Bürokratie

Wenn ein Denkmal zur Last wird

Flüchtlingslager aus Nissenhütten in Ehndorf in der Nähe von Neumünster in der britischen Besatzungszone 1948/1949.
Nissenhütten in Ehndorf bei Neumünster 1949: Solche Unterkünfte für Flüchtlinge sollen unter Denkmalschutz gestellt werden. © dpa / picture alliance / Berliner Verlag/Archiv
Von Dietrich Mohaupt · 24.04.2014
In Schleswig-Holstein wird darüber gestritten, was schützenswertes Kulturgut ist. Der Entwurf für ein neues Denkmalschutzgesetz treibt zahlreichen Hausbesitzern Sorgenfalten auf die Stirn.
Zu Besuch im Birkenweg in Husum: Johannes Siegfriedt sitzt an seinem Wohnzimmertisch und blättert in einem Stapel alter Zeitungsausschnitte, Briefe und Fotos. Schnell hat er gefunden, wonach er sucht:
"So hat es früher ausgesehen."
Der 81-jährige zeigt auf ein Foto der Siedlung aus den 1950er-Jahren:
"Hier ist ein Graben, da kann man noch die Spurbahn sehen. Unser Nachbar hatte ein Kiesfuhrwerk, der hat Kies gefahren, mit Pferd und Wagen – kann man noch sehen. Hier auf der Seite waren alles Nissenhütten, 20 Stück waren hier."
Johannes Siegfriedt blättert weiter:
"Und das ist das Schreiben vom Denkmalschutz."
Die Nissenhütten im Husumer Birkenweg und der Denkmalschutz. Es ist der alte Streit: Denkmal oder nicht? Nissenhütten – nicht viele können heute mit diesem Begriff noch etwas anfangen. Der Kieler Politikwissenschaftler und Soziologe Uwe Carstens hat sich intensiv mit ihrer Geschichte in Deutschland befasst, und die beginnt 1916, mitten im Ersten Weltkrieg in England:
"Der Name 'Nissen' kommt eben vom Erfinder dieser Hütte. Und zwar war das ein kanadischer Ingenieur, Peter Norman Nissen, der 1871 bis 1930 gelebt hat, der von der englischen Regierung den Auftrag bekam, eine schnell aufzubauende Unterkunft für das Militär zu konzipieren. Und die Bedingung war: In vier Stunden vier Soldaten sollten eine Hütte aufbauen können."
Aus diesen Feldhütten für das Militär wurden nach dem Zweiten Weltkrieg in den britischen Besatzungszonen erste Behelfsunterkünfte für zig-tausende Flüchtlinge:
"Diese Hütten – zunächst einmal, um überhaupt einen Eindruck zu haben – es ist also wie eine halbe Tonne, doppelwandiges Wellblech, hat eine Fläche von zwei mal 20 Quadratmeter, also insgesamt 40 Quadratmeter. Die ersten Hütten waren noch nicht unterteilt, später machte man zwei mal 20 Quadratmeter und so entstand dann die ersten Unterbringungsmöglichkeiten. Das ging nachher sehr, sehr schnell und es gab richtig große Nissenhütten-Lager, das größte war in Kiel mit 129 Hütten."
Bis zu 20 Bewohner auf 40 Quadratmetern, die Zustände in den Nissenhütten waren zeitweise katastrophal, erzählt Uwe Carstens:
"Im Winter war es so, dass die Temperatur in der Hütte sich nicht davon unterschied, wie es vor der Hütte war. Das Wellblech war mit Reif bedeckt, insbesondere dann eben nachts, und tagsüber fing der Reif an zu tropfen, und so nannte man das Ganze auch 'Tropfblechhöhle'. Und die andere Geschichte ist, wenn dann die Sonne richtig auf die Hütten, auf das Blech brennt, dann war es in der Hütte wie in der Sauna, es war also nicht auszuhalten."
Bei Johannes Siegfriedt und seiner Frau Ilse im Wohnzimmer ihrer Nissenhütte in Husum sind solche Zustände längst Vergangenheit. 1959 war das junge Ehepaar auf der Suche nach einer neuen Bleibe und es wurde im Birkenweg fündig:
"Das kam gerade, wie wir dann ein Haus suchten, wurde das angeboten. Und dann haben wir uns darum gekümmert und wir haben es auch gekriegt. Damals war das auch viel Geld, 10.000 D-Mark, das war auch viel Geld, aber wir haben es geschafft und nachher viel umgebaut und angebaut und isoliert."
Über die Jahre ist so ein gemütliches Heim entstanden – alles in Eigenarbeit, betont Johannes Siegfriedt. Seine Hausführung beginnt im Wohnzimmer, das eigentlich immer schon ein bisschen zu klein war. Darum musste die Trennwand mitten in der Hütte dran glauben:
"Wie wir hier Heizung kriegten, haben wir diese breite Tür gemacht, Ziehharmonikatür, damit man diesen Raum mal größer machen kann. Wenn wir Besuch hatten, wir haben hier mit 16 Mann drin gesessen zum Feiern in der Stube, dann wurde die Tür aufgemacht und dann saß hinter der Tür auch noch einer."
Jetzt befindet sich hinter der Ziehharmonikatür das Schlafzimmer der Eheleute Siegfriedt. Vom Wohnzimmer aus geht es über einen schalen Flur weiter, vorbei an der kleinen, modern eingerichteten Küche:
"Ja also die Einbauküche, das ist ja klar, die wurde nachträglich eingebaut."
Und nur ein paar Schritte weiter war die ursprüngliche Nissenhütte früher einmal zu Ende, bevor Johannes Siegfriedt aktiv wurde:
"Hier war die Haustür, hier war man schon draußen. Also dies habe ich hier angebaut, diesen Flur hier, da geht es noch zum Wirtschaftsraum und dann einmal nach draußen."
Teile des Flurs und der Wirtschaftsraum sind aus einer zweiten Nissenhütte entstanden, die anfänglich als Abstellkammer genutzt wurde:
"Das war früher der Schuppen. Jedes zweite Haus hatte quer einen Schuppen – immer zur Hälfte. Das habe ich dann ausgebaut hier als Kinderzimmer."
Zurück im Wohnzimmer holt Johannes Siegfriedt noch einmal das Schreiben des Landesamtes für Denkmalpflege hervor. Schwarz auf weiß steht dort, dass sein Haus bald unter Denkmalschutz stehen wird. Die Nissenhütten im Husumer Birkenweg sind die letzte noch in Teilen in sich geschlossene Bebauung mit Nissenhütten, sie legen Zeugnis ab von der durch den Zweiten Weltkrieg ausgelösten Flucht und Vertreibung, hat die Denkmalschutzbehörde mitgeteilt. Damit sind diese Nissenhütten also Kulturdenkmale aus historischen Gründen.
Johannes Siegfriedt dagegen betrachtet sein Haus und vor allem das Grundstück, auf dem es steht, in erster Linie als Altersvorsorge. Mindestens 50.000 Euro wäre das Grundstück wohl wert, meint er. Wenn aber das Haus unter Denkmalschutz steht, dann dürfen Abrisse oder Umbauten nur noch mit Genehmigung erfolgen. Und das heißt für Johannes Siegfriedt:
"Das ist für uns nix mehr wert. Verkauft kriegen wir das nicht mehr, ohne dass das abgerissen werden kann. Als Bauplatz gerne – nehmen sie ganz gerne hier. Und falls wir das Geld nicht brauchen für Pflegefall zum Beispiel und wir bleiben hier so lange, bis wir nicht mehr sind. Unsere Kinder haben schon gesagt, die nehmen das Erbe nicht an. Dann bleibt das stehen und vergammelt. Ich nehme nicht an, dass die Stadt sich drum kümmert nachher. Die Ruine steht nachher hier."
Keine schöne Vorstellung – auch nicht für den Nissenhütten-Experten Uwe Carstens. Er habe einerseits durchaus Verständnis für die Sorgen der Bewohner, betont er. Andererseits...
"...und jetzt spricht allerdings wieder der Wissenschaftler in mir, der sagt: Die Nissenhütte steht quasi als Symbol für die Flüchtlingsperiode. Und es wäre so jammerschade, wenn wir die einzige in sich geschlossene Siedlung, Nissenhütten-Siedlung, nicht erhalten könnten – also, ich bin da sehr, sehr zwiespältig."
Für Johannes Siegfriedt dagegen ist der Fall klar. Er hat Widerspruch gegen den Bescheid der Denkmalbehörde eingelegt. Seine Erfolgschancen sind aber wohl eher gering, denn wirtschaftliche Belange des Eigentümers finden nach Angaben des Landesamtes für Denkmalschutz bei der Entscheidung "Baudenkmal oder nicht" keine Berücksichtigung. Johannes Siegfriedt hat sich auf einen Rechtsstreit eingestellt:
"Wir hoffen, dass das noch anders hinkommt, aber so wie das aussieht, müssen wir klagen. Und praktisch ist das Enteignung für uns."
12.000 Denkmale werden in Augenschein genommen
Der Weg zum Verwaltungsgericht – das soll künftig in Schleswig-Holstein nicht mehr die letzte, sondern ausdrücklich die einzige Möglichkeit für Eigentümer sein, eine Eintragung ihrer Immobilie in das Denkmalbuch zu verhindern. Unter anderem das sieht der Entwurf für ein neues Denkmalschutzgesetz vor, der im Land derzeit intensiv diskutiert wird. Dieser Entwurf soll das Denkmalschutzrecht vereinheitlichen.
Sie wolle weg von der bisher üblichen Unterscheidung zwischen "einfachem" und "besonderem", dem im Denkmalbuch eingetragenen Denkmal, erläutert die zuständige Kulturministerin Anke Spoorendonk:
"Wir haben in Schleswig-Holstein 9500 eingetragene Denkmale. Dann haben wir 4000 einfache Denkmale, die zur Eintragung in das sogenannte Denkmalbuch vorgesehen sind. Dann haben wir in Schleswig-Holstein weiterhin 12.000 einfache Denkmale, über die wir überhaupt nichts wissen. Die sind irgendwann mal aufgenommen worden, aber wir wissen nicht: Gibt es die noch, sind die abgerissen worden, sind die so umgebaut worden, dass sie gar kein Denkmal mehr sein können? Was ist mit diesen passiert? Das wissen wir nicht."

Anke Spoorendonk
Anke Spoorendonk, Schleswig-Holsteins Justiz- und Kulturministerin© dpa / picture alliance / Carsten Rehder
Um das zu ändern, wurden insgesamt sieben neue Mitarbeiter beim Landesamt für Denkmalpflege eingestellt – und die sind seit Anfang April im Land unterwegs. Ihre Aufgabe: Alle 16.000 einfachen Denkmale in Augenschein nehmen und entscheiden, ob sie ins Denkmalbuch eingetragen werden sollen oder nicht. Dabei gibt es keine Anhörung mehr, das bisher übliche Widerspruchsverfahren ist auch nicht mehr vorgesehen. Denkmalschutz "par ordre du mufti", Behördenwillkür, bürgerfeindlich – die Opposition im Landtag, Wirtschaftsverbände und Vertreter der Haus- und Grundeigentümer halten nicht allzu viel von den geplanten Neuregelungen.
Denkmalschutz funktioniert nicht ohne die Eigentümer, betont Alexander Blazek vom schleswig-holsteinischen Landesverband Haus & Grund:
"Das heißt, der Eigentümer muss von der Denkmaleigenschaft seiner Immobilie überzeugt sein. Er muss ja mit seinen Erträgen, die er vielleicht aus der Immobilie erzielt, weil die vermietet ist, für den Erhalt des Denkmals sorgen. Und wir haben hier bei dem neuen Gesetz das Problem, wenn jetzt ein Gebäude neu unter Denkmalschutz gestellt wird, wird der Eigentümer nicht mehr wie bisher vernünftig beraten und vom Denkmalwert seiner Immobilie überzeugt."
Wie soll das denn auch funktionieren, fragt sich Alexander Blazek bei insgesamt 16.000 Objekten im Land, die in den nächsten zwei Jahren begutachtet werden sollen. Denkmalschutz im Vorbeifahren, keine sehr überzeugende Vorstellung:
"Ein Denkmalpfleger fährt mit dem Auto vorbei, macht ein Foto und schickt dann irgendwann dem Eigentümer ein Schreiben und sagt: Herzlichen Glückwunsch, du hast ein Denkmal! Dann kommt eine Erläuterung, die ja meistens im Amtsdeutsch geschrieben ist. Dann versteht der Eigentümer das nicht, der ist damit völlig überfordert, der weiß nicht, was er machen soll. Und er kann eben nicht mehr Widerspruch erheben, er kann nicht mehr sich anhören lassen vor dem Denkmalrat – und das ist natürlich etwas, was wir nicht unter Dialogfreundlichkeit und Transparenz verstehen."
Dieser Kritik schließt sich Marcus Schween von der Industrie- und Handelskammer an. Denkmalschutz sei gerade für das produzierende Gewerbe häufig ein handfestes Problem, betont er:
"Wenn wir uns Industrie-Immobilien zum Beispiel anschauen, dann bedeutet die Unterschutzstellung unter Umständen eine Veränderungssperre. Das heißt: Sie können Ihre Fabrikationshalle nicht einfach mehr modifizieren, so wie Sie das vielleicht brauchen – was dann zum Beispiel zur Folge haben kann, dass moderne Maschinen, die in vielen Branchen einfach dazu neigen, immer größer zu werden, vielleicht gar nicht mehr gestellt werden können."
Das neue Verfahren zur Unterschutzstellung bedeute einen erheblichen Verlust an Planungs- und Rechtssicherheit für betroffene Unternehmen, kritisiert Marcus Schween.
Ein Vorwurf, den die zuständige Ministerin so nicht gelten lassen will. Auch wenn es künftig keine Anhörung und kein Widerspruchsverfahren mehr gebe, die Entscheidung "Denkmal oder nicht" werde weiterhin nach den vom Gesetz klar definierten Vorgaben getroffen, betont sie:
"Und dann wollen wir die Eigentümer benachrichtigen, wir wollen sie mitnehmen, wir wollen erklären, worum es geht – und sie haben immer noch die Rechte, dann auch dagegen zu klagen. Sie können sagen: Ich gehe damit vor Gericht, ich will das jetzt geklärt haben, ob mein Haus wirklich ein Denkmal ist. Das ist nicht an Zeitfristen gebunden und von daher ist die Frage der Rechtssicherheit nicht anders bei dem neuen Gesetz als das, was man jetzt hat."
So richtig überzeugend findet Hans-Otto Schröder das nicht. Der Landwirt bewirtschaftet einen Hof in Grevenkop, mitten in den Elbmarschen knapp 50 Kilometer nordwestlich von Hamburg. Das Hauptgebäude liegt direkt an einer vielbefahrenen Landstraße. Es ist als einfaches Kulturdenkmal registriert, schon seit Jahren:
"Es ist ein Haus, das um die Jahrhundertwende, also eben vor 1900 erbaut worden ist. Es ist ein sogenanntes Fachhallenhaus, es ist 40 Meter lang und 18 Meter breit, und es ist voll mit Reet eingedeckt. Das Haus wird heute im Grunde genommen nur noch als Wohngebäude genutzt."
Rund 130 Quadratmeter bewohnt die Familie Schröder derzeit, der Rest des Hauses ist ungenutzt. Hans-Otto Schröder befürchtet jetzt, dass irgendwann Mitarbeiter des Landesamtes für Denkmalschutz seinen Hof begutachten – wahrscheinlich sogar, ohne dass er es mitbekommt – und anschließend der Bescheid ins Haus flattert, dass der Hof ins Denkmalbuch aufgenommen werden soll:
"Wir würden im Grunde genommen dem Denkmalschutz ausgeliefert sein, wenn ich das mal so grob sagen kann. Wenn wir mal Veränderungen vornehmen sollten – angenommen es sollte mal umgebaut werden, dass man hier, um die Kosten einigermaßen reinzubringen, Wohnungen rein baut und diese vermietet. Also ich weiß nicht wie... ich kann's mir nicht vorstellen, wie das in Zukunft laufen soll."
Platz genug für Umbauten gäbe es ja. Auf der Rückseite des Hauses befindet sich das große Scheunentor, dahinter geht es über knarrende Holztreppen hoch auf den Dachboden. Alles ursprünglich mal landwirtschaftlich genutzt, erläutert Hans-Otto Schröder:
"Ja, mittig ist die Diele und links von der Diele war der Kuhstall und auf der anderen Seite war der Pferdestall. Wir stehen jetzt hier oben auf dem Boden dieses Hauses – früher wurde dieser Boden landwirtschaftlich genutzt, er war bis unters Dach voll mit Heu oder Stroh, er wurde zwischenzeitlich mal genutzt als Getreidelager, aber das wird heute auch nicht mehr benötigt und insofern ist das für uns absolut toter Raum, der nicht mehr genutzt wird."
Und das wird möglicherweise auch so bleiben, denn einen Umbau – zum Beispiel zu Mietwohnungen – hält Hans-Otto Schröder unter strengen Denkmalschutzauflagen für kaum finanzierbar. Dabei spielt übrigens auch ein Steuerproblem eine gewisse Rolle:
"Es wird ja heute immer von steuerlichen Vorteilen gesprochen, wo der Denkmalschutz immer von spricht. Diese steuerlichen Vorteile genießen wir aber nur, wenn dieses Haus auch weiterhin landwirtschaftlich genutzt wird. Ich kenne ein Beispiel in Kiel mit einem Wasserturm, wo Wohnungen reingebaut werden sollen, und denen haben sie dann gesagt: Ja, die steuerlichen Vorteile bekommen Sie schon, aber dann muss dieses Gebäude auch als Wasserturm weiter genutzt werden."
Bauern befürchten Stillstand auf den Höfen
In der Küche der Familie Schröder in Grevenkop haben sich in der Zwischenzeit einige Nachbarn eingefunden. In der Region macht sich eigentlich jeder so seine Gedanken über den Denkmalschutz. Auch Landwirt Eike Ehlers. Sein Hof liegt etwa 300 Meter Luftlinie entfernt. Die Gegend könnte sich in so etwas wie ein großes Freilichtmuseum verwandeln, befürchtet er:
"Wir leben ja hier in den Elbmarschen und die sind eigentlich übersät mit ... ja, nach Denkmalschutzansicht schützenswerten Gebäuden, sprich diese Fachhallenhäuser, um die das ja geht. Und wenn jedes Fachhallenhaus mit einem 500 Meter Umgebungsschutz belegt wird, dann ist eine Region, wo die Höfe im Schnitt 200 Meter auseinander sind, zu. Da passiert nichts mehr."
Und mit "nichts" meint Eike Ehlers: Kein Wandel, keine wirtschaftliche Entwicklung, Stillstand auf den Höfen.
"Da sind dann eben die Befürchtungen, dass Bauvorhaben – zum Beispiel ein Getreidesilo, Boxenlaufstall – dass so was dann einfach ... dass es einfach Flächen gibt in einer sehr stark agrargeprägten Region, wo man nichts mehr machen kann."
In der Nachbargemeinde Neuenbrook wird das Problem bereits akut. Wir sind ja stolz auf die vielen alten Höfe bei uns, betont die stellvertretende Bürgermeisterin Susanne Pagel – aber durch Denkmalschutzauflagen geraten jetzt schon zum Beispiel Pläne für den Ausbau eines Bürgerwindparks in Gefahr:
"Wir haben von der Landesregierung eine Windeignungsfläche ausgewiesen bekommen, die von der Denkmalschutzbehörde beschränkt werden soll, wenn nicht gar ganz verhindert werden soll, weil die Denkmalschutzbehörde die Sichtachsen auf die alten Gebäude erhalten möchte. Für unsere Landwirte bedeutet es, wahrscheinlich keine weiteren Windmühlen bauen zu können – das heißt aber auch für die Gemeinde: Keine weiteren Gewerbesteuereinnahmen."
Und es bedeutet vor allem auch für jeden einzelnen Betroffenen erhebliche finanzielle Mehrbelastungen. Nicht nur für die Landwirte, sondern auch für die Eigentümer alter Resthöfe, die schon in den vergangenen Jahren viel Geld in den Erhalt der Gebäude gesteckt haben, häufig finanziert über Kredite:
"Die Versicherungsbeiträge für die denkmalgeschützten Häuser erhöhen sich, es gibt nur spezielle Versicherungen, die da noch einen Versicherungsschutz übernehmen. Die Banken geben bei den Landwirten vielleicht mal gerade noch Geld auf die Ländereien, die vorhanden sind. Bei den Resthofbesitzern, die haben keine Ländereien, die bekommen also auch keine Gelder der Banken, um ihren Resthof so zu erhalten, wie sie es bisher getan haben. Das heißt: Wir in unserer Gemeinde befürchten, dass in Zukunft viele Häuser leer stehen werden, verfallen werden. Wir befürchten ein Ausbluten der Gemeinde."
Am meisten ärgert sich Landwirt Hans-Otto Schröder darüber, wie einzelne Mitarbeiter der Denkmalschutzbehörde immer wieder mal mit den Eigentümern der potenziellen Denkmäler umgehen. So ein bisschen herablassend fühlt er sich häufig behandelt, man nimmt uns nicht ernst, meint er. Transparenz und Bürgernähe sei das jedenfalls nicht:
"Ja man fühlt sich, dieses Wort ist ja auch schon oft gefallen, Enteignung, in diesem Zusammenhang, so fühlen wir uns auch wirklich. Und wir fühlen uns hier auch ein bisschen bevormundet, und wir werden vom Denkmalschutz ein wenig vorgeführt auch mit den Aussagen, dass wir nicht in der Lage wären zu begreifen, was überhaupt ein Denkmal ist. Aber ich glaube, wir begreifen es sehr wohl und wir wissen auch hier mit diesen Häusern umzugehen."
Die Diskussion über das neue Denkmalschutzgesetz in Schleswig-Holstein hat gerade erst so richtig Fahrt aufgenommen. Der Landtag hat sich mit dem Entwurf der Kulturministerin Spoorendonk in erster Lesung befasst, es liegen Stellungnahmen der Industrie- und Handelskammer, des Bauernverbandes und des Grund- und Hauseigentümerverbandes vor. Und die bieten jede Menge Stoff weitere Diskussionen. Geplant ist, das neue Gesetz im Herbst dieses Jahres zu verabschieden.
Mehr zum Thema