Bloomsday

"Joyce-Lektüre darf kein Zwang sein"

James Joyce Statue in der Earl Street North in Dublin
James Joyce Statue in der Earl Street North in Dublin © Imago / Sabine Gudath
Friedhelm Rathjen im Gespräch mit Maike Albath · 16.06.2015
Am 16. Juni ist "Bloomsday". Denn das ist der Tag, an dem James Joyce's "Ulysses" über den Anzeigenkäufer Leopold Bloom spielt. Friedhelm Rathjen verrät, wie man sich dem monumentalen Hauptwerk des irischen Autors nähern kann.
1000 Seiten für einen einzigen Tag - vor James Joyce's monumentalem Hauptwerk "Ulysses" über den Anzeigenankäufer Leopold Bloom haben schon viele kapituliert. Für den Schriftsteller, Übersetzer und bekennenden Joyceaner Friedhelm Rathjen dagegen heißt es am Dienstag wieder: "Happy Bloomsday!". Denn der 16. Juni ist der Tag, an dem "Ulysses" spielt.
Ulysses müsse nicht gelesen werden, es dürfe gelesen werden, sagt Rathjen. "Das ist, glaube ich, das Allerwichtigste, dass die Joyce-Lektüre kein Zwang sein darf, sonst macht sie nämlich keinen Spaß."
Zahnloser Löwe - zahnloser Liebhaber
Erste Grundregel bei der Lektüre sei, dass man sich nicht verschrecken lassen sollte, wenn man etwas nicht verstehe, rät Rathjen. Er selbst habe den Ulysses relativ früh gelesen und zunächst fast nichts verstanden, habe sich aber mit großer Freude diesem Buch hingegeben. "Seitdem weiß ich: Man muss nicht alles verstehen beim Lesen, um Spaß dran zu finden."
Joyce habe Ulysses so angelegt, dass man beim ersten Lesen gar nicht alles verstehen könne und auch beim 100. Lesen noch Neues entdecke, so Rathjen. Zum Beispiel habe er das Buch einmal unter dem Aspekt der darin beschriebenen Tierwelt gelesen. Dabei seien ihm Dinge aufgefallen, die er vorher nicht bemerkt habe: Zum Beispiel die Skulptur des zahnlosen Löwen in der zweiten Episode. "Dann fällt einem natürlich in der letzten Episode, wo der Liebhaber Blazes Boylen als Löwe beschrieben wird, einiges ein. Der ist nämlich auch ziemlich zahnlos", sagt Rathjen. "Im Grunde kann ich nur jedem raten, mit einem eigenen Lieblingsthema vielleicht zu versuchen, in die Lektüre zu gehen."