Sport in der Coronakrise

Und eins und zwei und drei!

34:11 Minuten
Ein Fußballfan hat all seine Pokale und Trikots vom SV Atlas Delmenhorst und vom VfL Osnabrueck im Fenster drapiert.
Mal wieder rausgehen und zusammen Fußball spielen - das kann noch dauern. © dpa / GES
Sportredakteur Thomas Wheeler im Gespräch mit Joachim Scholl · 17.04.2020
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Regelmäßige Bewegung für die Gesundheit? Von wegen. Das Coronavirus macht vielen Sportbegeisterten das Leben schwer: Fitnessstudios und Vereine bleiben vorerst geschlossen. Welche Alternativen haben wir, um uns sportlich fit zu halten?
Sportfreunde haben es derzeit nicht leicht. Trotz erster, vorsichtiger Lockerungen – die Fitnessstudios und Vereine bleiben dicht und Fußballfans müssen voraussichtlich bis zum 31. August auf Stadionbesuche oder das Mitfiebern vom Sofa aus verzichten.
Dabei ist Sport so etwas wie ein nationales Kulturgut: In Deutschland gibt es rund 90.000 Sportvereine, mit 24 Millionen Mitgliedern – beinahe jeder dritte Bundesbürger ist dort engagiert. Fitness und Bewegung stehen für viele von uns ganz oben auf der Agenda.
Dazu kommt, dass Vereine und Sportstudios wichtige, soziale Treffpunkte sind – auf die wir jetzt verzichten müssen. Wie stellen wir uns dieser Situation? Wie halten wir unsere Sportkultur am Leben - und uns selber fit?

Temporäres Aus für den Profisport

Thomas Wheeler, Sportredakteur beim Deutschlandfunk Kultur tut es mit Radfahren: "Das habe ich jetzt in dieser Zeit für mich entdeckt – ich fahre Rad wie so noch nie zuvor." Als professioneller Sportjournalist bedaure er die Absagen und Verschiebungen, doch Alternativen dazu gäbe es nicht – große Spiele werden auf lange Zeit fehlen: Die Fußball-Europameisterschaft wird ins kommende Jahr verlegt, die Formel 1 ist vertagt, die Olympischen Sommerspiele sind verschoben.
Sportjournalist Wheeler begrüßt diese Entscheidungen, an denen man derzeit nicht vorbeikommt: "Dass sich die Deutsche Eishockey Liga so schnell entschlossen hat, die Saison zu beenden, war zum Beispiel eine gute Maßnahme. Da muss ich sagen, das fand ich sehr vorbildlich in dieser Situation, das Abbrechen der Saison ist konsequent – auch als Vorbild gegenüber den anderen Sportarten."

Revival von Frisbee und Federball

Während der Profisport auf Eis gelegt ist, entdecken viele die alten Kinderspiele wieder: Man wirft Frisbee-Scheiben und spielt Ballfangen, ist mit Inlineskates und Longboards unterwegs – sogar Rollschuhe werden wieder ausgepackt.
Die soziale Komponente des Sports sei ungemein wichtig, sagt Thomas Wheeler, was in den Vereinen derzeit nicht möglich ist, ließe sich zum Teil nach draußen verlagern.
"Man kann sich durchaus mit einem Freund im Park treffen", erklärt er. "Kontaktsportarten, bei denen man sich zu nahe kommt, sind zwar nicht erlaubt, aber man kann ja beispielsweise Federball spielen, wenn man die Mindestempfehlung von 1,50 Meter Abstand einhält. Ich habe schon Leute im Park gesehen, die diese Sportart wieder mit Verve praktizieren."
Für die Familien gelte ohnehin, dass sie mit ihren Kindern jederzeit an die frische Luft gehen dürften. Das werde erfreulicherweise auch rege genutzt, sagt Sportredakteur Wheeler: "Ich sehe mittlerweile unheimlich viele Kinder, die mit ihren Eltern unterwegs sind. Weil ja die Schule nicht stattfindet und die Kitas ebenfalls geschlossen sind."

Besser als die Couch: Sport digital

Die digitale Welt hat in rasantem Tempo auf die neue Situation reagiert: Es gibt so viele Sportangebote wie nie im Netz – von skypenden Trampolin-Gruppen über virtuelles Rennradfahren bis hin zum Body-Workout 60plus oder der täglichen – schon legendären – Trainingsstunde von Alba Berlin. Sportredakteur Thomas Wheeler ist vom "sportlichen Digitalschub" beeindruckt.
"Das hat sofort funktioniert und das ist auch wirklich bemerkenswert, was die Vereine bundesweit anbieten an digitalen Trainingsprogrammen", sagt er. "Es gibt Videoportale für Kinder und auch für Erwachsene – wir haben letztes Mal in unserer Sendung ‚Nachspiel‘ hier im Deutschlandfunk Kultur ein Online-Pilates-Angebot vorgestellt -auch so etwas gibt es."
Bemerkenswert sei auch, dass viele Vereine – weil jetzt die Senioren nicht mehr zum Sport kommen können – Trainingspläne für sie erstellten: "Und sie dann teilweise in die Briefkästen der betroffenen Damen und Herren stecken, damit die zu Hause ihren Sport machen können – also das ist wirklich Klasse!"
Im Gegenzug unterstützen viele Mitglieder das Engagement ihrer Vereine – und zahlen auch in Coronazeiten die Vereinsbeiträge weiter, so Thomas Wheeler.
(tif)

Thomas Wheeler ist seit 2009 Sportredakteur beim Deutschlandfunk Kultur. Vorher arbeitete er als freier Redakteur und TV-Sportjournalist.

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