Bibelmuseum in Washington

Das "Buch der Bücher" landet im Zentrum der Macht

Das Deckenfresko "Die Erschaffung Adams" von Michelangelo Buonarroti in der sixtinischen Kapelle in Rom
Darf im Bibelmuseum in Washington natürlich nicht fehlen: Das Deckenfresko "Die Erschaffung Adams" von Michelangelo Buonarroti in der sixtinischen Kapelle in Rom © dpa / picture alliance / Uli Deck
David Trobisch im Gespräch mit Christine Watty · 17.11.2017
Heute wird in Washington das "Museum of the Bible" eröffnet. Sein Sammlungsleiter, der deutsche Theologe David Trobisch, will den Amerikanern das Buch und seine Wirkungsgeschichte näher bringen. Die Bibel werde in den USA wenig gelesen, aber allgemein als "moralische Richtschnur" empfunden.
40.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche hat das Museum of the Bible in Washington D.C., das am 17. November seine Tore öffnet. Angeblich 500 Millionen Dollar sollen für die spektakuläre Präsentation zur Verfügung gestanden haben. Das Geld kommt hauptsächlich von der konservativen Unternehmerfamilie Green aus Oklahoma.
Sammlungsleiter ist der in Heidelberg promovierte Theologe David Trobisch. Er möchte den Besuchern vor allem die vielfältige Wirkungsgeschichte der Bibel zeigen.
"Das Museum hat auch einen ganz großen Teil, bei dem wir uns mit der Wirkungsgeschichte beschäftigen: zum Beispiel auf die Kunst, Theater, Literatur, aber auch auf politische Einrichtungen wie Gefängnisse, Gefängnisseelsorge, aber auch Mode und mehr populäre Sachen."
In Amerika gebe es pro Haushalt im Schnitt 4,3 Bibeln – "aber sie werden nicht gelesen", beklagt Trobisch. Deshalb habe die amerikanische Bibelgesellschaft beschlossen, dass sie keine Bibeln mehr drucken möchte, sondern lieber Initiativen unterstützen will, die das Lesen der Bibel fördern.

Angst vor Einflussnahme auf die Tagespolitik

Andererseits gebe es in den USA Nachholbedarf bei vielen theologischen Diskussionen, die in Deutschland bereits im 19. Jahrhundert – zum Beispiel beim "Babel-Bibel-Streit" – geführt worden seien.
"Viele glauben einfach zum Beispiel, dass die Welt in sieben Tagen erschaffen worden ist. Das kann man sich in Deutschland jetzt nicht mehr so gut vorstellen."
Unumstritten ist das "Museum of the Bible" im Zentrum der US-Hauptstadt nicht, das hat auch David Trobisch wahrgenommen:
"Die Angst, dass sich die Bibel mit der Tagespolitik beschäftigen möchte und zum Beispiel Einfluss nehmen will ganz konkret auf Fragen der Homosexualität, wie das hier rechtlich behandelt wird, das kam schon sehr früh auf, noch bevor der erste Spatenstich gemacht worden ist. Ich glaube, das drückt sehr viel aus, wie die Bibel in Amerika empfunden wird in der Allgemeinheit, als so was wie eine moralische Richtschnur (...). Wir im Museum beschäftigen uns natürlich nicht mit diesen Fragen. Wir versuchen, für die Öffentlichkeit einen Rahmen zu schaffen, in dem man Sachen über die Bibel erfährt, die man innerhalb einer Glaubensgemeinschaft vielleicht nicht erfährt."
Das sei für Europäer nicht so furchtbar sensationell, "aber die Amerikaner haben jetzt schon mehrere Jahrhunderte eine ganz starke Trennung zwischen Staat und Kirche. Das hat sich so ausgewirkt, dass es fast keinen Unterricht über die Bibel gibt." Sogar sehr gut ausgebildete Leute, die ihr Leben lang in die Kirche gegangen seien, wüssten "oft nur ganz wenig von den Sachen, die man so kulturell vielleicht wissen sollte. Diese Lücke wollen wir füllen."
(cre)
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