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Flüchtlingspolitik
Steinmeier kritisiert Schließung der Balkanroute

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat angesichts der Situation im griechischen Idomeni erneut die Grenzschließungen entlang der Balkanroute kritisiert: "Sich der eigenen Probleme entledigen, indem man europäische Partner in Not bringt - so können wir in Europa nicht miteinander umgehen." Deutschland liegt mit den meisten EU-Partnern in der Flüchtlingspolitik weiter über Kreuz.

Von Theo Geers | 28.03.2016
    Außenminister Frank Walter Steinmeier bei einem Treffen mit Russlands Außenminister
    Es kämen weniger Flüchtlinge nach Mitteleuropa, weil sie nun in Griechenland strandeten, sagte Steinmeier den Zeitungen der Funke Mediengruppe. (imago/ITAR-TASS)
    Die Bilder von den Flüchtlingen im Schlamm im griechischen Idomeni führen weiter zu höchst gegensätzlichen Schlussfolgerungen in der europäischen Flüchtlingspolitik. Außenminister Frank-Walter Steinmeier kritisiert zum wiederholten Male die einseitigen Schritte europäischer Staaten – gemeint sind die Grenzschließungen entlang der Balkanroute.
    Österreich hatte vor einigen Wochen den Anfang gemacht und so eine Kettenreaktion bis hinunter nach Mazedonien ausgelöst. Es kämen weniger Flüchtlinge nach Mitteleuropa, weil sie nun in Griechenland strandeten, sagt Steinmeiner den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Dort sei eine humanitäre Notlage entstanden. Und dann legt der Außenminister nach: "Sich der eigenen Probleme entledigen, indem man europäische Partner in Not bringt - so können wir in Europa nicht miteinander umgehen." Zitat Ende. Faktisch zeigen diese Äußerungen: In der Flüchtlingspolitik liegt Deutschland mit den meisten anderen EU-Partnern weiter über Kreuz.
    Deutschlands Verhalten Österreich gegenüber "ausgesprochen unfair"
    Aus deren Sicht liegt das Problem nicht in den Grenzschließungen, sondern in Deutschland und damit bei der Bundesregierung und der Bundeskanzlerin. Jüngstes Beispiel – Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann. Deutschlands Verhalten sei Österreich gegenüber "ausgesprochen unfair", hatte Faymann noch am Karsamstag kritisiert. Faymann geht von der Erfahrung aus, dass es die Flüchtlinge nicht nach Griechenland, nach Ungarn oder in eines der Balkanländer zieht, sondern wenigstens bis nach Österreich oder eben nach Deutschland. Aus Faymanns Sicht ist es daher die unverändert von Deutschland ausgehende Magnetwirkung, die europäisch gesehen ein Fehler sei. Der Sog, der von Deutschland auf die Flüchtlinge ausgeht, setzt nach dieser Sichtweise die Länder von Österreich bis Mazedonien unter Zugzwang.
    Solange Deutschland die Flüchtlinge anzieht bleibt Ihnen nichts anderes übrig als die Grenzen dichtzumachen. Merkels Politik, so Faymann, könne dazu führen, dass Österreich Schaden nehme, weil eben Österreich auf der Balkanroute das erste Land wäre, in dem die Flüchtlinge auch Asyl sagen wollen. "Wir wollen aber nicht die Pufferzone für Deutschland sein", so Faymann wörtlich. Heißt übersetzt: Länder wie Österreich gehen lieber auf Nummer sicher, die Grenzen bleiben dicht, denn es bleiben auch die Zweifel an dem von Deutschland maßgeblich vorangetriebenen Lösungsweg.
    Auf den setzt unverändert Frank-Walter Steinmeier. Für ihn sind die Orientierung auf die Außengrenzen Europas, die Abkommen mit der Türkei und die Unterstützung Griechenlands der richtige Weg. Ohne das Flüchtlingspaket der EU mit der Türkei gäbe es heute an der griechisch-mazedonischen Grenze 100.000 Menschen, die in Dreck und Schlamm zu überleben versuchten.
    Allerdings gibt auch Steinmeier zu, dass die Vereinbarungen zwischen der EU und der Türkei sich in der Praxis erst noch bewähren müssen. Unter anderen Vorzeichen - Stichwort Grenzschließungen als Not- und Abwehrmaßnahme - wollen das auch Länder wie Österreich erst einmal abwarten. Dort sind die Zweifel einfach zu groß, ob es wirklich funktioniert, dass die Türkei illegal nach Griechenland kommende Flüchtlinge zurücknimmt und dass die EU es schafft, dafür im Gegenzug 72.000 syrische Flüchtlinge legal einreisen zu lassen.