"Brecht war ein absoluter und unerreichter Theatermann!"

14.08.2006
Der Schauspieler Hilmar Thate (geb. 1931) hat unter Bertolt Brecht am Berliner Ensemble gearbeitet. Brechts Vision vom Theater habe ihn immer fasziniert und sei heute noch aktuell, sagte Thate im Deutschlandradio Kultur:
"Das geht mich heute noch sehr viel an. Brecht ist nicht einzuhistorisieren oder abzuschließen. Er war mein Übervater. Als ich ein junger Mensch war, strebte ich zum Berliner Ensemble und hab es dann auch geschafft. Die Denkweise Bertolt Brechts und seine Einstellung zum Theater und seine Art, Theater zu entwickeln, seine Vision, das war immer mein großes Ding."

Nach Thates Einschätzung war Brecht nicht so sehr der "Verfremdungstheoretiker", sondern vor allem ein Macher:

"Ein Träumer war er auch, aber in erster Linie war er ein Jahrhundert-Theater-Praktiker, der Spaß hatte an den Schauspielern, gelacht hat, gerne Witze gemacht hat und sich freute über jede lustige Sache, die passierte, und Einfälle befördert hat, wenn sie sich angedeutet hatten oder wenn sich ein Schauspieler nicht traute, hat er sie ermutigt. Ich hab's nur noch bei Fassbinder gesehen und bei George Tabori, sonst nicht."

Die Aufführung von "Mutter Courage" am Berliner Ensemble sei so etwas wie sein theatralisches Erweckungserlebnis gewesen, so Thate. Da habe es "gefunkt".

Den Vorwurf, Brecht habe sich den sozialistischen Machthabern instrumentalisieren lassen, ließ Thate nicht gelten. Brecht sei "nicht auf Linie" gewesen, seine Stücke seien den "sozialistischen Scholastikern" nicht sozialistisch genug gewesen, seine Aufführungen waren sehr umstritten.

Sie können das Gespräch mit Hilmar Thate für begrenzte Zeit in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören.
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