Bundesnotbremse

Ein Versuch, das Versagen der Politik zu kaschieren

02:24 Minuten
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, bei einer Pressekonferenz.
Der neue Berliner Zentralismus bringe für die Bekämpfung der Pandemie nichts, meint Volker Finthammer. © imago / IPON
Ein Kommentar von Volker Finthammer · 16.04.2021
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Völlig unnötig wird mit der Bundesnotbremse künftiges Durchgreifen beschworen, kommentiert Volker Finthammer. Die eigentlichen Probleme liegen woanders: im Impfdebakel und darin, dass es immer noch keine belastbaren Daten über Infektionswege gibt.
Ich kann gut verstehen, warum der Unmut in der Bevölkerung wächst. Nach über einem Jahr soll jetzt die Bundesnotbremse gezogen werden, um die Ausbreitung der Pandemie und da besonders der neuen Mutanten in Schach zu halten. Großartig! Dabei wissen wir doch schon jetzt und nicht nur von Karl Lauterbach, dass die Notbremse zu spät kommt und dass es noch mindestens 14 Tage dauern wird, bis sie in Kraft tritt.
Bis dahin könnten die Intensivstationen aber schon überlaufen sein, weil die schweren Verläufe derzeit wieder mit einem erschreckenden Tempo zunehmen. Die Bundesnotbremse sorgt da nur für eine formale Einheitlichkeit. Wirklich neue Instrumente beinhaltet sie jedoch nicht.
Die liegen alle schon heute vor. Und jede Stadt, jeder Landkreis hätte die Möglichkeit, Ausgangssperren und anderes mehr zu verhängen, um das Infektionsgeschehen einzudämmen. Nur passiert das nicht, weil jetzt wieder alle wie das Kaninchen auf die Schlange auf den Bund schauen – und warten, was in Berlin beschlossen wird.

Ein künftiges Durchgreifen wird beschworen

Diese Falle hat sich allein die Bundesregierung gestellt. Niemand sonst. Im Glauben an den neuen Berliner Zentralismus wird jetzt ein künftiges Durchgreifen beschworen, das längst schon hätte umgesetzt werden müssen.
Nicht bundesweit, sondern überall da, wo es notwendig ist. Denn das wäre die wirklich angemessene Reaktion auf die andauernde Pandemie. Dahinter verbirgt sich aber leider ein weiteres Versagen des Robert Koch-Instituts und der nachgelagerten Gesundheitsämter.

Mangelhafte Erforschung des Infektionsgeschehens

Wir haben nach einem Jahr immer noch immer kein ausdifferenziertes Lagebild darüber, wo und wie sich die Menschen aktuell infizieren. Sind es die Büros, die Schulen, der öffentliche Nahverkehr, oder geschieht das alles zu Hause? Es gibt keine fortlaufenden Untersuchungen dazu, die eine genaue Bewertung erlauben.
Darin und in der vermurksten Impfkampagne liegt das eigentliche Versagen der Politik, das jetzt mit einer bundeseinheitlichen Notbremse kaschiert werden soll.
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