Bollywood-Film führt zu Krawallen

Indien – nur auf dem Papier säkular

Bei einer Demo im November 2017 fordern Mitglieder der Akhil Rajasthani Samaj Sangh, dass der Film "Padmavati" verboten wird.
Bei einer Demo fordern Mitglieder der Akhil Rajasthani Samaj Sangh, dass der Film "Padmavati" verboten wirdj - mittlerweile umbenannt in "Padmavaat". © imago stock&people
Silke Diettrich im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 25.01.2018
In Indien ist der Bollywood-Film "Padmavaat" in die Kontroverse geraten: Es könnte Anschläge auf Kinos geben, Regisseur und Hauptdarstellerin haben Morddrohungen erhalten - weil der Film angeblich eine Liebesszene zwischen der Hindu-Königin Padmavati und einem Muslim zeigt.
Ein irreales, ein irrsinniges Szenario für den Durchschnitts-Mitteleuropäer: Vor dem Start des Bollywood-Historienfilm "Padmaavat" in Indien hat es in der Stadt Ahmedabad im Bundesstaat Gujarat schwere Ausschreitungen gegeben. Hunderte Demonstranten verwüsteten Mittwoch Einkaufszentren und zündeten Autos an. Nicht genug damit, wurde Regisseur Sanjay Leela Bhansali angegriffen – er und die Hauptdarstellerin erhielten Morddrohungen. Ein indischer Politiker setzte gar ein Kopfgeld auf die beiden aus.
All das aufgrund des Gerüchts, der Film zeige in einer Traumsequenz eine Liebesszene der schönen hinduistischen Königin Padmavati mit dem muslimischen Eroberer Alauddin Khilji.

Das Oberste Gerichtshof urteilte für die Freiheit der Kunst

Mehrere Bundesstaaten versuchten vergeblich, den Filmstart zu verhindern. Der Oberste Gerichtshof urteilte jedoch, ein Verbot des Films würde die Freiheit der Kunst verletzen.
Was ist los in der größten Demokratie der Welt? Der Film sei eine Beleidigung für alle hinduistischen Frauen – so begründeten militante Gegner des Bollywood-Films, der eigentlich eher wie ein opulentes Märchen daher komme, sagt Indien-Korrespondentin Silke Diettrich. Die Gegner drohen: "Lichtspielhäuser werden brennen."

Schwieriges Verhältnis zwischen Hindus und Muslimen

Für Diettrich liegt die Wurzel dieser Aggressionen im nach wie vor schwierigen Verhältnis zwischen Hindus, die die große Mehrheit in Indien bilden, und Muslimen.
"Indien ist zwar auf dem Papier eine säkulare Demokratie. Aber die Hindus sagen: Die Muslime haben Indien vor vielen Jahrhunderten erobert, hätten Hindus zwangskonvertiert. Und eigentlich seien doch alle Muslime in diesem Land hier Hindus. Und die Muslime sind hier in der Minderheit. Es gibt immer wieder Auseinandersetzungen."
Deshalb komme es beispielsweise immer wieder zu Ausfällen gegen Muslime, etwa weil diese Rindfleisch essen – was für Hindus ein Tabu sei. Der bloße Verdacht, jemand transportiere Rindfleisch oder habe Rindfleisch gegessen, genüge aufgebrachten Hindus schon, um Muslime anzugreifen. Unter der aktuellen hinduistische Regierungspartei mit Premierminister Damodardas Modi hätten die Spannungen sogar noch zugenommen.
(mkn)
Mehr zum Thema