Beyoncés neues Album

Zwischen Kommerz und Protest

06:54 Minuten
Beyoncé ist auf einem Screenshot während der BET Awards 2020 zu sehen. Die 20. jährliche Verleihung der BET Awards, die am 28. Juni 2020 stattfand, wurde aufgrund von Beschränkungen gegen die Verbreitung von COVID-19 digital abgehalten.
Beyoncés neues Album, "Black Is King", erscheint zusammen mit einem dazugehörigen Film. © Getty Images / BET Awards 2020
Daniel C. Schmidt im Gespräch mit Stephan Karkowsky · 31.07.2020
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"Black Is King": Beyoncés neues visuelles Album scheint perfekt zur aufgeladenen Stimmung in den USA zu passen. Der Titel klingt wie ein Kommentar zur Bewegung "Black Lives Matter" und zeigt, wie politisch die Pop-Queen ist.
Das neue Album der US-Künstlerin Beyoncé und der dazugehörige Film "Black Is King" erscheinen heute. Der kommerzielle Erfolg des Superstars dürfte vorprogrammiert sein. Doch wie viel politischer Protest steckt in Queen Bey und was ist womöglich nur Pose?
In erster Linie sei sie Künstlerin, meint der Autor und Reporter Daniel C. Schmidt ("This Is America"). Als solche habe sie den Anspruch, sich jenseits der Pop-Nische politisch zu äußern - über ihre Kunst. Beyoncé nutze ihre Texte und ihre Optik, um den Diskurs voranzutreiben und die Menschen auf Herausforderungen aufmerksam zu machen, denen Afroamerikaner gegenüberstehen.

Beyoncé aus gleichem Viertel wie George Floyd

Auch zum Tod des Afroamerikaners George Floyd und der daraus wiedererstarkten Bewegung "Black Lives Matter" habe sie sich in einem längeren Post geäußert, so Schmidt. Beyoncé komme aus dem gleichen Viertel in Minneapolis wie Floyd, der am 25. Mai durch Polizeigewalt getötet wurde.
Ihr visuelles Album "Black Is King" solle die "alte Disney-Geschichte" vom "König der Löwen" adaptieren, allerdings in einem "weiter gefassten Kontext aus afrikanischer Geschichte, Kunst und Kultur". Es habe allerdings bereits an dem Trailer des Films die Kritik gegeben, dass die Bilder eine "sehr weiße stereotype Sichtweise auf Afrika bieten, mit Männern mit freien Oberkörpern, Kindern mit Kreide im Gesicht, herumlaufenden Tieren und solchen Dingen".

Ikonische Bilder afrikanischer Künstler

Die Kulturjournalistin Ann Mbuti sieht in "Black Is King" weniger einen Film als eine Aneinanderreihung von Musikvideos, die jeweils einer "ganz eigenen, unterschiedlichen Ästhetik" folgen.
Filmisch finde ein Wechsel statt von klassischen Elementen, die man aus amerikanischen Hip-Hop-Videos kenne, und "sehr eindrücklichen sphärischen Shots von afrikanischen Landschaften", sagt Mbuti. Auch ikonische Bilder afrikanischer Künstler würden aufgegriffen – etwa des senegalesischen Fotografen Omar Diop – und im Film nachgestellt.
"Es ist ja auch nichts Neues, dass Beyoncé referenzreiche Videos herausbringt", so die Kulturjournalistin unter Verweis auf das ikonisch gewordene Bild von Beyoncé und ihrem Ehemann Jay-Z vor der Mona Lisa im Pariser Louvre, "wo sie ganz klar auch diese Geste einer 'Überschreibung' des klassischen Kunstkontexts hatten, von diesem eher weiß geprägten Narrativ, wo sie sich dann so selbstbewusst inszeniert haben und eine andere Art von Kunstgeschichtsschreibung in den Raum stellen".

Die Grenze von Schönheit als politischer Kategorie

Für den Musikjournalisten Fabian Wolff steht fest: Jeder andere Star wäre für einen Satz wie "Dieses Album ist ein Liebesbrief an Afrika" ausgelacht worden. Vermutlich liege ihr der Kontinent, durch den sie selbst bislang keine Konzertreisen gemacht habe, tatsächlich am Herzen. Doch auch Beyoncé müsse sich die eine oder andere Kritik anhören – etwa dass sie für den Film eher mit einer Ostafrika-Ästhetik arbeite, während doch die meisten vertretenene Gastmusiker aus Nigeria, Ghana oder Südafrika stammten.
"Der Film fängt auf jeden Fall ein, wofür Beyoncé 2020 steht – im guten wie im weniger guten Sinne. Musikalisch ist das Projekt bis auf ein, zwei platte Balladen sehr gut. Ihre Gäste bringen so eine kantige Dynamik in die Musik, die der sonst immer sehr perfektionistischen Beyoncé eigentlich eher abgeht", sagt Wolff. Die Bilder und die Choreografie seien außergewöhnlich, grenzten jedoch teilweise an Kitsch. Und die Botschaften – wie etwa die von der Schönheit der "Blackness" – wirkten dann am stärksten, wenn sie gar nicht deutlich ausgeprochen würden.
Insgesamt zeige der Film eher ein Afrika, wie es sich afroamerikanische Künstler in Comics wie "Black Panther" herbeifantasierten. Das habe eher wenig mit der Realität auf dem Kontinent zu tun, sagt Wolff und resümiert: "Ungewollt zeigt der Film eigentlich die Grenzen von Schönheit als politischer Kategorie auf."
(bth/uko/mkn)
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