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Gefechte in der Ostukraine
Kein Durchkommen zur MH17-Absturzstelle

Das OSZE-Team in der Ukraine hat die für Sonntag geplante Besichtigung der Absturzstelle des malaysischen Flugzeugs im Osten des Landes abgesagt. Grund sind neue Kämpfe zwischen pro-russischen Separatisten und der ukrainischen Armee in der Nähe der Unglücksstelle. Dabei gab es viele Tote.

Von Sabine Adler | 27.07.2014
    Ukrainische Sicherheitsbeamte an der Absturzstelle.
    Ukrainische Sicherheitsbeamte an der Absturzstelle. (DOMINIQUE FAGET / AFP)
    13 Tote haben die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen ukrainischen Verbänden und prorussischen Milizen heute im Gorlowkje gefordert. In dem Ort unweit der Millionenstadt Donezk hat die ukrainische Luftwaffe das Gebäude bombardiert, in dem sie einen Stab der Separatisten vermutete. Ein ukrainischer Armeesprecher bezichtigte die Separatisten, das Stadtzentrum von Gorlowkje mit Granaten beschossen zu haben. Die Regierungstruppen haben die Stadt nach eigenen Aussagen abgeriegelt.
    Schüsse in Lugansk
    In Lugansk, wo über 400.000 Menschen leben, sind seit Freitag neun Zivilisten getötet und 29 meist durch Schüsse verletzt worden. Am Abend wurde gemeldet, dass ein Bus unter Feuer genommen wurde, vier Passagiere starben, drei wurden verletzt. Im gesamten Bezirk ist die Stromversorgung zusammengebrochen. Die Bewohner hoffen, dass ein Stromproduzent wie angekündigt wenigstens stundenweise Energie liefert.
    Neun Bergwerke haben die Kohleförderung eingestellt, die ohne Energieversorgung nicht mehr sicher ist. Zwei Hochspannungsleitungen sind durch die Kämpfe beschädigt worden, 3.000 Bergleute unter Tage mussten daraufhin die Schächte verlassen beziehungsweise dürfen nicht hinunter. Vor gut zwei Wochen hatten bereits vier Gruben wegen der bewaffneten Auseinandersetzungen in unmittelbarer Nähe die Arbeit eingestellt. Ein Bus mit Bergleuten war in die Luft gesprengt worden, ein anderer wurde beschossen. Derzeit steht die Kohleförderung damit im gesamten Lugansker Gebiet still.
    Heftige Kämpfe in Donezk
    In der Nähe des Donezker Flughafens wird geschossen. In etlichen Wohngebieten ist die Energieversorgung ausgefallen, die Wasserversorgung ist seit Wochen immer wieder unterbrochen. Die Bahn fährt nicht mehr, nur mit sogenannten Marschroutkas, Sammeltaxen, kann man die Stadt verlassen. Der Sprecher der Armee, Andrej Lisenko, meldet vier Tote und 20 verletzte Soldaten, als er über die Verluste seitens der Regierungstruppen informierte. Wegen der heftigen Kämpfe gelang es dem internationalen Bergungsteams heute nicht, in das Absturzgebiet der Boeing 777 vorzudringen.
    Trauer um Krementschugs Bürgermeister
    In Krementschug, wo gestern der Bürgermeister erschossen worden ist, legten viele Bürger am Tatort Blumen nieder. Oleg Babajew soll am Dienstag beigesetzt werden.
    "Es ist so traurig, dass man so jemanden tötet. Das war so ein junger und energiegeladener Mann. Er hat so viel für unsere Stadt getan. Wir beerdigen ihn wie einen nahen Verwandten."
    Warum der Bürgermeister Oleg Babajew, der gerade in seinen Mercedes S 500 steigen wollte, getötet wurde, ist unklar. Er soll gute Chancen gehabt haben, demnächst Gouverneur der Region zu werden.
    Der russische Radiosender "Stimme Russlands" meldet, dass gestern Abend 40 ukrainische Soldaten übergelaufen sein sollen und sich jetzt auf russischem Territorium befinden. Quelle soll der Inlandsgeheimdienst FSB sein. Dessen Sprecher der Grenzverwaltung im Gebiet Rostow zufolge haben die Soldaten Samstagabend ihre Militäreinheit verlassen und sind an der ukrainischen Grenzstelle "Iswarino" aufgetaucht. Sie wollten Hilfe von den "Volkswehrleuten", so bezeichnet Russland die ukrainischen Separatisten. Grund für die angebliche Fahnenflucht sei, dass sie nicht gegen das eigene Volk kämpfen wollen.