Bingewatch, das Serienquartett (2/2020)

Serien für beschleunigte Zeiten

44:21 Minuten
Years and Years mit Rory Kinnear, Russell Tovey, Jessica Hynes, Anne Reid, T'Nia Miller, Lydia West und Ruth Madeley.
Die BBC-Serie "Years and Years" schildert in sechs Folgen das Leben einer Familie in Großbritannien von 2019 bis 2030. Und es ist nicht so dystopisch, wie sich das zunächst anhört. © BBC
Moderation: Susanne Burg und Patrick Wellinski · 30.05.2020
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Das Serienquartett hat angesichts der Corona-Krise räumlich getrennt geschaut, ist aber zweimal zu einem einhelligen Urteil gekommen: Absolut empfehlenswert findet es "Years and Years", eine Serie über die nahe Zukunft Großbritanniens.
Das Team vom Serienquartett ist weiterhin räumlich getrennt, trifft sich aber dennoch zum zweiten Serienquartett des Jahres. Mit dabei: neue Serienware. Unter anderem eine erschreckend realistische Dystopie aus Großbritannien. Eine Middleschool-Komödie aus den USA. Ein Einblick in die Pariser Jazzszene und ein Whodunit-Fall aus der Welt der amerikanischen Ostküsten-Elite.
Unsere Vollbild-Redakteure Susanne Burg und Patrick Wellinski haben sich gemeinsam mit Anna Wollner, Filmredakteurin bei "Radio Fritz", und Hendrik Efert vom Podcast "Viertausendhertz" durch gut 20 Stunden Serien geguckt und sind bereit: in häuslicher Quarantäne und mit dem nötigen digitalen Sicherheitsabstand.

Unsere Zukunft wird düster: "Years and Years" (StarZPlay)

Familie Lyons aus Manchester lebt 2019 ein recht gewöhnliches Leben. Bis eine verhängnisvolle Nacht zunächst die Weltgeschichte und damit das Leben der Lyons kräftig durcheinanderbringt. "Years and Years" schildert in sechs Folgen das Schicksal der Familie von 2019 bis 2030. Je heftiger sich die Nachrichten-Schlagzeilen entwickeln, umso stärker greift die Weltpolitik ins den Alltag der Familienmitglieder ein. Daraus entwickelt die BBC-Serie einen unglaublich vereinnahmenden Strom, der gar nicht so dystopisch ist, wie er zunächst wirkt.

Das Quartett war sich schnell einig, dass "Years and Years" ein faszinierendes Serienereignis darstellt. Die Bewertung daher: 4 x Top

Traurige Jazzballaden in Paris "The Eddy" (Netflix)

"The Eddy" ist eine Jazzbar in Paris. Ein Heimathafen für eine Gruppe von Musikern, die sich rund um den einstigen Starpianisten Eliott Udo versammeln. Die Serie, die unter anderem von Oscar-Gewinner Damien Chazelle ("Lala Land") mitproduziert und gedreht wurde, schildert das Leben der einzelnen Bandmitglieder, zeigt wie die Migranten versuchen, ihr Leben und ihre Musikkarriere in den Griff zu bekommen. Eine Gangsterbande versucht das immer wieder zu verhindern. "The Eddy" bringt in den Mahlstrom der Netflix-Neuerscheinungen einen schönen, erwachsenen Ton.

Trotz einiger Einschränkungen findet das Quartett "The Eddy" erfrischend und gut gelungen: 4 x Top

Exorzismus des Außenseiter-Daseins: "PEN15" (TVNOW)

Maya Erskine und Anna Konkle sind mittlerweile gute 30 Jahre alt. Doch für ihre Comedy-Serie "PEN15" spielen sie sich selbst – als Dreizehnjährige. Mit fester Zahnspange, Topfhaarschnitt und mächtig vielen Komplexen, werfen sie sich in ihre eigene Pubertät und das harte Leben einer amerikanischen Middleschool. Damit thematisieren die beiden Showrunnerinnen die Höhen und Tiefen des Erwachsenwerdens. Das Genre, das sie dabei bedienen, nennt sich "Cringe Comedy", da die Peinlichkeiten und Gags häufig aggressiv zur Schau gestellt werden. Auch als solches hat die Serie durchaus ein großes Provokationspotential.

Das Quartett ist gespalten. Die Fronten sind klar gesetzt: 2 x Top, 2 x Flop.

Mord an der Ostküste: "Verschwiegen" (Apple TV+)

Als Streamingdienst-Anbieter hat es Apple TV+ derzeit schwer. Seit dem Start der Plattform gehen die Kritiker sehr heftig ins Gericht mit dem Serienangebot. Die Crime-Serie "Verschwiegen" mit Chris Evans in der Hauptrolle wird auch sehr kontrovers diskutiert. Darin geht es um einen Mordfall an der amerikanischen Ostküste: Ein Jugendlicher wird tot aufgefunden. Schnell wird der Mitschüler Jacob als Verdächtiger festgenommen. Sein Vater, ein Staatsanwalt, tut alles, um die angebliche Unschuld seines Sohns zu beweisen. Doch seine Frau zweifelt am eigenen Kind und damit auch an der eigenen Familie.

Das Quartett lehnt die Hochglanzproduktion fast völlig ab: 1 x Top; 3 x Flop

Außerdem gibt es noch einschlägige Serien-Tipps vom Quartett:
· Hendrik Efert empfiehlt alle Folgen der Simpsons, die derzeit auf Disney+ zu sehen sind.
· Anna Wollner zeigt sich fasziniert vom der queeren Netflix-Comedy "Feel Good".
· Susanne Burg empfiehlt die Western-Serie "Godless" (Netflix).
· Patrick Wellinski ermutigt alle, sich der Cringe Comedy zuzuwenden: u.a. mit den fünf Staffeln von "You're the worst" (Joyn) oder "Strangers with Candy" (Amazon).
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