"Best of Berlin"

Von Jürgen Stratmann · 12.04.2005
Angeregt durch den Erfolg der MoMa lautet "Best of Berlin" die Idee für eine Superschau, in der herausragende Werke der Berliner Museen gezeigt werden. Der Unternehmensberater Werner Plötz und Gründer der Initiative "Das innovative Berlin" erdachte dafür ein Konzept: eine virtuelle Ausstellung, in der Meisterwerke nicht nur aus Berlin, sondern gleich aus der ganzen Welt gezeigt werden sollen.
Die Sahnestückchen der Weltkultur unter einem Dach, ein Musentempel im Bürokomplex, vis-á-vis der Museumsinsel, ein Pantheon auf vier Etagen ... -

Werner Plötz: " Berliner Highlights in der ersten Etage, in der zweiten deutsche Highlights, in der dritten europäische Highlights, in der vierten Highlights aus der ganzen Welt. "

"Mona Lisa" und "Nofretete", der "Mann mit dem Goldhelm" und der "Berliner Goldhut", Dürers Allegorien und Warhols Suppendosen, alles auf knapp zweieinhalbtausend Quadratmetern, komm'Se näher, komm'Se ran - einmal Zahlen – zig- mal Staunen...

" Die beste Kunst der Welt zusammenzuführen ist natürlich wunderbar, das sind gute Ideen, man kann sehr viel noch für die Museen tun, wir ha'm nur neun Millionen Besucher in Berlin, wir haben nur über 180 Museen, und allein daraus die Hauptwerke zusammenzuführen in einem informativem Kontext, würde sicherlich Sinn machen, die Frage ist, welcher Gedanke dahinter steckt, ob es ein aufklärerischer ist, oder ein sensationeller."

... meint Jochen Boberg, als Direktor des Museumspädagogischen Dienstes in Berlin mitverantwortlich für die halbjährlich wiederkehrende "Lange Nacht Der Museen", ein Spezialist in Sachen "Wie-bring-ich-die-Leute-von-der-Straße-zur-Kunst".
Werner Plötz will nicht die Sensation. Er hat eine Mission:
" Seitdem ich mich ein bisschen mit Kunst beschäftige, bin ich wirklich auch ein anderer Mensch geworden, ich hab' mehr Freude, man kriegt mehr Kreativität, man hat mehr Spaß mit Menschen, sich über solche Dinge zu unterhalten, als jetzt nur fachspezifisch."

Und diese Freude will er weitergeben, denn ....
" ... da gab's ja die Untersuchung, die ich persönlich durchgeführt habe, die sich deckte mit der Untersuchung, die die Staatlichen Museen durchgeführt haben. Jeden, den ich so kannte, hab ich gefragt: Wie viel wichtige Exponate in Berlin kennt ihr denn? Und das Ergebnis war wirklich zwischen 3 und 5! Die fangen also an: die Nofretete, dann Pergamon – Altar, und dann fangen sie schon an zu stottern..."

Wir haben das überprüft. Ergebnis: die Plötz'sche Erhebung ist zu optimistisch. Das Stottern beginnt wesentlich früher:

" ...Kunstwerke?...in Berlin?...weeß ick jetzt nich...Nofre, Nofre... - tete? ….Nofretete, dat wär mir jetzt auch eingefallen…...steht die noch hier?... mein Jott, det kann ick ihnen jetzt nich sagen."

Boberg: " Wenn gesagt wird: Wer kennt schon die Kunstwerke in Berlin, dann sag ich immer: "Gehen Sie auf den Breitscheidplatz und fragen, wer ist der Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, und wenn Sie Hundert fragen, dann haben Sie vielleicht zwei richtige Antworten, und so ähnlich ist es mit der Kunst auch. Das man da was tun muss - Okay!"

Und man tut etwas, die MoMa hat gezeigt, wie's geht. Trotzdem, man könne einiges besser machen ...

Plötz: " Das is 'n tolles Marketing gewesen, aber ich behaupte ja, dass die Leute, die da drin war'n, zu wenig verstanden haben; da möchte ' ich eigentlich helfen, dass die Leute 'n bisschen mehr verstehen davon und deswegen noch mehr Spaß daran haben.
Im normalen Museumsbesuch setzt das unglaublich viel Wissen voraus. "

Werner Plötz setzt gar keine Kenntnisse voraus, er selbst sei kein Kunstkenner, sondern Kunstinteressierter.

" Bin eigentlich von Hause aus Kontroller und musste für 'n Vorstand immer berichten, und die ha'm dann immer gesagt: Bitte Herr Plötz, jetzt bitte nicht 20 bis 30 Seiten, sondern auf einer Seite oder auf einer Doppelseite, da müssen sie das unterkriegen ..."

... und genau so vermittelt er Kunstwissen:

" ... das sind sozusagen Vorstandsvorlagen: "

Die pädagogische Strategie des Werner Plötz sieht ein Zwei-Stufen-Modell vor: im nächsten Jahr die Ausstellungseröffnung, passend zur WM, aber vorher wird eine Text-und Bildsammlung erscheinen, Auflage: 1 Million! - in der zu jedem der aufgeführten Werke eine kleine Geschichte erzählt wird.

Plötz: " Ich kann Ihnen mal eine Geschichte erzählen, die noch gar nicht fertig ist: Da hat der Kokoschka im Springerhaus ein Bild gemalt, und zwar hat er rausjekuckt und was er gesehn hat, gemalt. Nun hab ich gerade mit Herrn Tamm, dem Ex-Vorstand von Springer gesprochen, der sagt, na ja, er hat den damals betreut, und bevor der anfing zu malen, hat der eine Flasche, 'ne ganze Flasche Whiskey ausgetrunken, und da konnte er kaum noch was erkennen. Und da hat er ma gefragt, was is das da unten für'n Fluss, und da war das 'ne Straße, und da hat er 'ne Maltechnik entwickelt, im späten Alter, wo das alles so'n bisschen verschwommen is, das hat sicherlich sein Malstil so'n bisschen mit beeinflusst. Und wenn man so eine Geschichte weiß, dann merkt man sich das, dann hat man eine Beziehung zum Bild."

Der Titel des Druckwerks: Highlights der Weltkultur

Boberg: " Ein kleines Problem hab ich immer noch: Wenn man sagt Highlights, Top-Werke. Wir ham in Berlin 'ne Politik betrieben zu sagen, die Vielfalt, die Detailliertheit, die Kleinigkeiten des Lebens, wären das, was das Spektrum so lustvoll machen würden, und wenn man jetzt Highlights, und dann auch noch der Welt, zusammenzieht, befürchte ich, dass der schöne Gedanke, der die Intimität, das Individuelle noch mitträgt in den Bereich der Kunst hinein, dass das verloren ginge."
Dabei werben auch die staatlichen Ausstellungsmacher mit Highlights. Wie gesagt:

Umfrage: " Die Nofretete, die is ja gerade auf die Museumsinsel, ..."

Ist sie nicht, sagt Matthias Henkel, Pressesprecher der Staatlichen Museen zu Berlin: denn ...

" ... wir haben eben als Zwischenstop das Kulturforum auserkoren um mit diesem Identifikationsobjekt zusätzliches Publikum ans Kulturforum zu ziehen, und die Besucherzahlen zeigen sehr deutlich, dass das ein wunderbares und effektvolles Konzept ist."

Der Unterschied: die Nofretete ist echt – Herr Plötz muss sich behelfen, denn Originale wird er wohl nicht bekommen ...

Plötz: " Da werden wir alle Multi- Media- Techniken einsetzen, alles, Bildschirme, sie haben eine 360 ° Leinwand da, sie haben 3-D- Darstellungen, Holographie, und dann sprechen wir mit solchen Leuten wie André Heller, um das wirklich attraktiv zu machen. "

Henkel: " Man muss sich natürlich bei all dem fragen, was die Kernkompetenz von Museen ist, und Museen sind Orte der Originale, das ist das in unserer medialisierten Welt das, was die Museen wirklich auszeichnet, nämlich die Begegnung mit den Originalen. "

...eben, und genau dahin möchte Werner Plötz sein Publikum ja bringen...

Plötz: " Den Leuten soll Appetit gemacht werden, sich auch die Originale anzusehen. Vielleicht werden wir sogar 'n Shuttle- Bus einsetzen, der die wichtigsten Museen dann ansteuert, und da könnten doch eigentlich die Museumsdirektoren nichts dagegen haben..."
..
Haben sie grundsätzlich auch nicht....

Henkel: " Berlin ist ein Standort für Kultur, und jeder, der sich für die Kultur engagiert, ist ein potentieller Ansprechpartner für uns."

Boberg: " … wir brauchen heute mehr denn je zuvor die Interessiertheit, das is'n pädagischer Auftrag, und dafür zahlen wir Unmengen Geld, und wenn ein Geschäftsmann nun dahin geht und sagt, das kann man besser machen, meine ich sogar, das ich als öffentliche Einrichtung aufgefordert bin, mit ihm zusammenzuarbeiten. "

Das meint Werner Plötz auch:
" Es wird hier in Berlin realisiert werden, denn ich glaube, dass der Herr Köhler die Museumsdirektoren schon überzeugen wird."