BND-Affäre

Rechtsrahmen gehört ans digitale Zeitalter angepasst

Ein Mann mit einem Hörrohr
Ein Mann mit einem Hörrohr © picture alliance / dpa / Erwin Elsner
Von Falk Steiner · 15.10.2015
Spionage, Überwachung und Informationsbeschaffung sind Tätigkeiten an der Grenze zur Legalität, aber mit den großen Ziel: Schutz der Allgemeinheit. Der BND hat dabei nun die Grenzen überschritten. Darum braucht es klare Regeln für den BND und für seine Arbeit, fordert Falk Steiner.
Dass der Bundesnachrichtendienst kein Opfer der NSA-Spionageaktivitäten ist, sondern dass seine Tätigkeit ebenfalls durchaus einige Probleme aufweist, das war schon seit einiger Zeit klar. Der kleine Bruder wollte vom Wissen der NSA profitieren, war teils Dienstleister, teils Nutznießer. Dass er dabei ähnliche Methoden nutzte und selbst auch keineswegs nur so spioniert hat, wie es der Satz der Kanzlerin in Absolutheit formulierte, ist nicht vollkommen überraschend – vor einem Jahr bereits wurde von einem abgefangenen Telefonat der früheren US-Außenministerin Hillary Clinton berichtet. Die eigentlichen Probleme jedoch liegen viel tiefer.
Denn viele der kritikwürdigen BND-Aktionen sind keineswegs eindeutig Verstöße gegen das geltende Recht. Und da liegt der Kern des Problems: das Recht für die Arbeit des Bundesnachrichtendienstes ist ein großer Schwamm, bei dem vom Dienst mutig Theorien entwickeln werden, was er wann und wie dürfe, und die sich aufgrund der Heimlichkeit der Tätigkeit so gut wie nie vor Gericht prüfen lassen müssen. Da werden Beschreibungen für technische Verfahren so auf neuere Technik übertragen, dass sie dem BND maximalen Nutzen garantieren. Und vor Gericht landet das nie.
Eigenwillige Rechtsauffassung, schlampige Behördenstruktur und vergessliche Mitarbeiter
Dieses Muster des Dienstes mit eigenwilliger Rechtsauffassung, schlampiger Behördenstruktur und vergesslichen Mitarbeitern, dieses Muster ist das eigentliche Problem, das die Politik eindämmen muss. Die tatsächliche Kontrolle ist bei all dem zum einen auf zu viele Akteure aufgeteilt, zum anderen vom guten Willen des Nachrichtendienstes abhängig: er hat die vollständige Kontrolle über seine Informationen und den Zugang zu ihnen.
Über den BND wacht im Kanzleramt die Abteilung 6, die für die Rechts- und Fachaufsicht des BND zuständig ist, die aber bis zum Frühjahr 2015 von gravierenden Problemen bei den Selektoren eigentlich nie etwas gehört hat, als das Parlament einen Nachforschungsauftrag erteilte – und die zu großen Teilen aus ins Kanzleramt entliehenen BND-Mitarbeitern bestehen soll, wie es heißt. Der BND entscheidet in vielen Fällen selbst, was er dieser sogenannten Aufsicht mitteilt, und diese entscheidet, was von - so das Gesetz – so "erheblicher Bedeutung" ist, dass das Kontrollgremium des Bundestages informiert werden muss.
Verstöße für das Amt nicht von Bedeutung - solange sie nicht rauskommen
Doch im Kontext der NSA-Affäre zeigte sich: Eigentlich halten weder die BND-Mitarbeiter noch das Kanzleramt Dinge für bedeutsam, so lange sie nicht drohen ohnehin herauszukommen. Weder die fragwürdigen Selektoren der NSA noch die fragwürdigen BND-Selektoren wurden den Parlamentskontrolleuren aktiv gemeldet, als sich die ersten Anzeichen für das Vorhandensein eines Problems abzeichneten.
Die Anpassung des Rechtsrahmens an das digitale Zeitalter, und das heißt nicht Ausweitung der weit ausgelegten Befugnisse, die der BND selbst sieht, klare Regeln für den BND und seine Arbeit und das Ziel, dass wenigstens Europäer nicht grundsätzlich schlechter behandelt werden als Deutsche, all das ist höchste Zeit – und nicht mal ein besonders großes Ziel.
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