Bremer Bürgermeister fordert zinsfreie Kredite für verschuldete Gemeinden

Jens Böhrnsen im Gespräch mit Marcus Pindur · 22.12.2008
Der Bürgermeister von Bremen, Jens Böhrnsen, hat sich dafür ausgesprochen, verschuldete Gemeinden mit Hilfe von zinsfreien Krediten durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) stärker in das Konjunkturprogramm der Bundesregierung einzubinden. Der SPD-Politiker sagte, das Konjunkturprogramm dürfe nicht nur dort Wirkung entfalten, wo es finanziell besser gehe.
Marcus Pindur: Heute trifft sich Kanzleramtsminister de Maiziere mit Vertretern der Bundesländer, um mit ihnen über die Konjunkturkrise und die Gegenmaßnahmen zu reden (Das Treffen findet am Dienstag statt, Anm. d. Online-Red.). Bislang zeichnet sich ab, dass die Bundesregierung im Kampf gegen diese Krise auf niedrigere Sozialabgaben und auf Investitionen in die Infrastruktur setzt. Besonders bei der Infrastruktur kommen die Länder ins Spiel. – Wir sind jetzt verbunden mit Jens Böhrnsen, dem Bürgermeister von Bremen. Guten Morgen, Herr Böhrnsen.

Jens Böhrnsen: Schönen guten Morgen!

Pindur: Wenn der Schwerpunkt des zweiten Konjunkturpakets tatsächlich auf dem Ausbau der Infrastruktur liegen sollte, was tut denn da aus Ihrer Sicht, aus Sicht der Länder besonders Not?

Böhrnsen: Na ja, wichtig ist, dass wir schnell konjunkturelle Wirkungen erzielen, dass wir nachhaltige Wirkungen erzielen und dass die Kosten, die wir dafür ausgeben müssen, wirklich generationengerecht sind. Da sind wir dann bei Investitionen in die Infrastruktur in Städten und Gemeinden. Dort können wir sehr schnell Aufträge für das Handwerk und den Mittelstand generieren und wir können gleichzeitig den Sanierungsstau beheben, der in vielen Städten und Gemeinden Deutschlands etwa in den Schulgebäuden oder in den Kitas oder im Straßennetz besteht.

Pindur: Da ist in der Tat viel Nachholbedarf. Das Geld vom Bund für neue Straßen, für Krankenhausmodernisierung, für Schulsanierung, das wird zum Großteil aber nur vom Bund kommen. Das hat die Bundeskanzlerin schon angedeutet. Da wird auch eine Beteiligung der Länder gefordert werden. Jetzt stellt sich für Sie die Frage, wie will ein tief verschuldetes Bundesland wie Bremen denn eine Kofinanzierung auf die Beine stellen?

Böhrnsen: Es reicht jetzt nicht zu sagen, eigentlich sind wir nicht in der Lage, solche Kosten aufzubringen. In dieser Phase muss Verantwortung übernommen werden. Auch das verschuldete Land Bremen hat dies bereits beim Finanzmarktstabilisierungsgesetz getan. Wir wollen das bei einem weiteren Konjunkturprogramm tun. Aber man muss, glaube ich, weiter schauen. Man muss auf die vielen hoch verschuldeten Gemeinden in Deutschland sehen und man muss sie unterstützen, damit auch sie ihren Beitrag leisten können. Das heißt etwa, man muss über verbilligte und möglicherweise zinsfreie Kredite nachdenken, damit solche Gemeinden auch in der Lage sind, ihren Ko-Finanzierungsanteil zu leisten, denn es darf ja nicht sein, dass ein solches Konjunkturprogramm nicht nur in diesen Städten und Gemeinden wirkt, denen es finanziell besser geht. Wir müssen gerade die Gemeinden erreichen, die mit ihrem Budget allgemein nicht in der Lage sind, solche Sanierungsmaßnahmen etwa zu leisten.

Pindur: Sie werden also für diese Ko-Finanzierung billige Kredite beim Bundesfinanzminister anfordern?

Böhrnsen: Das wäre eine Überlegung, dass man etwa mit Hilfe der KfW einen Fonds aufmacht, woraus solche Gemeinden, die aus eigener Kraft nicht in der Lage sind, an einem solchen Konjunkturpaket sich zu beteiligen, Hilfe und Unterstützung erhalten können.

Pindur: Bei Bremen interessiert natürlich besonders auch, welche Rolle spielt der Bremer Hafen, der ja nun wirklich die Wirtschaft dieses kleinen Bundeslandes zum Großteil trägt. Was befürchten Sie wird denn in der Konjunkturkrise mit dem geschehen?

Böhrnsen: Unsere Häfen sind die Tore für den Exportweltmeister Deutschland und die Exportorientierung ist ja nun in dieser Krise auch ein Punkt, der uns Sorgen macht, denn wir sehen gerade in Bremerhaven, in unseren Häfen, dass etwa der Autoumschlag, der Im- und Export – über zwei Millionen Fahrzeuge sind im vergangenen Jahr über Bremerhaven umgeschlagen worden -, zurückgeht. Die Autokonjunktur lahmt. Diese Exportorientierung macht uns im Moment natürlich zu schaffen. Das darf uns aber nicht daran hindern, weiter auch etwa in die Hinterlandanbindung unserer Häfen auch im Rahmen eines Konjunkturprogramms zu investieren, denn in der Krise muss man sich so aufstellen, dass man nach der Krise die besten Voraussetzungen hat, um wieder den Blick nach vorne zu richten.

Pindur: Es gibt ja auch Dinge, die ohne viel Geld zu bewerkstelligen sind, etwa Bürokratieabbau, schnellere Genehmigungsverfahren. Ein Bundesland wie Berlin hat sich daran auch schon relativ erfolgreich versucht. Was tut Bremen da?

Böhrnsen: Wir müssen gerade im Zusammenhang mit dem Konjunkturpaket, dem weiteren, und der Schnelligkeit, mit der wir Wirkung erzielen müssen, dafür sorgen, dass wir etwa die Vergaberegeln verändern. Bislang müssen wir bei 200.000 Euro ausschreiben. Die Frage ist, ob man das nicht erhöht, damit man wirklich schneller ist, denn bürokratische Verfahren können wir uns im Moment angesichts der Dimension der Krise nicht erlauben. Das gilt natürlich auch für andere Bereiche. Man muss sehen, dass man Planungsverfahren beschleunigt. Es muss jetzt darum gehen, fertige Projekte, möglichst durchgeplante Projekte sofort an den Start zu bringen.

Pindur: Vielen Dank für das Gespräch!

Böhrnsen: Auf Wiederhören.

Pindur: Jens Böhrnsen, Bürgermeister von Bremen, zur Rolle der Länder bei einem zweiten Konjunkturpaket.