Cameron Carpenter im Konzerthaus Berlin

Ein Paganini an der Monsterorgel

Cameron Carpenter sitzt auf seiner Orgel, im Hintergrund Kronleuchter des Saales
Cameron Carpenter thront auf seiner Orgel im Konzerthaus Berlin. © konzerthaus.de/Marco Borggreve
08.07.2018
Drei Trucks braucht Cameron Carpenter für den Transport seiner digital gesteuerten Mega-Orgel. Er gilt als der Paganini des Orgelspiels und bearbeitet alles für sein Instrument, worauf er Lust hat - egal ob Sinfonie oder Karneval-Ouvertüre.
"Ich liebe jede Art von Musik, und jede Art von Musik ist für die Orgel geeignet", da ist sich Cameron Carpenter sicher. Deswegen wagt er sich auch an die teuflisch aufgeladene Paganini-Rhapsodie von Rachmaninow. Er hat seine digitale "Klangmaschine" selbst entworfen – das Instrument kann eine Unendlichkeit an Kombinationen entwickeln. Es hat 180 Register, also Klangvariationen, die man schier endlos kombinieren kann.
Carpenter, der als Spieler kaum Grenzen hat, hat sich also ein Werkzeug der "unendlichen Variationen" gebaut und ist dabei, sich die Musikgeschichte auf seine Art "einzuverleiben" und in seine eigene Klangwelt zu übertragen. Er wird gefeiert als Paganini der Organistenzunft, er selbst sieht sich als Hexenmeister der Klangalchimie.
Der Organist Carpenter Cameron steht neben einer Büste von Johann Sebastian Bach im Konzerthaus Berlin
B... wie Bach und C... wie Cameron© konzerthaus.de/Marco Borggreve
In der zu Ende gegangenen Saison ist Cameron Carpenter oft am Konzerthaus Berlin zu hören gewesen. Als Artist in Residence hat er etliche Konzerte gegeben. Am 22. Juni spielte er zusammen mit dem zukünftigen Chefdirigenten des Hauses Christoph Eschenbach. Als Pianist startete dieser seine Musikerkarriere, das Dirigieren wurde ihm zunehmend wichtiger. Aktuelle Konzertvorhaben verbreitet er über seinen eigenen Video-Kanal.
Christoph Eschanbach sitzt im Publikumssaal des Konzerthauses Berlin.
Christoph Eschenbach wird 2019 das Konzerthausorchester als Chefdirigenten übernehmen.© konzerthaus.de/Jonas Holthaus
Das Programm wird von Musik von Antonín Dvořák gerahmt. Die Konzertouvertüre op. 92 komponierte Dvořák kurz vor seinem Amstantritt als Direktor des Konservatoriums in New York.

Schaffenshoch kurz vor der Zeit in Amerika

Ursprünglich hatte er geplant, drei Orchesterouvertüren in einem Zyklus mit dem Titel "Natur, Leben und Liebe " zusammen zu fassen. Die mittlere Ouvertüre sollte dabei den Menschen in seiner Fröhlichkeit darstellen, und Dvořák entschied sich für eine musikalische Karnevalsszene, die wirbelt und lärmt und nur für wenige Momente innehält. Die Ouvertüre löste der Komponist dann doch aus dem Verbund und gab dem Opus 92 den entsprechenden Titel.
Auch die achte Sinfonie entstand kurz vor der New Yorker Zeit, in der Dvořák einen regelrechten Kompositionsschub erlebte. Er selbst beschrieb in Briefen aus der Zeit, dass er kaum hinterher käme, seine Einfälle zu Papier zu bringen. Die achte Sinfonie ist voller eingängiger Abschnitte, wie von der Natur abgelauscht. Kein Wunder, die Sinfonie entstand in Sommermonaten auf seinem Landsitz in Vysoká.

Paganini hoch drei

Paganini zu zitieren, das wurde zu einem bekannten Stilmittel, um hochvirtuose Musik zu komponieren. Brahms hatte es getan, Franz Liszt, oder eben auch Sergej Rachmaninow. Er nahm sich das Thema, das Paganini in seinen Capricen für Violine Solo in immer verrückteren Variationen steigerte.
Dieses Thema kombinierte Rachmaninow mit dem Thema von "Dies irae" - Rachmaninow bebilderte damit die Legende um Paganini, in der erzählt wird, dass Paganini sich dem Teufel verkauft habe, um die Liebe einer Frau zu erlangen. Rachmaninows Werk wurde so begeistert aufgenommen, dass sein Freund Michel Forkine eine Ballett-Choreographie zu dieser Musik zur Aufführung brachte.
Cameron Carpenter bringt dieses Werk nun auf seiner Orgel in gesteigerter Form zur Aufführung. Orgel-Paganini trifft damit auf Pagnini-Fan-Musik - er selbst setzt allem Virtuosen und Schillernden noch eins drauf.
Der italienische Geiger Niccolo Paganini
Der italienische Geiger Niccolo Paganini© imago
Im Gespräch mit Stefan Lang erörtert Ulf Werner, Programm- und Orchesterdirektor im Konzerthaus, wie sich das Haus entwickelt hat und welche Schwerpunkte im Programm des Orchsters in Zukunft eine Rolle spielen werden:
Eine Aufzeichnung des Konzertes vom 22. Juni 2018 im Konzerthaus Berlin
Antonín Dvořák
"Karneval", Konzertouvertüre A-Dur op. 92
Sergej Rachmaninow
Rhapsodie über ein Thema von Paganini für Klavier und Orchester op. 43,
für Orgel und Orchester bearbeitet von Cameron Carpenter
Antonín Dvořák
Sinfonie Nr. 8 G-Dur op. 88

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