Britta Teckentrup: "Das Ei"

Am Anfang war das Ei

Freilandhühner am Niederrhein und Bildcover "Das Ei" von Britta Teckentru p (Buchkritik)
Im Buch von Britta Teckentrup dreht sich alles ums Ei © Prestel Verlag & picture alliance / dpa / Roland Weihrauch
Von Eva Hepper · 11.04.2017
Das Ei ist gerade rund um die Osterzeit überall präsent. Doch woraus bestehen Eier überhaupt? Und was passiert in so einem Ei? Und wer legt eigentlich Eier - außer Singvögel, Hühner und Enten? Britta Teckentrup gibt Antwort.
Obwohl sie einen besonderen Zauber verströmt, könnte die Illustration aus einem Geometriebuch stammen: Auf einem mattgrünen Hintergrund schweben gleichsam fünf kreisähnliche Formen. Eine ist weiß und winzig klein wie ein Vogelschiss, eine andere beige und handtellergroß.
Die Größte, mondlichtfarben, erscheint nur im Anschnitt und das schwarze Oval in der Mitte hat den Umfang einer Pampelmuse. Die letzte Form gleicht in Umriss und Farbe einem (braunen) Hühnerei.

Eine runde Sache

Doch mit Geometrie haben diese Gebilde nichts zu tun. Es handelt sich tatsächlich nicht um Kreise, sondern um Eier in Originalgröße. Das des Huhns ist problemlos zu erkennen, die anderen aber sind nicht so leicht zuzuordnen. Wer weiß denn schon, dass das Ei des Kolibris klein wie ein Fleck ist (zehn Millimeter), oder wie das Gelege des Emus, des Strauß’ oder des Elefantenvogels aussieht?
Lehrreich und betörend schön ist diese Zeichnung der Eier im Größenvergleich. Sie ist ein typisches Werk von Britta Teckentrup, die sich mit zahlreichen, oftmals preisgekrönten Kinderbüchern einen Namen gemacht hat. Nach Veröffentlichungen zu Bienen und zum Wetter (2016 nominiert für den deutschen Kinder- und Jugendbuchpreis) hat sich die Illustratorin nun "Das Ei" vorgenommen.

Der Beginn allen Lebens

Zunächst nähert sich Teckentrup diesem "Wunder der Natur" wie eine der Oologie (Vogeleierkunde) verpflichtete Wissenschaftlerin. Sie schreibt über Formen, Farben, Beschaffenheit und Gewicht, über die perfekte Konstruktion, Zerbrechlichkeit und Widerstandsfähigkeit, über Einsprengsel, Flecken und Streifen.
Anschließend porträtiert die in London lebende unter anderem am "Royal College of Art" ausgebildete Künstlerin viele verschiedene Vogelarten mit ihren jeweils unterschiedlichen Gelegen und dem Variantenreichtum ihres Nestbaus.
Doch Eier legen auch Insekten, Reptilien, Fische und sogar Säuger. Auch ihnen widmet sich Britta Teckentrup, bevor sie im letzten Kapitel das Ei aus kulturwissenschaftlicher Sicht beleuchtet.

Wunder Ei

Das ist fesselnd zu lesen. Wenn die Autorin beispielsweise erläutert, dass die Eier der Felsennister selbstreinigende Schalen haben, sich ein rohes Ei in der Hand liegend kaum zerdrücken lässt, oder alle Küken einer Flamingo-Kolonie ungefähr zur gleichen Zeit schlüpfen, ist man vom Wunder Ei gefangen. Ebenso wie von der Tatsache, dass ein kaiserliches Fabergé-Ei für über 20 Millionen Euro gehandelt wird.
Dass die Begeisterung der Autorin schließlich vollends auf die Leser überspringt, verdankt sich den hinreißenden Illustrationen, die jeweils einer Seite Text gegenüberstehen.
Britta Teckentrup setzt auf zarte, poetische Bilder, und porträtiert ihre Protagonisten in naturalistischem Stil auf einfarbigen Hintergründen mit klarem Strich und pastellenen Tönen. Da sie verschiedene Drucktechniken anwendet, gleicht kein Bild dem anderen, und doch trägt jedes ihre Handschrift.
Egal ob sie Pinguine beim Brüten zeigt, Spechte im Nest oder Dutzende von farbigen Schmetterlingen auf hellem Grund: jedes ihrer Bilder ist ein kleines Kunstwerk. Beeindruckend!

Britta Teckentrup: "Das Ei"
Aus dem Englischen von Kathrin Köller
Prestel Verlag, München 2017
96 Seiten, 19,99 Euro
ab sechs Jahren