Besuch im Berliner Futurium

Wie der siebenjährige Hugo sich die Zukunft vorstellt

05:12 Minuten
Ein Junge steht vor einer gelben Wand und klebt Punkte auf die Bilder eines Autos oder ein Flugzeugs.
Worauf könntest du am ehesten verzichten? Hugo macht im Futurium den Konsumtest. © Christina Rubarth
Von Christina Rubarth · 14.07.2020
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Nach der Eröffnung im September letzten Jahres kamen über eine halbe Million Besucher ins Berliner Futurium. Dann kam Corona. Seit Mai ist die Zukunfts-Schau wieder geöffnet. Ein Besuch mit dem siebenjährigen Hugo.
"Hallo Menschlein, willkommen in der Ausstellung, nimm dir ein Armband und leg es an."
Das Menschlein heißt Hugo, ist sieben Jahre alt und trägt ein FC Basel-Trikot. Der Roboter vor ihm ist Pepper, ein weiß-glänzender, humanoider Roboter mit großen leuchtenden Augen und Armen.
"Cool ... das ist ein cooler Roboter."
Beine hat Pepper nicht, dafür ein Tablet vor dem Bauch, auf dem Bilder aufflackern.
"In der Ausstellung entdeckst du Szenen aus der Zukunft. Am Ende gehst du mit deinem Armband zur Zukunftsmaschine und erhältst dein Zukunftsbild. Und jetzt geht´s los in die Ausstellung, beginne da vorne."
Hugo ruckelt seine Maske über Mund und Nase zurecht, zurrt das kleine schwarze Armband – versehen mit einem silberfarbenen Plättchen – am Handgelenk fest und stapft los.
Vor ihm poppen Sätze auf einer schwarzen, gläsernen Wand auf: In welcher Zukunft will ich leben? Hat mein Müll ein zweites Leben verdient? Wird mein Roboter mit mir alt?
Wie stellt sich Hugo seine Zukunft vor? Wir machen uns gemeinsam auf die Suche nach Antworten.

"Einen Roboter würde ich auch gerne haben"

"Also wenn ich jetzt schon Kinder kriegen würde, dann würde ich nur ein Kind machen. Ich will´s halt nicht so anstrengend haben."
Ich merke schon, er denkt eher privat und praktisch. Das Leben zu Hause mit zwei kleineren Schwestern schlaucht ihn offenbar.
Eingang des Futuriums in Berlin.
Futurium in Berlin: sprechende Kühlschränke und innovative Mobilitätskonzepte.© picture alliance / imageBROKER / Jürgen Henkelmann
An den beleuchteten Fragen vorbei lugt Hugo um die Ecke, nähert sich drei Robotern, die auf einem Podest stehen und sich unterhalten – über ihre Arbeit für die Spezies Mensch.
"Ich habe einen wirklich anstrengenden Servicetag hinter mir, weißt du? Sämtliche Smart-Home-Funktionen gecheckt, den Rasenmäher Gassi geführt und den Dackel aufgeladen – nein andersrum – siehst du, ich bin schon ganz durcheinander."
"Einen Roboter würde ich auch gerne haben ... weil man dann nicht arbeiten muss", sagt Hugo.

Lieber keine Tiere auf der Dachterrasse

An dem Podest mit den Robotern vorbei nähert Hugo sich dem Bereich "Natur". Aus dünnen Spanplatten und Gelenken aus Metall stehen dort riesige, meterhohe Skulpturen, die abstrakt an Bäume oder Blumen erinnern.
Am Fuße der Skulpturen: Zeichnungen von Landschaften und Orten, wie sie mal aussehen könnten, begrünte Dächer. Hugo beugt sich darüber:
"Das sind so Hochhäuser, ein normales Haus, Bäume auf dem Dach, unter dem sind auch noch Bäume, ein Aufzug mit Schafen und drei Leuten ... und 16 Schafe sind auf der Wiese."
Würdest du so leben wollen? Fragt eine Tafel neben dem Bild. Ganz klar für Hugo: zu viel Mix aus Mensch und Tier. Er drückt auf seinem Armband auf Antwort 2, die leuchtet kurz auf, ist dann abgespeichert auf seinem Chip: "Den Schafskäse nehme ich gern, aber die eigene Dachterrasse nutze ich lieber zum Sonnenbaden."

Hugo wohnt in der "gemäßigten Wurstzone"

Ein paar Meter weiter: das Thema Konsum. Der Siebenjährige öffnet einen Kühlschrank. Der Inhalt fängt an zu sprechen:
"Bischt du neu da, Kollegin Wießwin?"
"Ich komme aus California und diene nicht zum Runterspülen von Bergkäse."
"Oje - neun Stunden Zeitverschiebung."
Die Lebensmittel, die wir essen, jetten aus der ganzen Welt zu uns. Anregung zum Nachdenken. In einem nach oben offenen Raum kann Hugo testen, was für ein Konsummensch er ist – und was er ändern will.
"Wie oft isst du Fleisch?"
"Sehr wenig.", sagt Hugo.
"Das heißt: Du wohnst in der gemäßigten Wurstzone."
Sein Ergebnis: "In deiner Brust schlagen zwei Verbraucherherzen: Sparfuchs und Lebemensch."

Zukunftstyp "Naturkind"

Einen gelben Klebepunkt soll er sich nehmen und auf einer großen Wand mit Bildern markieren, worauf er am ehesten verzichten könnte, in seiner persönlichen Zukunft.
"Ist hier irgendwo ein Auto oder so?"
"Hier oben."
"Da sind ja schon richtig viele Kleber."
Hugo will mehr Fahrrad fahren, sagt er, ohne Strom und ohne Abgase. Er greift nach einem weiteren Sticker, streckt sich vor der Wand, klebt ihn auf ein Flugzeug.
Eine Etage höher: Zeit für die Auflösung in der Zeitmaschine, was für ein Zukunftstyp ist der Siebenjährige? Hugo lässt sein Armband in eine Mulde fallen. Sein Chip wird ausgelesen und ein kleiner Zettel kommt heraus: "Dein Zukunftstyp: Du bist ein Naturkind."
Hugos Zukunft sieht also so aus: Nur ein Kind will er haben, dazu gerne einen Roboter, der ihm Arbeit abnimmt – und er wünscht sich eine Welt, in der weniger geflogen wird, weniger Autos auf den Straßen unterwegs sind.
Das sind jetzt nicht die visionärsten Zukunftsideen - dafür aber klein und praktisch.
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