Bloß nicht lachen!

Wie die britische Königin einer Vorlesung lauscht

Die britische Königin Elizabeth II. in Berlin.
Die britische Königin Elizabeth II. besuchte die "Queen's Lecture" in der Technischen Universität. © dpa / picture-alliance / Michael Kappeler
Von Christiane Habermalz · 24.06.2015
Haustiere, Gartenpflanzen und James Bond: Bei der "Queen's Lecture" brachte der britische Museumsdirektor Neil MacGregor den Deutschen nahe, wie die Briten ticken, während der Staatsgast - die Queen - keine Miene verzog.
Es war ein minutiös vorbereiteter Besuch in der Technischen Universität Berlin. Am Hauptgebäude hängt bereits seit Tagen ein 16 Meter hohes Banner: "Welcome your Majesty to the TU Berlin". Die Aufregung war groß, ebenso die Nachfrage nach den 2000 Karten für die diesjährige "Queen’s Lecture", Gastredner: Neil MacGregor. So mancher Studierender ging heute leer aus.
"Ich hatte keine Möglichkeit, weil ich habe keinen Pass bekommen. Vielleicht jetzt muss ich draußen warten."
Der Grund war natürlich vor allem sie, die Queen selber, die heute im Audimax der TU der von ihr gestifteten Vortragsreihe beiwohnte. Neben ihr Prinz Philip, Herzog von Edinburgh, die Kanzlerin und Bundespräsident Joachim Gauck. Neil MacGregor, langjähriger Direktor des British Museum und Gründungsintendant des Humboldtforums in spe, ist ein Deutschlandfreund. Seine Ausstellung über die Deutschen im vergangenen Jahr im British Museum hatte viel Beachtung unter seinen Landsleuten gefunden. Heute drehte er den Spieß um:
"In this lecture I want to look the other way round – at a small number of things that to a German public might encapsulate aspects of british life."
Zentraler Moment für das Verständnis der Briten - die Queen
Er wolle in seinem Vortrag anhand von wenigen Dingen den Deutschen Großbritannien näher bringen, sagte MacGregor. So sei ein zentraler Moment für das Verständnis der britischen Nation die Queen selbst, insbesondere die Zeremonie der alljährlichen "Queen’s speech", die Rede der Königin vor dem britischen Parlament.
"All power in the land derives from this source. There can be few more eloquent symbols of our country and of how we have chosen to govern ourselves than this annual re-affirmation of the central role of the Crown in Parliament."

Es gibt kaum ein aussagekräftigeres Symbol für unser Land und darüber, wie wir regiert werden wollen, als diese alljährliche Bestätigung der zentralen Rolle der Krone im Parlament, sagte MacGregor. Aber das Wesen der Briten, führte er weiter aus, sei ebenso geprägt von ihrer außerordentlichen Liebe zu Haustieren, Gartenpflanzen - und James Bond. Bond, kreativ und mutig, stark und gutaussehend, ausgestattet mit den schnellsten Autos und unwiderstehlich für Frauen, dabei immer in geheimer Mission unterwegs für Ihre Majestät – er verkörpere alles das, was jeder Brite sein wolle.
"James Bond, resourceful and courageous, with the fastest cars and the latest technology, powerful and yet very successfully tender, impossibly handsome and dashing but working always On Her Majesty’s Secret Service, was what every Britan wanted to be."
Die Queen selbst schenkte der Stadt Berlin die Vortragsreihe
Vor 50 Jahren hatte die Queen die Vortragsreihe der Stadt Berlin geschenkt, anlässlich ihres ersten Staatsbesuches in Deutschland im Jahr 1965. Es sollte eine Geste der Versöhnung sein, aber auch ein Angebot zum wissenschaftlichen Dialog: Jedes Jahr am Jahrestag des historischen Queen-Besuches hielt fortan ein herausragender britischer Wissenschaftler eine Vorlesung über ein aktuelles Forschungsthema. 27 "Lectures" fanden seither statt, unter den Vortragenden waren der Architekt Richard Rogers, Miterbauer des Centre Pompidou in Paris, ebenso wie Ian Wilmut, geistiger Vater des Klonschafes Dolly. Die meisten wurden von der Queen für ihre wissenschaftlichen Leistungen auch gleich zum Ritter geschlagen.
Nicht so Neil MacGregor, noch nicht zumindest. Dafür wurde der geistreiche Museumsmann kürzlich mit dem Deutschen Nationalpreis ausgezeichnet – für seine Vermittlungsbemühungen um das Bild der Deutschen in Großbritannien. Die Queen folgte seinem Vortrag mit unbewegter Miene – Prinz Philip dagegen amüsierte sich sichtlich. Auch, als MacGregor mit einem Verweis auf den deutschen Duden endete, der den letzten, den treffendsten Hinweis gebe, um die Briten zu verstehen. Schlage man unter "Die Queen" nach, finde man zunächst eine Definition: Die britische Königin. Dann folge ein beinahe prophetisches Anwendungsbeispiel:
"Die Queen kommt zu einem Staatsbesuch nach Berlin. The Queen is coming to a state visit to Berlin."

Am Ende des Eintrags aber stehe ein Kommentar, schließt MacGregor, der alles sage, was gesagt werden müsse: "Die Queen hat keinen Plural".
"And then finally there is one comment which says everything that needs to be said: there is no plural." (Gelächter)