BGH-Urteil gibt Kunsthalle Recht

Kein Schadensersatz für das "Mannheimer Loch"

07:45 Minuten
Als "Mannheimer Loch" bekannt gewordenes Kunstwerk "HHole"
Das als "Mannheimer Loch" bekannt gewordene Kunstwerk "HHole" bleibt verschwunden. © dpa / Ronald Wittek
Gerhard Pfennig im Gespräch mit Nicole Dittmer  · 21.02.2019
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Die Künstlerin Nathalie Braun Barends ist mit ihrer Klage gegen den Abbau ihrer Mannheimer Installation "HHole" gescheitert. Der Jurist Gerhard Pfennig entdeckt aber dennoch einen Fortschritt in dem BGH-Urteil.
Die Installation "HHole" von Nathalie Braun Barends galt einst als Aushängeschild der Kunsthalle Mannheim. Es war ein Werk aus Licht, Wasser, Erde und Gold, verbunden über kreisrunde Öffnungen über sieben Gebäudeebenen. Mittlerweile ist das "Mannheimer Loch" Vergangenheit, denn es fiel der Renovierung der Kunsthalle zum Opfer. Deshalb forderte die Künstlerin Schadensersatz. Aber der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat ihre Klage heute zurückgewiesen.

Kein Einspruch bei Zerstörung

Das Urheberecht sei manchmal kurios, sagte der Jurist und Sprecher der "Initiative Urheberrecht", Gerhard Pfennig, im Deutschlandfunk Kultur. Künstler hätten zwar das Recht bei einer Veränderung ihres Kunstwerkes oder einer Entstellung zu widersprechen und das verbieten zu lassen. Werde aber das ganze Kunstwerk zerstört, habe der Urheber nach der Gesetzeslage und der geltenden Rechtsprechung keine Möglichkeit, dagegen Einspruch einzulegen.
Die Künstlerin Nathalie Braun Barends
Die Künstlerin Nathalie Braun Barends© dpa / picture alliance / Uli Deck
"Es gibt in diesem BGH-Urteil einen Lichtblick", hob Pfennig aber eine Neuerung hervor. Da das Grundrecht auf Eigentum und das Grundrecht auf Kunstfreiheit konkurrierten, müsse nach Urteil der Richter auf jeden Fall eine Interessenabwägung erfolgen. Das sei bisher in der Rechtsprechung so nicht vorgekommen. "Bisher hat man gesagt, wenn es spurenlos vernichtet ist, kann der Künstler oder die Künstlerin gar nichts machen."

Schrottplatz-Urteil

Es habe einen bekannten Fall gegeben, bei dem ein Bürgermeister versprochen habe, ein Kunstwerk zu entfernen, um die Kommunalwahl zu gewinnen. Er habe die Stahlplastik auf einen Schrottplatz gebracht. Der Künstler habe geklagt, weil er dadurch seine Persönlichkeitsrechte beeinträchtigt und sein Kunstwerk entstellt sah. Das Gericht habe ihm Recht gegeben, weil das Werk diskrimierend aufbewahrt worden sei. Aber bei der völligen Zerstörung eines Kunstwerkes habe es bisher keine Möglichkeit gegeben, etwas zu tun.
Im Fall des Mannheimer Lochs hätten die Richter gesagt, dass eine Kunsthalle das Recht haben müsse, Kunstwerke wegzuräumen und andere hinzustellen. Sie könnten nicht gezwungen werden, ein Kunstwerk ewig aufzubewahren. "Das ist für die Künstler schmerzlich", sagte Pfennig. "Ich will mir diese Rechtsprechung nicht zu eigen machen." Aber es sei eine nachvollziehbare Regelung. Allerdings drehe es ihm das Herz um.

Stärkere Abwägung nötig

Über die Gefahr politischer Einflussnahme sagte der Jurist, dass es leider oft genug Fälle gebe, bei denen sich gerade im städtischen Raum die Meinungen änderten oder es Einwände von Bürgern gegen Kunstwerke gebe. Da müsse in Zukunft stärker abgewogen werde und dafür sei das BGH-Urteil hilfreich. Gemeinden könnten in bestimmten Fällen vielleicht nicht mehr so leicht durchkommen. "Da wird man das Interesse der Öffentlichkeit an der Erhaltung des Kunstwerkes womöglich dann in den Vordergrund stellen."
Eine große Hilfe wäre es, wenn sich die Denkmalpflege da stärker einschalten würde, sagte Pfennig. Auch ein modernes Kunstwerk könne für den Stadtraum so wichtig sein, dass es unter Denkmalschutz gestellt werde. Dann wäre manchen Kommunalpolitikern die Hände gebunden. "Aber die Denkmalpflege traut sich gegenwärtig, jedenfalls in den meisten Fällen, an den Schutz zeitgenössischer Kunstwerke nicht heran." Da müsse man noch Diskussionen auslösen.
(gem)
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