Bill Murray und Jan Vogler mit "New Worlds"

Mark Twain trifft Gershwin und Bach

Der US-Schauspieler Bill Murray auf der Bühne.
Der US-Schauspieler Bill Murray auf der Bühne. Aktuell tritt er zusammen mit dem deutschen Star-Cellisten Jan Vogler auf. © imago/UPI Photo
Von Alexander Budde · 03.06.2017
US-Schauspieler Bill Murray ist immer auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen. Seine neueste Wandlung: Ein Bühnenprogramm mit dem deutschen Star-Cellisten Jan Vogler. Uns haben beide von der Wucht von Mozarts Musik und Literaturklassikern wie "Huckleberry Finn" erzählt.
Im Wolfsburger Theater wippen die Füße im Takt. Denn Bill Murray liest nicht nur, er tanzt und singt dazu. Der Hollywoodstar müht sich erst mit einem Song aus George Gershwins Volksoper "Porgy and Bess", dann geht es theatralisch weiter.
Es ist die jüngste Wandlung des 66-Jährigen auf seiner Suche nach immer neuen Ausdrucksformen. Tiefgang darf die Fangemeinde auch diesmal erwarten. Dafür sorgt allein schon das begleitende Trio: Cellist Jan Vogler mit Geigerin Mira Wang und Pianistin Vanessa Perez spielen Schubert, Bach, Piazolla.
Der amerikanische Schauspieler und der deutsche Musiker sind Freunde. Im Interview erzählen sie von ihrer zufälligen Begegnung als Reisende. Es war vor gut vier Jahren, nach Dreharbeiten im Harz. Murray hat gerade im Flieger von Berlin nach New York Platz genommen, da sieht er Vogler das kostbare Cello in einem gewaltigen Koffer heranrollen:
"Ich rätselte, ob das so in die Gepäckablage passen würde. Und da sagt er: Nein, es hat eine eigene Bordkarte. In seiner Welt kriegt das Cello nämlich den Fensterplatz!"
So begann ihr Dialog, erinnert sich Jan Vogler: "Normalerweise bin ich im Flugzeug komplett in meiner eigenen Welt. Und es passiert ja meistens, wenn man gar nicht drauf aus ist!"

"New Worlds" kombiniert Literaturklassiker und klassische Musik

Noch während des Fluges reift die Freundschaft mit dem Komiker heran. Sie führen sich gegenseitig in ihre Künstlerkreise ein, sie verabreden sich, gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen. Ihr Programm "New Worlds" kombiniert Klassiker der Literatur und klassische Musik - und das funktioniert an diesem Abend in Wolfsburg ohne ins Beliebige abzurutschen:
Cellist Jan Vogler, seine Frau Mira Wang und der US-Schauspieler Bill Murray
Jan Vogler ist mit seiner Frau Mira Wang in die USA gezogen. Mit dem US-Schauspieler Bill Murray verbindet sie eine kreative Freundschaft.© dpa picture alliance / Jörg Carstensen
In der Badewanne singe er schon länger, erzählt Murray. Als er Anfang der Siebziger in Chicago mit der Schauspielerei anfing, hauste er in einem winzig kleinen Studio in einem schäbigen Apartmenthotel. Der Klassiksender im Radio, Mozart und Beethoven: lauter prägende Erlebnisse:
"Ich habe mir das in der Badewanne angehört als junger Mann. Ich musste fernab von jedem sein, um es auszuhalten, so aufwühlende Musik zu hören."
Jan Vogler ist in der DDR aufgewachsen. Mit 14 entdeckt der Ost-Berliner seine Liebe zur amerikanischen Literatur. Mark Twain's "Huckleberry Finn" landet später ganz oben auf dem Stapel von Gedichten und Romanen, den er mit Murray sichtet:
"Ich kannte die meisten schon aus meiner Kindheit, weil mein Vater hatte diese Bücher zu Hause. Ich hatte immer eine große Begeisterung für Amerika!"
Mira Wang, Vogler's Frau und musikalische Gefährtin, stammt aus China. Beide siedeln in den 90er-Jahren in die Vereinigten Staaten über. Wie so viele erleben sie die Kreativmetropole New York aus der Perspektive der Zugewanderten:
"Viele Inspirationen auch für meine Arbeit als Cellist entstehen in New York, auch viele Zusammenarbeiten mit Musikern und mit anderen Künstlern entstehen in New York."

Bill Murray reagiert gelassen auf Donald Trump

Der US-Schauspieler Bill Murray in einem sehr bunten geblümten Outfit während eines Golfturniers in Kalifornien.
Der US-Schauspieler Bill Murray liebt verschiedene Rollen. In Deutschland ist er unter anderem für "Lost in Translation" und "Täglich grüßt das Murmeltier" bekannt.© imago/ZUMA Press
Bill Murray rezitiert Texte großer amerikanischer Autoren: Walt Whitman, Mark Twain, Ernest Hemingway. Es geht um das, was das weite Land der Freien einmal ausmachte: Mut, Anstand, gegenseitiger Respekt.
Es klingt wie Hohn in bösen Zeiten. Ein US-Präsident, der nicht liest, der lieber Verträge kündigt und Mauern baut: Es gibt Künstlerkollegen, die Donald Trump nachäffen, ihn wüst beschimpfen. Bill Murray in seiner Coolness sagt nur, er wolle sich nicht manipulieren lassen:
"Die Leute ziehen sich raus, weil sie das Gefühl haben, dass die Dinge nicht richtig laufen. Darum ging es beim Brexit, bei der Wahl von Trump auch. Ich meine aber, für einen Künstler verbietet sich die Flucht in die Ironie. Er ist berufen, seine Kunst auszuüben, egal wie die Umstände sind. Und oft bringen schwierige Zeiten ja große Kunst hervor. Ich bin da optimistisch!"
Die Tour hat noch gar nicht richtig begonnen, da sind schon neue Lieder, neue Texte, neue Auftrittsorte im Gespräch. Sie tun sich gut, die vier Kreativen aus der Alten und der Neuen Welt, sagt Jan Vogler zum Abschied:
"Die Arbeit ist dann wirklich so konzentriert, einfach weil wir alle da sind, und nichts anderes im Kopf haben. Das ist wirklich sehr schön! Und jeder hat seine Ideen formuliert. Und das ist gar nicht so häufig, dass die Chemie so gut ist!"
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