BVerfG-Urteil zur Patientenfixierung

"Es gibt keine einfache Lösung"

Das Foto zeigt eine mit einem Textilband festgebundene Hand eines Patienten.
Fixierung eines Patienten © dpa / picture-alliance / Hans Wiedl
Peter Brieger im Gespräch mit Nicole Dittmer · 24.07.2018
Patienten in der Psychiatrie dürfen ohne richterlichen Beschluss nicht länger als 30 Minuten ans Bett gefesselt werden, sagt das Bundesverfassungsgericht. Ein grundsätzliches Urteil gegen Fixierung sei dies nicht, meint Klinikumsleiter Peter Brieger.
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Ein Arzt kann einen Psychiatriepatienten nur für 30 Minuten fixieren lassen. Zwei Männer hatten zuvor geklagt. Einer von ihnen war acht Stunden lang am Bett fixiert worden. Jetzt herrscht Klarheit: Will ein Arzt einen Patienten länger fixieren, muss dies ein Gericht genehmigen.
Peter Brieger begrüßt das Urteil und die klare Position des Gerichts. Jedoch weist der Facharzt und Ärztliche Direktor des Isar-Amper-Klinikums München darauf hin, dass das Gericht keineswegs dagegen entschieden habe, Patienten grundsätzlich zu fixieren.

"Eine komplexe Gemengelage"

"Sie haben sich ganz klar zur Notwendigkeit von Fixierungen positioniert. Sie haben sich ja die verschiedenen Modelle angehört. Und letztlich war klar: Es gibt keine ganz einfache Lösung, es ist, wie oft im Leben, eine komplexe Gemengelage. Man muss schauen, dass man diese Fixierungen auf ein absolutes Mindestmaß reduziert."
Das Urteil schreibe außerdem vor, dass fixierte Patienten 1:1 betreut werden müssen. Eine gute Vorgabe, meint Brieger: Er findet es richtig, "dass fixierte Menschen jemanden neben sich haben."

Fixierungen eher die Ausnahme

Von allen neu aufgenommenen Patienten würden etwa acht Prozent fixiert, so Brieger. Der "Klassiker" sei jemand, der Crystal Meth eingenommen habe und "dann herumtobt und den Streifenwagen auseinandernimmt. Der wird von der Polizei fixiert, kommt in unsere Notaufnahme, und dann übernehmen wir die Fixierung der Polizei."
Einige vertreten die Ansicht, dass eine Fixierung grundsätzlich die Menschenwürde missachte. Diese Position teilt Brieger ausdrücklich nicht:
"Wenn wirklich jemand außer Rand und Band ist in der Intoxikation und sich und andere gefährdet, auch wenn die Polizei so einen Zugriff macht, dann ist das eine unangenehme, schlimme Notwendigkeit. Aber es ist besser, als dass derjenige sich von der Brücke stürzt oder jemandem ein Messer in den Bauch rammt."
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