Brandenburg

Grenzkriminalität bringt den Wahlkampf in Schwung

Die Friedensglocke auf der Oderpromenade in Frankfurt an der Oder.
In Frankfurt an der Oder sind viele verunsichert. © picture-alliance / dpa-ZB / Soeren Stache
Von Axel Flemming  · 10.09.2014
Die Menschen im Grenzgebiet zu Polen sorgen sich vor Einbrüchen und Autodiebstählen, im Brandenburger Wahlkampf steht das Thema Kriminalität im Mittelpunkt. Die regierende SPD setzt auf mehr Polizei - doch die AfD fordert weitaus drastischere Mittel.
Die Stadtbrücke wird umgebaut, die letzten Reste der alten Grenzkontrollstelle über der Oder weichen den Baggern. Ein Schild warnt Diebe davor, dass Gegenstände im Stadtgebiet mit künstlicher DNA markiert sind. Das Schild lehnt schräg in die Baustelle.
Und geklaut wird, ob viel oder wenig ist subjektiv:
"Schön isset nicht, und hier hätten wir ja nun die Chance gehabt, einfach die Wache hier auf der Brücke zu lassen; und dann wär fertig gewesen. Aber das war ja nicht jewollt"
"Abends gehen wir nicht mehr raus, wir Älteren!"
"Naja, es ist ein Thema, worüber gesprochen werden sollte, und nicht bloß im Wahlkampf."
Objektiver ist die polizeiliche Kriminalstatistik, letzte Zahlen von 2013: Danach wurden 650 Autos, 2300 Fahrräder und mehr als 100 Traktoren gestohlen - nicht allein in Frankfurt, sondern in den grenznahen Regionen. Und davon hat Brandenburg eine ganze Menge: 257 Kilometer an den Flüssen Oder und Neiße.
Innenminister Ralf Holzschuher (SPD):
"Die Polizei bleibt solange, wie sie gebraucht wird vor Ort. Und das hat nichts mit Wahltermin zu tun, sondern das ist eine Frage der Kriminalitätslage."
Die Zielzahl für die Polizei wurde von 7000 wieder auf 7800 Stellen hochgeschraubt. Macht er damit systematisch das rückgängig, was sein Vorgänger Dietmar Woidke im Amt mit der Polizeireform eingeführt hatte: einen Abbau der Kontrollen und auch der Stellen bei der Polizei? Und was sagt sein Chef dazu, der jetzige Ministerpräsident Brandenburgs, zudem Polen-Beauftragter der Bundesregierung?
"Wir brauchen mehr Polizei als geplant. Das ist überhaupt keine Frage. Und da bin ich absolut im Einklang mit dem Ministerpräsidenten Dietmar Woidke, der das genauso sieht."
Das Thema Kriminalität ist ein gefundenes Fressen für die Opposition
Holzschuher weiß aber auch, dass beispielsweise die Wohnungseinbrüche im so genannten Speckgürtel rund um Berlin zunehmen. 54 Ermittler der bisherigen Sondereinheit sind nun einer neuen Soko im Landeskriminalamt, 42 Fahnder wieder direkt den vier Polizeidirektionen im Land unterstellt.
Hans Jürgen Scharfenberg, innenpolitischer Sprecher der Fraktion die Linke im Brandenburger Landtag:
"Die Herausforderung der Gewährleistung öffentlicher Sicherheit, das ist ein Teil der Lebensqualität im Land Brandenburg. Ich denke, dass der Ministerpräsident aus der Entwicklung heraus sehr wohl auch zu der Auffassung gelangt ist, dass man hier Korrekturen an ursprünglichen Planungen vornehmen muss."
Das Thema innere Sicherheit ist natürlich ein gefundenes Fressen für die Opposition.
Michael Schierack, Spitzenkandidat der CDU:
"Ich sage: mehr Polizisten auf den Straßen, die Menschen haben Angst in diesem Land, sie fühlen sich nicht mehr sicher an den Grenzen oder in den Städten, es wird mehr eingebrochen als vorher."
Und noch einen Zacken schärfer wird Alexander Gauland von der rechtspopulistischen AfD, Alternative für Deutschland:
"Die Menschen haben das Gefühl, die Welt ist nicht mehr sicher. Ob das dann immer ganz richtig ist, das will ich mal dahin gestellt sein lassen, so dass ich schon glaube, dass das ein Thema ist, mit dem wir die Regierung in Schwierigkeiten bringen können. Entweder sie haben freien Grenzverkehr, dann müssen Sie sehr viel stärkere Polizeikontrollen hinter der Grenze haben. Und wenn Sie das mit der Polizei nicht leisten können, dann müssen Sie über Schengen nachdenken."
Ein LKW-Stau auf der Autobahn vom Berliner Ring bis zur Grenze nach Frankfurt/Oder wäre bei diesem Retro-Vorschlag programmiert.
Noch einmal zurück nach Frankfurt. Egal, wie der neue Landtag zusammengesetzt sein wird, das Thema Kriminalität bleibt auf der Tagesordnung, das hat nicht immer mit Ausländer- oder Fremdenfeindlichkeit zu tun, denn es kann jeden treffen, wie diese blonde Frau erzählt, die gerade ihren Hund an der Oder spazieren führt:
"Nach meiner Meinung: alle klauen; egal ob Polen oder Deutsche oder Russen. Und hier um die Grenze ist das besonders, also, wenn es um Autos oder Fahrräder geht oder im Laden!"
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