Boeing 737 Max

Ökonom kritisiert Flugverbote als "voreiligen Aktionismus"

08:46 Minuten
Das Foto zeigt die Einweihung der ersten Boeing 737 MAX beim Reisekonzern TUI auf dem Brüsseler Flughafen im Januar 2018.
Offenbar schwer zu handeln: Problemflieger Boeing 737 Max. © picture-alliance / dpa / Belga / Dirk Waem
Jan Hagen im Gespräch mit Stephan Karkowsky · 13.03.2019
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Liegt es wirklich an Konstruktionsfehlern der Boeing 737 Max, dass in den letzten Monaten gleich zwei Maschinen dieses Typs abgestürzt sind? Der Ökonom Jan Hagen warnt vor vorschnellen Schlüssen. Zumindest der erste Absturz deute in eine andere Richtung.
Norwegen, Australien, China, Großbritannien, Deutschland und schließlich die gesamte EU: Nach dem zweiten Absturz einer Boeing 737 Max 8 innerhalb weniger Monate kamen am Dienstag fast im Stundentakt die Eilmeldungen, welches Land diesem Flugzeugtyp ein Start- und Landeverbot erteilt. Im Wesentlich darf die Boeing 737 Max 8 jetzt nur noch in Indien und den USA fliegen.
"Ich persönlich wundere mich jetzt etwas über diesen Aktionismus", sagt Jan Hagen, der an der privaten Management-Hochschule ESMT in Berlin lehrt und zu dessen Spezialgebieten das Krisenmanagement in der Luftfahrt zählt.
"Was schon auffällt, ist, dass die Maschine weiter in den USA fliegen darf. Und gerade die Amerikaner sind eigentlich, was Sicherheitsfragen anbelangt, sehr vorsichtig."

Technisches Problem und menschliches Fehlverhalten

Hagen warnt davor, die Unglücksursache vorschnell beim Flugzeugtyp zu suchen, nur weil zwei gleiche Maschinen innerhalb eines relativen kurzen Zeitraums abgestürzt sind. Im ersten Fall, dem Absturz eines Fliegers der Lion Air in Indonesien im vergangenen Oktober, könne man jedenfalls nicht einfach sagen, dass ein Konstruktionsfehler von Boeing die Ursache gewesen sei.
"Sondern es war ein klares technisches Problem, was dazu geführt hatte, dass man diesen Flieger, der dann abgestürzt ist, nie hätte starten lassen dürfen", sagt Hagen, der selbst Privatpilot ist. So habe der Ausfall eines Sensors dazu geführt, dass falsche Signale an den Bordcomputer gesendet worden seien.
Das seien "in jedem Flugzeugtyp sehr verstörende Ereignisse, die die Besatzung dazu verleiten können, Fehlverhalten an den Tag zu legen. Das sehen wir auch bei Airbus, das ist nichts, was auf Boeing beschränkt ist."
Im Fall der Lion Air bestand das Fehlverhalten offenbar darin, dass die Besatzung das System nicht abgeschaltet hat, sondern mit dem Bordcomputer gewissermaßen gekämpft hat.
"Und das ist eigentlich eine Situation, die aussichtslos ist."

Ohne die Automatik könnte es zu anderen Abstürzen kommen

Problematisch an der Boeing 737 Max ist offenbar ein zusätzliches Sicherheitssystem, das Boeing eingebaut habe, um die "etwas anderen Flugeigenschaften" der Maschine zu kompensieren. Denn das Flugzeug habe die Neigung, nach dem Start "viel stärker zu steigen, als wir es wollen", sagt Hagen.
"Wenn jetzt Boeing sagt, na ja, die Besatzung hatte Probleme mit diesem System und hat es nicht ausgeschaltet, dann nehmen wir das ganze System raus, führt unter Umständen dazu, dass wir jetzt plötzlich eine ganz andere Art von Abstürzen haben."
(uko)
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