BPoC und Diversität in Podcasts

Mit den Ohren den Horizont erweitern

46:33 Minuten
Das Bild zeigt einen Mann mit Kopfhörern im Gegenlicht. Seine Augen sind geschlossen, er trägt In-Ear-Kopfhörer.
Hören kann ein solidarischer Akt sein, zum Beispiel wenn Podcasts mehr Aufmerksamkeit für Diversität und Antirassismus schaffen. © Unsplash / Kuo-Chiao Lin
Von Anna Bühler, Heiko Behr und Carina Fron · 21.06.2020
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Podcasts sind ein intimes Medium. Deshalb können sie eine wirkmächtige Plattform für unterrepräsentierte Stimmen in der Gesellschaft sein. Wir zeigen eine Auswahl Podcasts, die Vielfalt abbilden und über Rassismus aufklären.
Die #blacklivesmatter-Proteste in den USA haben in den letzten Wochen nicht nur die klassische Medienlandschaft sensibilisiert. Auch zahlreiche Podcasts widmen sich nun verstärkt den Themen Rassismus, Polizeigewalt und Racial Profiling. Bei ihrer Kuratierung stellen Plattformen nun Podcasts in den Vordergrund, die von Menschen aus unterrepräsentierten Teilen der Gesellschaft gemacht werden.
So wächst gerade ein neues Bewusstsein für neue Formate, aber auch für seit langem bestehende, die diese neue Aufmerksamkeit vor langer Zeit verdient hätten. Podcasts, in denen Menschen von sich und ihren Erfahrungen berichten, die an vielen Stellen gesellschaftlich noch viel zu wenig wahrgenommen, zu wenig gehört werden.

Podcasts von und mit BPoC

Die Journalistin Sara Weber versucht schon seit Jahren, mit ihrem Podcast-Newsletter unter anderem auch Hör-Empfehlungen für Podcasts von und mit BPoC zu geben. Im "Über Podcast" gibt sie jede Menge Hörempfehlungen und erklärt, dass die deutsche Mehrheitsgesellschaft von Podcasts lernen könnte, wenn es beispielsweise um Strukturen und weniger offensichtlichen Rassismus geht.
"Ich glaube tatsächlich, dass wir hier in Deutschland immer noch zu wenig über dieses Thema reden", meint sie. "Leute sagen immer noch zu oft: 'Echt? Rassismus? Aber wir sind doch alle so aufgeklärt!'"

"Halbe Katoffl": Ein Podcast mit Augenzwinkern

Zwei Menschen treffen sich zum Gespräch. Gemeinsam haben sie, dass sie Deutsche mit nicht-deutschen Wurzeln sind. Beide reden über Erfahrungen, ihr Leben und wie es ist, gleich in mehreren Kulturen beheimatet zu sein. Das ist das Konzept des Podcasts "Halbe Katoffl".
Der Podcasts richtet sich explizit nicht an eine bestimmte Community, sondern lädt alle Interessierten zum Zuhören ein. Die Produktion gibt es schon seit 2016 und gehört zum Podcastlabel "hauseins". Hinter dem Projekt steckt der freie Journalist Frank Joung - mit Kopf und Herz. Er lädt sich alle zwei Wochen Menschen mit den unterschiedlichsten Hintergründen ein, alle mit bewegenden Alltagsgeschichten im Gepäck.
Durch den Podcast navigiert Frank Joung mit Humor und einer gewissen Leichtigkeit, auch der Name ist mit einem Augenzwinkern zu verstehen. Im "Über Podcast"-Interview spricht Joung darüber, warum er diesen Weg gewählt hat: "Ich glaube schon, dass viele sich selber darin entdecken können, ohne dass sie jetzt das Gefühl haben, sie werden jetzt so mit dem Zeigefinger angeklagt."

"Seeing White" - Scheinwerfer auf weiße Privilegien

Der Journalist John Biewen hat sich in seiner Karriere stets bemüht, einen diversen Blick zu behalten und über Minderheiten zu berichten. Eines Tages fällt ihm allerdings auf, dass er im Zusammenhang von Rassismus und Diskriminierung nie über seine Rolle, die Rolle von weißen Menschen und ihren Privilegien nachgedacht hat. Das holt Biewen in "Seeing White" nach, einer Serie im US-amerikanischen Podcast "Scene on radio", herausgegeben vom Center for Documentary Studies der Duke University.
Zusammen mit seinem Co-Host Chenjerai Kumanyika fokussiert er sich nicht allein auf die Folgen und Symptome von Rassismus in den USA, sondern richtet den Blick auf die Geschichte und gewachsene Strukturen in der Mehrheitsgesellschaft.
Obwohl der Podcast bereits 2017 veröffentlicht wurde, erscheint er heute aktueller denn je. Begeistert hat "Über Podcast"-Host Heiko Behr vor allem die Rolle von John Biewen und der Perspektivwechsel, den er vornimmt: "Er ist kein allwissender Erzähler, er ist kein großer Weltenerklärer. Er macht von Anfang an klar, dass es Zeit ist, das Ganze anders anzugehen und auch seine Rolle als weißer Host mitzudenken."

Die Hörempfehlungen aus dieser Folge:

Außerdem hat die Medienwissenschaftlerin Nele Heise ein umfangreiche Sammlung von empfehlenswerten Podcasts zusammengestellt: "Listening In: [Zu]Hören als solidarischer Akt"

Die "Über Podcast"-Podcast-Playlist auf Spotify

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