Bundestagsabstimmung über die Ehe für alle

"Gute Nachricht für alle Liebespaare"

Die Journalistin und Autorin Julia Friedrichs
Die Autorin Julia Friedrichs freut sich über gute Aussichten für eine "Ehe für alle" © dpa / picture alliance / Uwe Zucchi
Moderation: Korbinian Frenzel  · 27.06.2017
Als gute Nachricht für alle Heiratswilligen begrüßt die Journalistin Julia Friedrichs, dass die "Ehe für alle" am Freitag zur Abstimmung kommen könnte. Sie lobte, wie SPD-Politiker Martin Schulz auf den überraschenden Schwenk von Bundeskanzlerin Angela Merkel reagiert hatte.
Nach dem Schwenk von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei der rechtlichen Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare will die SPD noch vor der Sommerpause über die Ehe für alle abstimmen lassen. Merkel hatte bei einer Veranstaltung der "Brigitte" am Montagabend in Berlin überraschend von einer "Gewissensentscheidung" der Bundestagsabgeordneten ohne Fraktionszwang gesprochen. SPD-Kanzlerkandidat hatte das sofort aufgegriffen und eine Abstimmung noch diese Woche verlangt.

Interessante Gemengelage

"Inhaltlich ist es erstmal eine gute Nachricht für alle, die heiraten wollen, für alle Liebespaare, die gerne vor den Altar treten wollen", sagte die Journalistin Julia Friedrichs im Deutschlandfunk Kultur. "Da gibt es ja relativ wenig vernünftige Argumente dagegen." Strategisch handele es sich um eine interessante Gemengelage, weil man gedacht habe, dass Merkel, wie gewohnt, ein Thema aus dem Ring nehme und es der Debatte entziehe. "Das hätte ich bei aller inhaltlichen Freude schade gefunden und finde es deshalb ganz gut, dass es nicht zu gelingen scheint durch den Konter von Martin Schulz."
Demonstranten fordern am 22.03.2013 vor dem Bundesrat in Berlin die rechtliche Gleichstellung der Ehe für alle.
Die langjährigen Forderungen nach einer rechtlichen Gleichstellung der Ehe für alle könnten in dieser Woche von Erfolg gekrönt werden. Im Bundestag wird eine Abstimmung für Freitag erwartet. © dpa/Hannibal

"Witz in Tüten"

Der Berliner Chefkorrespondent des Redaktionsnetzwerks Deutschland, Dieter Wonka, sagte, es handele sich um einen "Anschlag auf die Demokratie, um mit Schulz zu sprechen". Merkel habe mit ihren Äußerungen eher den Bundestagsabgeordneten der nächsten Legislaturperiode eine Gewissensentscheidung über die "Ehe für alle" zugebilligt, aber nicht mehr den derzeit gewählten Parlamentariern. "Das ist ja der Witz in Tüten muss ich sagen", sagte Wonka. "Beginnt das Gewissen der Abgeordneten der CSU und der CDU womöglich erst am 24. September am Tag der Bundestagswahl?"

Abstimmung nach Gewissen erwartet

Es handele sich bei dem Vorstoß von SPD und Kanzlerkandidat Schulz um einen Bruch der Koalition, weil diese darauf beruhe, dass man sich vertraglich für einen Zeitraum füreinander verpflichte, meinte der Korrespondent. "Und wenn es nicht mehr geht, muss man die Regierung, die Koalition beenden", sagte Wonka. Das wolle aber weder die SPD noch die Union, da die Wahlen sonst bereits im Ferienmonat August stattfinden müssten. "Also, an Koalitionsbruch denkt niemand." Wonka sprach davon, dass sich Merkel ausgerechnet bei einer "Schmeichel-Plauderrunde mit einer Frauenzeitschrift" vorgewagt habe. "Interessant wird jetzt sein, ob CDU und CSU jetzt Angela Merkel folgen." Abgestimmt werde spätestens am Freitag, wie er von Schulz erfahren habe, sagte der Hauptstadtkorrespondent. Er gehe jede Wette ein, dass Merkel die Abstimmung freigeben werde. "Es wird ein Gesetz geben, was seit zwölf Jahren von der Union aus ideologischen Gründen abgelehnt wurde", sagte Wonka. "Das ist doch immerhin ein guter Schlusspunkt einer Arbeit der Großen Koalition, die nicht alle begeistert hat."

Misslungene Kehrtwende

Friedrichs sagte, es sei übertrieben von "Koalitionsbruch" zu sprechen. "Ich würde es jetzt nicht größer machen als es ist." Schulz habe sich an einen Strohhalm geklammert, den die Bundeskanzlerin ihm hingehalten habe. Das habe er geschickt gemacht, urteilte Friedrichs. Über die Kehrtwende bei der "Brigitte" sagte sie: "Ich denke, Angela Merkel hat das da kalkuliert fallenlassen, weil sie eben gehofft hat, das Thema aus der Bahn zu nehmen für die nächsten Wochen und sich dann mit einem Koalitionspartner darauf zu einigen." Das sei nicht gelungen. "Für das Thema und für die Ehe für alle ist das eine gute Entwicklung."
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