Bill Beverly: "Dodgers"

Flucht aus Los Angeles

Die Skyline von Los Angeles im violett-rötlichen Abendlicht, darüber das schlicht gestaltete Buchcover zu Bill Beverlys Roman.
Bill Beverlys Kriminalroman "Dodgers" © Bild: Martin Adams/Unsplash, Cover: Diogenes
Von Tobias Gohlis · 09.11.2018
In seinem Kriminalroman "Dodgers" schickt der Literaturwissenschaftler Bill Beverly vier schwarze Jungen aus Los Angeles auf einen Horrortripp quer durch die USA: Ein spannender, anschaulicher Abgesang auf den Traum der Freiheit.
In Bill Beverlys Kriminalroman "Dodgers" werden vier schwarze Jungen aus Los Angeles losgeschickt, um in Wisconsin einen Richter zu ermorden. Um die Sympathien der Weißen zu wecken, denen sie auf ihrer 2000-Meilen-Reise begegnen werden, sind sie wie Fans der Dodgers gekleidet.
Der Richter soll in Kürze als Belastungszeuge in einem Prozess gegen den Chef ihrer Drogengang auftreten. Seine Aussage wäre das Ende der Gang und damit auch ihrer jungen Karriere als Drogendealer. Außer ihrer Neighbourhood in Los Angeles haben die vier Jugendlichen bisher nichts von der Welt gesehen. Der älteste ist zwanzig, der jüngste ist dreizehn.

Drei junge Mörder auf der Flucht

Das ganze Unternehmen riecht nach Verzweiflung, Scheitern und Untergang. Beinahe endet es schon in Las Vegas. Als ahne der zwanzigjährige Michael, dass alles schlimm enden werde, setzt er ihre Mission durch den Versuch aufs Spiel, vorzeitig ihr ganzes Bargeld am Spieltisch durchzubringen.
Doch die drei anderen stellen Moral und Pflichtbewusstsein unter Beweis, setzen ihren unzuverlässigen Anführer auf die Straße und reisen trotz Hunger, Übermüdung und Kälte weiter. Bis sie tatsächlich das Haus des Richters finden. Wo ihn der der dreizehnjährige Ty, kaltschnäuzig wie ein ausgewachsener Psychopath, umbringt. Von da an sind die drei jungen Mörder auf der Flucht.

Abgesang auf den Traum der Freiheit

Flucht ist das Thema von Bill Beverly. Der 1965 geborene Literaturwissenschaftler fand Anerkennung mit einer Untersuchung über Flucht und Verfolgung in der amerikanischen Literatur. In seinem Debütroman "Dodgers" geht es um die Binnensicht derer, die auf der Flucht sind und verfolgt werden. Im Zentrum steht der 15jährige East. Er ist der Realist unter den drei flüchtigen Mördern und lernt, die Entscheidungen zu treffen, die das Überleben gewährleisten können.
140 Jahre ist es her, dass Mark Twain den Jungen Huckleberry Finn auf die Flucht in die Freiheit schickte. Von diesem großen amerikanischen Traum ist in "Dodgers" nicht viel übrig geblieben: trotzige Resignation und Akzeptieren des Unvermeidlichen. Aber davon erzählt Bill Beverly anschaulich, spannend und voll überraschender Wendungen. Sein East ist der Huckleberry Finn unserer Tage: anpassungsfähig, pflichtbewusst, aber bereit zu töten, wenn es not tut.

Bill Beverly: "Dodgers"
Aus dem Englischen von Hans M. Herzog
Diogenes, München 2018
400 Seiten, 24 Euro

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