Bodo Mrozek: "Jugend Pop Kultur"

Pop-Revolution mit Bike, Jeans und Rock'n'Roll

14:21 Minuten
Marlon Brandon im Film "The Wild One" (1953)
Ikone der Fünfziger: Marlon Brandon als Biker im Film "The Wild One". © World History Archive / dpa
Bodo Mrozek im Gespräch mit Gesa Ufer · 11.03.2019
Audio herunterladen
Musikfestivals, auf denen Menschen verschiedener Nationen eine Gemeinschaft bilden? Keine Selbstverständlichkeit, sagt Pophistoriker Bodo Mrozek. Zu Beginn der Internationalisierung der Popkultur habe es viele Widerstände dagegen gegeben.
Jeans galten als kriminell, wer Rock'n'Roll hörte, drohte zum Verbrecher zu werden – und der Film "The Wild One" mit Marlon Brandon als waghalsiger Biker-Rowdy wurde als jugendgefährdend eingestuft und in Deutschland verboten: Damals Ende der 50er- und Anfang der 60er-Jahre.
In seinem über 800-seitigen dicken Buch "Jugend Pop Kultur" beschäftigt sich Pophistoriker Bodo Mrozek mit den Anfängen der Popkultur – nicht nur in Deutschland, sondern als transnationales Phänomen.

Wie Popkultur zur Globalisierung beitrug

Denn bei der Suche nach historischen Faktoren der Internationalisierung und Globalisierung sei die Popkultur bisher "so gut wie gar nicht in den Blick geraten", meint Mrozek.
"Jetzt könnte man ja sagen, das ist ja ein ganz offensichtliche Phänomen, dass Menschen auf Festivals zu multinationalen Gemeinschaften verschmelzen, dass wir Musik in anderen Sprachen hören. Aber dann fiel mir halt auf, dass das damals alles andere als selbstverständlich war und es zu Beginn von Internationalisierung von Kultur auch ganz vehemente Widerstände gegeben hat, gegen diese Internationalisierung – und diese Zeit fand ich besonders interessant."
In Deutschland wurde damals unter dem Schlagwort "Amerikanisierung" gegen die neue Jugendkultur gewettert, die neue Musik und Mode als "eine Art einseitiges Transferphänomen" gesehen. "Weil die Jugendlichen, die sich an Amerika orientiert haben, eben andere Leitbilder gesetzt haben, als ihre noch am Nationalsozialismus orientierten Eltern." Doch auch in anderen Ländern wie in Großbritannien, Frankreich, ja, selbst in den USA, hätten ganz ähnliche Konflikte stattgefunden, sagt Mrozek: ein Konflikt der Generationen begann, über Ländergrenzen hinweg.

Die Wiederauferstehung der Halbstarken

Die Klagen über die Jugend sind uralt – sie sei zu aufmüpfig, würde die Alten nicht achten, sinne auf Umsturz und sei ungepflegt. Doch "in den 50er-Jahren werden solche älteren Klischees der schlechten Jugend aktualisiert". Begriffe wie "Halbstarker", dessen Ursprung sich bis in Vormärz-Zeiten zurückverfolgen lässt, erleben in Deutschland ihre Wiederauferstehung.
Und das, weil Jugendliche nun offensiv Raum in der Gesellschaft für sich beanspruchen – und wenn es nur Sendeplätze im Rundfunk für ihre kulturellen Ausdrucksformen sind. "Und das hat als Hintergrund den demografischen Befund, dass wir grenzüberscheitend relativ junge Gesellschaften hatten."
Mehr als zehn Jahre hat Bodo Mrozek für sein Buch eine Unmenge historischen Materials zusammengetragen, gründlich sortiert, analysiert und zahlreiche Beispiele aufgeführt: vom Film "The Wild One" (1953) mit Marlon Brandon, der den Generationenkonflikt zwischen jugendlichen Bikern und alten Kleinstadtbewohnern in den USA schildert, bis hin zum Rolling-Stone-Konzert auf der Waldbühne in Berlin 1965.
(lkn)
Mehr zum Thema