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25 Jahre SUPERillu
Das Sprachrohr des Ostens

"Große Freiheit auch im Bett" war der Titel der ersten "SUPERillu", die der Burda-Verlag am 23. August 1990 an die Kioske brachte. Zu sehen war viel nackte Haut. Heute, 25 Jahre später, spielt Sex im Heft keine Rolle mehr, trotzdem hat es treue Leser – vor allem im Gebiet der ehemaligen DDR.

Von Wolf Sören Treusch | 22.08.2015
    Die neue Ausgabe der Zeitschrift SUPERillu, aufgenommen am 04.05.2009 in der Redaktion in Berlin.
    Zahlreiche Exemplare der SUPERillu: Mit 2,9 Millionen Lesern ist sie die meist gelesene Zeitschrift im Gebiet der ehemaligen DDR. (picture alliance / dpa / Alina Novopashina)
    "Wer weiß, wer Le Floid ist? Nur einer? Was macht'n ihr nachts?"
    Chefredakteur Robert Schneider ist in seinem Element. Ein 27-jähriger Youtube-Star aus einer Kleinstadt in Brandenburg macht das Sommerinterview mit der Kanzlerin. Jung und Ost: für die 'SUPERillu' ist die Geschichte ein Volltreffer.
    "Porträt, Interview, was geht."
    Robert Schneider will die Themen in der 'SUPERillu' verjüngen, will aber seine alte Stammleserschaft nicht vergraulen. Ein modernes Heimatmagazin, das ist die Zukunft.
    "Ja, schon: es gibt so'n 'Mia san mia' auf ostdeutsch, das gibt es schon, ja.
    2,9 Millionen Menschen, die regelmäßig zur 'SUPERillu' greifen, das ist die Gegenwart. Sie ist damit die meistgelesene Zeitschrift auf dem Gebiet der ehemaligen DDR. Der Chefredakteur stammt aus einem Dorf bei Leipzig. Er weiß, welche Bedeutung das Blatt in den vergangenen 25 Jahren für viele Menschen in seiner Heimat hatte.
    "Ich spüre es manchmal, wenn Leser mich auf der Straße erkennen und mir die Hand drücken und sich bedanken: 'Isch wollt mich mol für de Arbeit bedanken.' 'Herzliche Grüße an die ganze Redaktion' ausrichten, da merkt man, da ist eine hohe Wertschätzung, 'ne hohe Identifikation da, und ein Medium, das ihnen Kraft gibt, weil es vielleicht gut unterhält, oder tolle Ratschläge gibt, Stars der Vergangenheit, aus DDR-Zeiten, für sie am Leben erhalten werden."
    "Für viele hat die Woche erst richtig begonnen, wenn am Donnerstag die 'SUPERillu' erschienen ist."
    Der Bayer Jochen Wolff hat die Zeitschrift zu dem gemacht, was sie ist: Sprachrohr und Medienheimat der Ostdeutschen. Vor Schneider war er Chefredakteur. Zwanzig Jahre lang.
    "Wir haben immer offen die Probleme, die Verbrechen der SED, die Verbrechen an Mauer und Grenze und alle diese Dinge haben wir immer offen auch benannt, aber wir haben auch gesagt: Die Menschen haben ein Recht, sich an ihren Alltag zu erinnern, wie sie damals in der Mangelwirtschaft ihr Leben gemeistert haben, die Kinder groß gezogen haben, Musik der Jugend, als sie zum ersten Mal verliebt waren, an alle diese Dinge hat man sein Recht sich zu erinnern, das gehört zu unserer Alltagskultur, und deswegen hat man uns einfach auch geliebt, weil wir ihr Leben vor dem Fall der Mauer akzeptiert und respektiert haben."
    Chefredakteur glaubt an den "Ossi-Code"
    In den ersten Jahren bestimmten Blut- und Busen-Themen den Inhalt, dann rückten Ost-Produkte und Ost-Prominente in den Mittelpunkt. "Ich war gerne DDR-Bürger: TV-Legende Herbert Köfer und sein provozierendes Bekenntnis". Schlagzeilen wie diese im März 2010 erfreuten die Leser besonders. Köfer sprach aus, was viele dachten: Es war nicht alles schlecht in der DDR.
    "Ehrlich gesagt: DDR ist immer noch unsere Heimat, obwohl wir uns mit der Wende auch nur verbessert haben."
    "Zurück möchten wir die DDR auch nicht mehr haben. Nee."
    Das Ehepaar Lüdicke, beide weit in den 70ern, gehört zur Kernklientel der Leserschaft.
    "Wir als ehemalige DDR-Bürger, ja, wir haben ja auch Geschichte gehabt. Und det unterstützt eigentlich ooch die 'SUPERillu', ja."
    'Bräsiger Mix aus Käse- und Infoblatt', 'Suppen-Illu': Auch 25 Jahre nach ihrer Gründung muss die 'SUPERillu' immer noch Kritik einstecken. Petra-Juliane Wagner, eine agile Mittsechzigerin, Abonnentin, findet es gut, dass es wenigstens eine Zeitschrift gibt, die sich für den Osten interessiert.
    "Ich will jetzt nicht sagen, dass ich darauf stolz bin, dass ich aus dem Osten bin oder so, aber der Bayer behauptet auch, er ist Bayer, und er möchte nicht mit den Norddeutschen verwechselt werden. Also die Generation, die ich vertrete, auch meine Kinder im Übrigen noch, die leiden nicht unter dem Status Ossi, aber sie fühlen anders."
    'Anders fühlen' als die Westdeutschen: Das macht den Unterschied. Petra-Juliane Wagner engagiert sich jetzt auch im Leserbeirat der 'SUPERillu'. Zwölf Bürgerinnen und Bürger aus Ostdeutschland treffen sich zwei Mal im Jahr mit der Redaktion und beraten sie in gestalterischen und inhaltlichen Fragen.
    "Jeder bringt seine Ideen und seine Vorschläge ein, was man in diese Zeitung aufnehmen könnte. Denn die Redaktion kann ja nicht überall sein."
    Doch wie zeitgemäß ist eine Illustrierte, die sich exklusiv den Ostdeutschen verpflichtet fühlt? Wo doch längst eine Generation herangewachsen ist, die sich nicht mehr so einfach nach Ost und West unterscheiden lässt. Chefredakteur Robert Schneider war 13, als die Mauer fiel. Dennoch glaubt er an den 'Ossi-Code'.
    "Es gibt so viele Medienangebote heute, ich bleibe komplett bei unserer DNA und bei unserer Zielgruppe, das ist eine große Stärke der 'SUPERillu', weil: Sie ist quasi schon immer, obwohl sie ein Massenblatt ist, ein Special-interest-Titel. Nämlich Ost! Na, ist doch so."