Brückenlockdown und andere Politikerworte

Begriffe zum Verschleiern der Wahrheit

08:20 Minuten
Der Vorsitzende der nordrhein-westfälischen CDU, Armin Laschet, 2015 auf einer Terrasse des Landtagsgebäudes in Düsseldorf.
Armin Laschet (CDU) vor dem Rheinbrücken-Panorama (2015): Ob dieser Blick vom Landtagsgebäude in Düsseldorf Inspirationsquelle für den Begriff Brückenlockdown war? © dpa / Rolf Vennenbernd
Annette Klosa-Kückelhaus im Gespräch mit Eckhard Roelcke · 06.04.2021
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Nach dem "abgespeckten" Lockdown und dem Lockdown "light" gibt es nun den "Brückenlockdown". Die von der Politik geprägten Wörter werden nicht ohne Hintergedanken genutzt: Sie dienen dazu, etwas zu verbergen oder abzumildern. Geht die Rechnung auf?
Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und CDU-Vorsitzende Armin Laschet schlägt einen harten, dafür aber kurzen Lockdown vor. So soll die Zeit überbrückt werden, bis genügend Menschen geimpft sind.
Der Begriff Brückenlockdown ist in der Welt. Eines von vielen Wörtern, die die Politik in der Pandemie prägt. Nicht alle werden eine lange Lebensdauer haben.

Ein klasse Aufmerksamkeitsgenerator

"Ich glaube, das ist ein Kurzzeit-Wort", sagt Annette Klosa-Kückelhaus vom Leibniz-Institut für Deutsche Sprache über den Brückenlockdown. Denn es sei unklar, ob der Vorschlag von Laschet überhaupt umgesetzt wird. "Wörter haben immer eine bessere Chance, weiter zu überleben, wenn das, was sie bezeichnen, auch weiter in der Welt bleibt".
Auf jeden Fall hat das Wort Aufmerksamkeit generiert, sagt die Linguistin: "Das ist ein griffiger Begriff, weil man überlegt hat: Was heißt das denn eigentlich?" Auch sei die Zusammensetzung von dem zeitlichen Lockdown und der einen Raum überspannenden Brücke gut gewählt: "Das Wort ist klasse gebildet, kann ich als Sprachwissenschaftlerin sagen."
Denn ähnlich wie der Lockdown light dient auch der Brückenlockdown dazu, die harte Wahrheit zu verbergen: "Das ist ein gutes Beispiel, wo ein Begriff gewählt wird, der eigentlich verschleiert, was damit an Unangenehmen verbunden ist", sagt Klosa-Kückelhaus.

Krisen prägen den Wortschatz

Krisen oder gesellschaftliche Umwälzungen haben sich schon immer in den Wortschatz eingegraben, sagt die Sprachforscherin, die eine Liste mit Corona-Wörtern erstellt hat: "Denken Sie an Wörter, die in der Wendezeit rund um die deutsche Wiedervereinigung entstanden sind. Die Finanzkrise hat ihre Spuren hinterlassen, die Anschläge auf das World Trade Center haben sprachliche Spuren hinterlassen."
In der historischen Rückschau auf die Jahre 2020 und 2021 werden dann bestimmte Wörter auch immer wieder verwendet werden, meint Klosa-Kückelhaus: "Lockdown wird sicherlich darunter sein. Ob der Brückenlockdown dabei ist, das glaube ich persönlich nicht."
(beb)
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