an mit ihrem Landsmann Theo Pascal zusammen. Der wie Carmen Souza in London ansässige vor allem jazz-sozialisierte Bassist entdeckte die begnadete, überaus expressive Vokalistin als Teenager und wurde zu ihrem bis heute wichtigsten Mentor und Mitmusiker:
"Wir komponieren zusammen. Tatsächlich begann ich auch mit Theo überhaupt erst Musik zu machen. Mit ihm machte ich meine ersten Schritte in die Musik und lerne eigentlich bis heute von, mit ihm (lacht). Wir komponieren gemeinsam die Stücke auf sehr natürliche, sehr spontane Weise. Dies geschah immer so, auch bei diesem Album."
Doch auch umgekehrt lerne er sehr viel von seiner musikalischen Partnerin, betont der virtuose E- und Kontrabassist – wenn nicht gar noch mehr als umgekehrt. Und ja, diese elf neuen Tracks atmen eine ganz besondere Vertrautheit und Verbundenheit, die im Laufe der nunmehr 15 professionell gemeinsamen Jahre als Profimusiker eine zunehmend größere Kreativität, eine hörbar geglückte und beglückende Verwegenheit ermöglichen. Zu spüren in einem Song wie "Afro Monk", eine recht eigenwillige Verbeugung vor dem Pianisten Thelonious Monk, dessen besonderer Swing – wie Theo Pascal sagt – diese kapriziöse, fast zur Suite ausufernde Komposition inspiriert hat.
"Wir sind musikalisch gewachsen und ja, wir sind älter geworden. Aber die Musik erneuert uns auf eine Art. Wir sind stets auf der Suche nach unserem gemeinsamen Klang, nach der Musik, die uns selber berührt und die auch unsere spirituelle Suche beinhaltet. Doch möge unsere Musik auch ein Vehikel sein, um die Menschen zu berühren."
Ein musikalischer Brief an offene Menschen
Das Stück mit dem unaussprechlichen kreolischen Namen "Kutequatekesa Quamundos" hat keine geringere Botschaft als die des gemeinsamen Singens für die Einheit der Welt: Vergesst die Divergenzen, die Differenzen, es geht um Farbigkeit, um Frieden, heißt es in dem an Farben und Überraschungen reichen Song, der vom afrikanischen Mutterkontinent aus um die Erde zu reisen scheint. Carmen Souza und Theo Pascal scheuen nicht vor musikalisch transportierten Botschaften, haben daher ihr Album auch "Epístola" - "Brief" genannt:
"Es ist ein offener Brief, gesendet an diejenigen, die bereit sind zuzuhören. Unsere Idee war es, einen Brief mit Klängen zu verfassen. Eine andere Art von Brief. Und wir schicken unsere Musik, unsere Botschaft all denen, die dafür bereit und offen sind."
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