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Bei seinem Amtsantritt 2017 reckte Donald Trump die rechte Faust in die Höhe. Der Kulturwissenschaftler Claus Leggewie sagt, diese Geste spiele eine große Rolle in Trumps Präsidentschaft. Das Symbol sei damit von der Linken zur Rechten gewandert.
In unserer Senderubrik "liest ein Bild" interpretieren wir Bilder. Fotografien haben die Kraft, zu Ikonen unserer Zeit zu werden. Sie rufen Erinnerungen aus unserem Bildgedächtnis ab und prägen unsere Wahrnehmung der Gegenwart. Wie bebildern wir Macht und Ohnmacht, wie werden politische Zugehörigkeit und einsame Positionen illustriert?
Zum Wahl-Krimi in den USA – oder ist es ein Königsdrama von Shakespeareschem Format? – lesen wir heute mit dem Kulturwissenschaftler Claus Leggewie eine vielsagende Fotografie von Patrick Semansky, die Donald Trump mit gereckter Faust bei seinem Amtsantritt als US-Präsident vor vier Jahren zeigt.
Es sei "eine Siegesgeste, die er sich wohl schon als Privatier und Geschäftsmann als Grußgeste zugelegt hatte", sagt Leggewie. Sie sollte dann zum politischen Symbol seiner Herrschaft werden – im Zusammenhang mit Drohungen gegen das Washingtoner Establishment, die er in seiner Antrittsrede aussprach.
Tatsächlich sei diese Faust immer wieder zu sehen gewesen: auf der Treppe der Airforce One, selbst im Senat, vor dem Kongress oder zuletzt auch auf dem Balkon des Weißen Hauses nach Trumps Genesung vom Coronavirus. "Das zeigte immer: Ich bin stark, ich bin bei euch und ‚Feinde des Volkes‘, wie er seine Gegner nennt, nehmt euch in Acht!"
Interessant sei, dass diese Geste in der politischen Ikonografie von einer Geste, die die Ohnmächtigen gegen die Mächtigen erhoben haben, die sich gegen Staaten und Autokraten richtete, nun von einem solchen selbst benutzt werde. Vertreter der Ohnmächtigen, das seien etwa die sozialistische, kommunistische Arbeiterbewegung, die Black Panther, die Epigonen der Studentenbewegung gewesen.
Bei diesem Symbol der Faust habe es eine Transformation gegeben von "der politischen Faust der Linken zu einem Machtsymbol der Rechten", so Leggewie. Auch etwa der Ku-Klux-Klan nutze "dieses rassistische Symbol". Leggewie erinnerte auch an die die "berühmte eiserne Faust, frei nach Götz von Berlichingen, die Handprothese". Das sei der Name einer Organisation völkischer Reichswehroffiziere gewesen und dann zum Symbol einer SS-Division geworden.
Trump möchte am 20. Januar 2021 wieder eine Antrittsrede halten, so Leggewie. Das könne er aber nur mit "der dann nicht mehr nur symbolischen Faust, indem er seinen Mob mobilisiert und indem er die Gerichte auf seine Seite bekäme." Er glaube nicht, dass das passieren werde, so Leggewie. "Aber das ist gewissermaßen das Drohszenario, das er jetzt entwickelt hat."
(sut/abr)
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