Bücher

Eine ehrwürdige Geschichte

Von Uschi Götz · 05.03.2014
Kriegswirren, Wirtschaftskrisen und neuen Konkurrenten zum Trotz: Das Antiquariat Müller & Gräff behauptet sich als Anlaufstelle für Buchliebhaber in Stuttgart - und das seit mehr als 200 Jahren.
Gunnar Gräff sucht auf seinem Schreibtisch nach einem kleinen Stück Papier, einem Billet, wie er sagt. Und er wird fündig:
"Da bin ich glücklich, dass ich den noch habe: Zur Lesebibliothek von Müller und Gräff in Karlsruhe."
Der Zettel ist alt, über 200 Jahre alt. Gunnar Gräff hat den Zettel vor nicht allzu langer Zeit von einem Kollegen bekommen. Das Stückchen Papier ist beinahe das einzige Zeugnis aus der Blütezeit seiner Vorfahren. Es stammt aus einer Zeit, als sich die meisten Leute noch keine eigenen Bücher leisten konnten und sich deshalb Bücher ausliehen. Das Buch war ein kostbares Gut, das es zu schützen galt.
"Jedes Buch bekam also diesen Zettel, auf dem stand: Warnung! Diejenigen Leser, welche sich bisher die Freiheit genommen hatten in Büchern Stellen zu unterstreichen, Anmerkungen beizusetzen oder gar Blätter zu verlieren, werden hiermit erinnert, dass jedes dergleichen bisher noch unbeschädigte Buch zurückgewiesen und mit dem Ladenpreis bezahlt werden müsse."
Wer einst in einem sogenannten Leihbuch Fettflecken hinterließ, musste zahlen und zwar je nach Fleckgröße. Eine kleine Fettfleck-Geschichte aus Ur-Ur-Ur-Ur-Großvaters Zeiten, für Gräff hat sie dennoch einen großen Wert.
"Aus der Zeit der Leihbücherei ist praktisch nichts überliefert; ich weiß nur, dass es sie gab und die gab es auch sehr lange. Die gab es fast zehn Jahre lang, das ist auch noch bekannt."
Überliefert ist, dass die Gründer, der Buchbindermeister Philipp Friedrich Müller und sein Schwager Gerhard Gräff, 1802 im badischen Karlsruhe eine Buchbinderei mit Leihbibliothek eröffneten. Der Laden lief gut und schon ein Jahr später machte "Müller und Gräff" zusätzliche eine Buchhandlung auf. Karlsruhe erlebte in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts einen regelrechten Aufschwung.
Buchzentrum Stuttgart
Doch dann brachte die 1848er-Revolution auch Umbrüche auf dem Büchermarkt mit sich. Die Geschäfte liefen nicht mehr so gut. Die Nachfahren der Firmengründer hatten es weitaus schwerer. Jede Generation hatte einen Krieg zu bestehen. Während des Ersten Weltkriegs kamen Soldaten in den Laden und beschlagnahmten Landkarten.
Anfang 1928 zählte Karlsruhe zu den Städten mit den meisten Arbeitslosen in ganz Baden. Gunnar Gräffs‘ Großvater, Armin Gräff, hatte mittlerweile die Geschäfte übernommen und durch ein Antiquariat ergänzt. Schon damals zeichnete sich der künftige Schwerpunkt des Geschäfts ab: die badische und württembergische Landeskunde. Mit viel Weitsicht entschloss sich der damals junge Buchhändler Armin Gräff zu einem Umzug nach Stuttgart. Einen Teil ließ er in Karlsruhe zurück.
"Das war die Zeit damals, nach der Weimarer Republik, da ist alles in die aufstrebende Landeshauptstadt Stuttgart, hat es alle dorthin gezogen. Mein Großvater hat natürlich schon gesehen, dass, wenn er die Zukunft langfristig sicher will, dann muss er nach Stuttgart gehen."
Im Vergleich zu anderen Großstädten ging es den Stuttgartern auch während der großen Weltwirtschaftskrise in den Jahren 1931 und 1932 relativ gut. Damals war Stuttgart Zentrum des deutschen Verlags- und Druckereigewerbes. Nach Leipzig und Berlin hatte die württembergische Landeshauptstadt die meisten Verlage in Deutschland. Das bisweilen so bieder anmutende Stuttgart war ein Buchzentrum:
"Es gab zu der Zeit allein hier in der Calwer Straße drei oder vier Antiquariate. Wenn man sich vorstellt, heute sind wir in der Innenstadt das einzig verbliebene Antiquariat."
Gunnar Gräff hat seinen Großvater Armin nie kennengelernt. Armin Gräff galt als ein feingeistiger Mensch. Seine Lehrjahre hatte er bei der Hinrichs'sche Buchhandlung in Leipzig absolviert. Die Leipziger hatten ihm ins Gehilfenzeugnis geschrieben, er sei ehrenwert, tüchtig und ein brauchbarer Buchhändler. Doch Armin Gräffs‘ Welt waren nicht nur die Bücher. Vielmehr richtete sich sein Blick auf die Kunst.
Treffpunkt für die Bildungsbürger
"Er war sehr kunstgeschichtlich interessiert und hatte eigentlich vielmehr Interesse unten am Runden Tisch mit seinen Kunden sich zu unterhalten und die kamen auch in Scharen. Das war auch die Zeit, als hier die Firma ein Treffpunkt war für das Stuttgarter Bildungsbürgertum, und die kamen her und haben sich stundenlang mit meinem Großvater unterhalten."
Dort saß man in der Calwer Straße in einem früheren Wirtshaus an einem großen runden Tisch auf alten Lehnstühlen.
Armin Gräff war Anhänger der von Rudolf Steiner begründeten anthroposophischen Lehre. Das wurde ihm allerdings gleich zu Beginn des Zweiten Weltkriegs zum Verhängnis. Mehr noch als im Ersten Weltkrieg unterlag die Buchhandelsgeschichte während des Zweiten Weltkrieges dem politischen Zwang. Die braunen Machthaber verlangten eine Säuberung der Buchbestände. 1941 tauchte die Gestapo im Stuttgarter Laden auf und beschlagnahmte vor allem Bücher der anthroposophischen Bewegung. Eine große, sozialistische Bibliothek blieb den Nazis allerdings verborgen:
"Da waren auch Schriften von Stalin darunter, die hat er erfolgreich versteckt. Er hat es damals so begründet, dass er diese Schriften der Nachwelt erhalten will, und die wurden ja dann auch nach dem Krieg vollständig vom Markt aufgenommen."
Im Sommer 1944 wurde Stuttgart Ziel von amerikanischen und englischen Bombenangriffen. Große Teile der historischen Innenstadt lagen danach in Schutt und Asche. Auch die Häuser von Armin Gräff in Karlsruhe wurden während des Zweiten Weltkriegs zerbombt. Bei einem Angriff verbrannte das gesamte Firmenarchiv, das sich damals noch in Karlsruhe befand.
Die Welt im Buch
Faszination Buch© AP
In Stuttgart überstand das Ladengeschäft von Müller und Gräff die Bombenangriffe wie durch ein Wunder unbeschadet. Die Geschäftsräume musste man sich allerdings in den Jahren mit einem ausgebombten Bekleidungsgeschäft und später mit einem Schuhgeschäft teilen.
Der Krieg war zu Ende, Essen und Kleidung waren nun wichtiger als Bücher. Doch bald schon verlangten die Menschen auch wieder nach geistiger Nahrung. Einige Monate nach Kriegsende schrieb die Stuttgarter Zeitung, das Buchangebot sei gemessen am Lese- und Informationsbedürfnis oft zu gering. "Aus materieller Not erwuchs geistige Neugier", konstatierte später der Sozialwissenschaftler Willi Boelcke. Man erwartete Trost und Hoffnung jenseits der unmittelbar erfahrenen düsteren Realität. Doch in den ersten Jahren nach dem Krieg gab es fast kein Papier mehr. Bücher wurden unter dem Ladentisch gehandelt wie Schweinespeck und Zigaretten.
Fieberhaft suchten in dieser Zeit Antiquare nach Büchern. Armin Gräff kam zu Ohren, dass es in Berlin noch größere Bücherbestände geben soll. Er schickte seinen Sohn Berthold und einen Angestellten mit Bargeld an die Spree.
"Ich weiß durch Erzählungen meines Vaters, dass er, als er von (der) Kriegsgefangenschaft heimkam, trat er auch sehr schnell in die Firma hier ein und dann war es eine seiner ersten Aufgaben, die Beschaffung von Büchern. Da wurde er von seinem Vater nach Berlin geschickt, um dort Bücher einzukaufen. Ich nehme einmal an, er hatte schon verschiedene Adressen im Gepäck, an Privatkunden, die er dann aufgesucht hat und denen er versucht hat Bücher abzuschwatzen ... Das wurde damals tatsächlich so gemacht. Viele brauchten ja dann auch Geld und haben sich dann von ihren Büchern getrennt. Das war für die Antiquare eine schwierige Zeit überhaupt an Bücher heranzukommen."
Die fetten Jahre
Stuttgart und seine Region veränderten nach dem Zweiten Weltkrieg ihr Gesicht. Und den Menschen im Südwesten ging es zunehmend besser. Trotz des Aufschwungs im Industriebereich blieb Stuttgart aber weiter eine Stadt des Buches. 150 Verlage gab es in den Jahren nach dem Krieg und sorgte gerade bei den Buchhändlern für fette Jahre.
Noch hatte Müller und Gräff auch neue Bücher im Angebot. Das sollte sich bald schon ändern. Das Antiquariat von Müller und Gräff wurde in den Jahren nach dem Krieg zur ersten Adresse für Kunsthistoriker, Pfarrer, Archivare und Bibliothekare aus der ganzen Region. Viele namhafte Größen kamen regelmäßig in den Laden, standen selbst auf den Leitern, die im Ladengeschäft in der Calwer Straße bis heute unter die alte Holzdecke reichen, und saßen anschließend schweigend an einem alten, runden Tisch, an dem auch heute noch Leser anzutreffen sind.
Viele Bibliotheken mussten damals ihre ausgebombten oder verbrannten Bestände neu bestücken.
"Dazu kamen die großen Universitäten im Ausland, speziell auch in den USA, die Geld hatten, die viel Geld nach Europa gepumpt haben und im großen Stil eingekauft haben. Also da konnte man dann doch sehr schnell wieder Fuß fassen."
Konkurrenz durch Internethandel
Doch die Herausforderungen für die Antiquare wuchsen mit den folgenden Jahren. Der Internethandel wurde eingeläutet. Kurz vor der Jahrtausendwende übernahm Gunnar Gräff die Geschäftsleitung von seinem Vater. Bis auf einen landeskundlichen Teil war Müller und Gräff mittlerweile zu einem reinen Antiquariat geworden. Gunnar Gräff erinnert sich an die Anfänge des Internethandels, als viele seiner Kollegen noch dachten, das Goldene Zeitalter stünde nun vor der Tür:
"Also alle waren ganz euphorisch, nur wenige haben damals tatsächlich den Weitblick gehabt zu sehen, wo das sich hin entwickelt."
In den ersten drei, vier Jahren bescherte der Internethandel den Antiquaren noch einen satten Zuwachs. Doch der Einbruch folgte bald:
"Dann war es so, dass immer mehr einstiegen in das Buchgeschäft und sehr viele sogenannte Antiquare dann plötzlich dazu kamen, seien es die Lehrer, die ihre Bücher dann selber veräußert haben oder jemand hat die Bibliothek seines Vaters geerbt usw. und geht jetzt halt nicht mehr zum Antiquar, sondern stellt die selber ins Netz. Dadurch ist einfach eine Vielzahl an Konkurrenz hinzugekommen."
Auch bei Müller und Gräff lässt sich virtuell in den Beständen stöbern. Doch weitaus eindrucksvoller ist der Besuch des Ladengeschäfts in der Stuttgarter Calwer Straße.
Ladeneinrichtung unter Denkmalschutz
Nicht jeder, der das Stuttgarter Antiquariat Müller und Gräff betritt, sucht ein Buch. Viele kommen in den Laden herein, um ein wenig Luft aus einer anderen Zeit zu schnuppern. Im Laden von Müller und Gräff ist die Zeit stehen geblieben. Auf angenehme Art. Jahrhundertealte Bücher stehen in dunklen Regalen, die bis hoch an eine Holzdecke reichen. In der Mitte steht ein Tisch, hinter der Ladentheke findet sich sogar noch eine brauchbare Schreibmaschine. Die Ladeneinrichtung ist denkmalgeschützt.
"Die Ladeneinrichtung ist etwa 1870 entstanden, ist aber noch nicht so lange im Besitz. Wir haben mal eine ehemalige Hof-Buchhandlung übernommen und die hatte diese alte Ladeneinrichtung mit dem alten Bücherschrank, der vermutlich ursprünglich aus königlichem Besetz stammt …"
Das Antiquariat ist spezialisiert auf baden-württembergische Landeskunde, entsprechende Werke finden sich in alten Schränken, durch Glastüren geschützt. Jedem Interessierten wird auf Wunsch sogleich eine Tür geöffnet.
Gunnar Gräff nimmt ein Buch mit einem Ledereinband aus dem Schrank heraus. Es ist ein Schweinsledereinband. Der Titel des Buches: "Landsordnung und Recht".
"Es ist, ich schlage es jetzt mal auf, ein Buch von 1585 - des Fürstentum Württembergs, Gemeinlandrecht. Es ist die zweite Auflage des zweiten Württembergischen Landrechts, das erstmals 1567 erschienen ist."
Bücher mit Geschichten
Viele Vorschriften finden sich darin, aber weitaus spannender ist ein Brieflein, das beim Durchblättern herausfällt und das Antiquar Gunnar Gräff wohl gerade auch zum ersten Mal entdeckt.
"Das ist ja ein Brief hier… der offensichtlich hier gesigelt war. Und da vorne steht die Adresse drauf: Herrn Baron von Münch in Augsburg. Das ist mit der alten deutschen Handschrift, der ganze Brief ist schwer zu lesen, da muss man sich schon wirklich reinlesen."
Gunnar Gräff überfliegt ein paar Zeilen, und meint dann lächelnd:
"Das ist das spannende an diesen alten Büchern, dass da auch immer wieder Dinge drin liegen, sei es von den Familien, familienhistorische Dinge, oft gehen die Bücher auch von Generation zu Generation, werden weitergegeben."
Ob der Brief bei einem möglichen Verkauf mit an den neuen Besitzer geht, lässt Gunnar Gräff offen. 1585 …
"Das stammt also auch aus Privatbesitz. Das ist eines der Bücher, die uns in den Laden gebracht werden. Das ist eine Quelle. Dadurch, dass wir den Laden in Stuttgart haben, wird uns natürlich auch viel zugetragen."
Liegt es an dem besonderen Laden und seiner Geschichte? Oder sind Büchersammler und Liebhaber aus einem anderen Holz geschnitzt. Jedenfalls kommt es häufiger vor, dass Müller und Gräff Bücher zugetragen, also geschenkt werden.
Gebrauchte Bücher werden oft für ein paar Cent verramscht.
Gebrauchte Bücher werden oft für ein paar Cent verramscht.© picture alliance / dpa / Soeren Stache
Anders auf der alljährliche Verkaufsmesse. Seit den 1960er-Jahren treffen sich ein mal im Jahr die namhaftesten Händler auf der Stuttgarter Antiquariatsmesse. Die diesjährige Messe stand im Zeichen des schwäbischen Pfarrers und Lyrikers Eduard Mörike. Natürlich hatte auch Müller und Gräff eine kleine Kostbarkeit zu bieten. Allerdings nicht lange.
"Wir hatten zum Anfang der Messe etwas ganz besonderes, nämlich die Erstausgabe des Stuttgarter Hutzelmännleins, gehört mit zu den seltensten Veröffentlichungen von Eduard Mörike, wurde aber gleich verkauft in den ersten Minuten der Messe schon."
Es ist ein stilles Geschäft, eine besondere Art der Konzentration, wenn ein lange gesuchtes Buch plötzlich in den eigenen Händen liegt. Noch gibt es die Buchliebhaber. Wohin sich das Antiquariatsgeschäft entwickelt, vermag Gunnar Gräff allerdings heute nicht zu sagen.
"Im Moment ist es wohl so, dass man entweder Bücher unter fünf Euro oder über 5000 Euro gut verkaufen kann. Also entweder man betreibt ein Geschäft mit Massenware und macht das dann auch entsprechend oder man betreibt das Antiquariatsgeschäft mit wirklich sehr seltener Sammlerware. Die Ware wird immer gefragt sein, da wird es immer Käufer geben, allein schon aus Gründen der Seltenheit, allein schon aus Gründen dessen, dass die Ware immer knapper wird im Laufe der Zeit. Aber so, wie wir es gewohnt sind, mit Ware im mittleren Preissegment, mit guter wissenschaftlicher Literatur, das wird auch in den nächsten Jahren immer schwieriger werden."
Besuch vom Fernsehkoch
Im Stuttgarter Ladengeschäft sind bis heute Kunden zu treffen, die man zunächst nicht unbedingt in einem Antiquariat vermutet. So schaut Fernsehkoch Vincent Klink gelegentlich vorbei und er könnte in einer Sammlung fündig werden, die in dieser Art als einzigartig gilt. Vor zwei Jahren kaufte Gunnar Gräff eine 1200 Bände umfassende Kochbuchsammlung. Starkoch Klink soll sich aber weniger für die Kochbücher interessieren.
"Es gibt zwar viele Leute, die kochen, im Moment immer mehr, wie man hört, aber es gibt nur sehr wenige, die tatsächlich Kochbücher sammeln. Auch unter den Köchen gibt es nicht sehr viele Büchersammler."
Möglicherweise liegt bei Müller und Gräff zurzeit das älteste Kochbuch der Welt. Der Antiquar holt das Buch aus einem Schrank und legt es vorsichtig auf den Tisch.
"Das älteste Stück aus der Kochbuchsammlung nennt sich 'Schachtafeln der Gesundheit'."
Das Buch stammt aus dem Jahr 1533 und ist eigentlich kein klassisches Kochbuch, vielmehr ein Gesundheitsbuch. In alter deutscher Frakturschrift und auf handgeschöpftem Papier finden sich vielmehr Tipps, welche Gewürze Bauchschmerzen lindern und was bei sonstigen Leiden helfen könnte. Das jahrhundertealte Buch sieht erstaunlich gut aus.
"Das wurde neu aufgebunden, das war sicher einmal sehr beschädigt. Dann hat man eine alte Notenhandschrift genommen und diese Notenhandschrift praktisch als Einbandbezug verwendet. Die Notenhandschrift könnte auch etwa aus den Anfängen des 16. Jahrhunderts stammen."
Das Buch selbst allerdings geht auf das Jahr 1000 nach Christus zurück und wurde ursprünglich von einem arabischen Arzt geschrieben. Erstmals in vorliegender Form wurde es in deutscher Sprache wohl im 16. Jahrhundert veröffentlich. So viel Geschichte hat ihren Preis.
Die Bücher werden immer billiger
Es ist das teuerste Buch im zurzeit rund 40.000 Bücher zählenden Bestand von Müller und Gräff in Stuttgart. Und es werden immer mehr Bücher.
Die Preise sind ganz stark gefallen in den letzten zehn Jahren. Das hängt sehr mit dem Internet zusammen. Der Markt ist sehr transparent geworden. Bücher, die früher noch einigermaßen selten waren, sind heute per Knopfdruck weltweit massenhaft verfügbar. Und da setzte dann eine Deflationsspirale ein, die Bücher wurden immer billiger. Jeder, der das Buch neu reingesetzt hat, wollte der billigste Anbieter sein. Und so hat unser Warenbestand hat noch ein Zehntel des Wertes wie noch vor 20 Jahren."
Dutzende Bücherkisten stehen noch in den Gängen. Jüngst hat Gräff die Bibliothek eines verstorbenen Historikers aus dem Remstal aufgekauft. Zweieinhalb Tonnen Bücher.
"Man schaut es sich an vor Ort. Der erste Eindruck ist wichtig. Ist sehr viel Brauchbares darunter? Der Anteil an verkäuflichen Büchern wird immer kleiner. Wenn das Mischungsverhältnis stimmt: Wenn mehr als 50 Prozent Brauchbares darunter ist und der kleinere Teil nicht verwendbar ist, dann übernehmen wir auch ganze Bibliotheken. Aber am liebsten nehmen wir nur das mit, was uns interessiert, aber das geht leider nicht immer."
Ein paar Bücher wandern dann in die sogenannte Ein-Euro-Ecke bei Müller und Gräff. In den Regalen finden sich gebundene Bücher, die eben nur einen Euro kosten. Mit dem Angebot will der 50-jährige Antiquar mit der langen Vorgeschichte auch junge Kundschaft anlocken.
"Studenten, auch mal Schüler, über die ich mich dann besonders freue. Sie sind zwar noch sehr sehr in der Minderheit, aber es gibt sie!"