Bilder gegen das Waldsterben

11.12.2011
Korkeichen in Südspanien, Lorbeerwälder auf La Gomera oder Laubbäume in der Sächsischen Schweiz: Mit imposanten Naturfotografien zeigen die Autoren des Bildbandes "Europas wilde Wälder", was den Menschen verloren ginge, wenn sie das Waldsterben nicht verhindern.
Ohne den Menschen wäre Europa fast vollständig von Wäldern bedeckt: Doch seit Jahrhunderten fällt der Mensch Bäume, weil er Holz zum Heizen, Bauen oder Flächen für den Ackerbau benötigt. Weniger als ein Prozent der ursprünglichen, unbewirtschafteten Wälder existieren heute noch in Europa und ihnen ist der beeindruckende Bildband "Europas wilde Wälder" des Fotografen Markus Mauthe und des Biologen Thomas Henningsen gewidmet.

Es sind vor allem die ästhetisch wundervoll komponierten Fotografien, die dieses Buch zum Genuss machen. Da sind die riesigen Korkeichen in Südspanien, knorrig und verästelt, mit Moos und kleinen Farnen bewachsen, die etwas Märchenhaftes haben. Der Lorbeerwald von La Gomera, der so zauberhaft wirkt, dass man sofort an Feen, Elfen und Waldgeister glaubt. Oder der Laubwald im deutschen Nationalpark Sächsische Schweiz, der durch seine Farbenpracht berauscht und viele kleine Bewohner wie Salamander, Waldmaus und Ringelnatter eine Heimat gibt. All das lädt ein zum Abtauchen. Man hört und riecht förmlich die Wälder und ihre Bewohner.

Beide Autoren sind Mitglieder der Umweltorganisation Greenpeace und sie haben das, was eigentlich kaum noch vorhanden ist, unendlich schön, idyllisch und groß inszeniert. Eine schlaue Strategie, um dann trotzdem anhand zahlreicher Beispiele auf den Klimawandel und ökologische Zusammenhänge aufmerksam zu machen.

Da ist zum Beispiel einer dieser kleinen Resturwälder im Nationalpark Bayrischer Park, der "Höllbachgspreng", mit imposanten Fichten, deren Wurzeln sogar über Steine wachsen. Hier war die Natur so stark, dass ihr die Borkenkäfer, die in den 90er-Jahren zahlreiche Forstwälder in Deutschland vernichteten, nichts anhaben konnten. Natürliche Vielfalt schützt, lautet die Botschaft, Monokulturen sind dagegen anfälliger.

Allein schon deshalb gilt es diese Gebiete zu schützen. Denn auch als Rückzugsgebiet für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten seien nicht-bewirtschaftete Wälder überlebenswichtig. So leben an der Grenze zwischen Finnland und Russland heute wieder Braunbären und im Białowieża-Nationalpark nahe der polnisch-weißrussischen Grenze gibt es wieder Wisentherden - nachdem die Tiere Anfang des 20. Jahrhunderts in Europa noch als ausgerottet galten.

Eindringlich appellieren Markus Mauthe und Thomas Henningsen für den Erhalt dieser Flächen, denn die meisten bestehenden Naturwaldreservate seien zu klein und die letzten größeren in Osteuropa würden noch nicht unter Schutz stehen. Eine Europakarte im Anhang des Buches dokumentiert nüchtern den Verlust großer Waldgebiete. Weniger nüchtern sind allerdings die kurzen Texte, der mahnende Tonfall irritiert. Die Bilder allein haben genügend Schlagkraft, werben mit ihrer Schönheit für den Umweltschutz. Mehr hätte es da nicht gebraucht.

Zumal Baumkronen, Rinden, Blättern, Wurzelwerk und Tiere selten so schön dargestellt worden sind wie hier. Am liebsten möchte man aufspringen und selbst hinfahren zu Europas wilden Wäldern.

Besprochen von Susanne Nessler

Markus Mauthe / Thomas Henningsen: Europas wilde Wälder
Ein Buch von Greenpeace zur internationalen Kampagne zum Schutz der Wälder
Knesebeck, München 2011
192 Seiten, 39,95 Euro