Bernd Schlipphak über die "Mitte"-Studie

Status-Angst als Treiber für Rechtspopulismus

07:06 Minuten
Demo rechtsextremer Aktivisten unter dem Motto "Michel, wach’ endlich auf" in Hamburg.
Rechte Demo in Hamburg: Wer sich unsicher fühlt, neigt zu einfachen Antworten. © Imago / Jannis
Bernd Schlipphak im Gespräch mit Axel Rahmlow · 25.04.2019
Audio herunterladen
"Knapp die Hälfte der Deutschen glaubt an Verschwörungstheorien" - das ist eine der Schlagzeilen, für die die neue "Mitte"-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung sorgte. Der Sozialforscher Bernd Schlipphak allerdings warnt, voreilige Schlüsse zu ziehen.
Die gerade veröffentlichte "Mitte"-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung sagt: Rechte Einstellungen sind in der Gesellschaft anhaltend weit verbreitet, die gesellschaftliche "Mitte" verliert ihren festen Boden und ihre demokratische Orientierung. Das Fazit lautet zusammengefasst: Fast alle sind für Menschenwürde, fast alle sind für Demokratie - aber die Hälfte der Befragten hat menschenfeindliche Einstellungen. Die Forscher sprechen hier nun von der "verlorenen Mitte".
Für den Sozialforscher Bernd Schlipphak liegt eine der Erklärungen darin, dass der Diskurs über Migration und Asyl in der jüngeren Vergangenheit "durchweg kritischer wurde". Hinzu komme der Fakt, dass es vor allem Menschen mit weniger Bildung aber auch aus den mittleren Einkommensschichten seien, die hier sehr skeptische Ansichten verträten: "Leute, die Angst um ihren Status haben."

Einstellungen abhängig von kurzfristig änderbaren Faktoren

Allerdings könne man aus der Studie auch ablesen, dass es nicht unbedingt "ein tiefgründigeres autoritäres Denken per se gibt, sondern dass das auch abhängig ist von wirtschaftlichen und politischen Kontexten, von der Kommunikation in den Medien und durch politische Akteure und von der tatsächlichen Wahrnehmung der Situation", sagte der Sozialforscher im Deutschlandfunk Kultur.
Dies bedeute, dass diese Einstellungen und Wahrnehmungen auch von Faktoren abhängig seien, die sich kurzfristig änderten und ändern ließen. Positiv müsse zudem betont werden, dass sich die Einstellungen gegenüber Transsexuellen oder Arbeitslosen in den vergangenen Jahren verbessert hätten.

Für manche Befragungswerte kaum Vergleichsdaten

Die Feststellung der Studie, wonach rund die Hälfte der Befragten daran glaubt, dass geheime Organisationen politische Entscheidungen beeinflussen, ist Schlipphak zufolge mit Vorsicht zu genießen. Zu Verschwörungstheorien habe es bislang nur wenige verlässliche Befragungen gegeben.
"Was wir aber haben, sind Befragungswerte aus den USA, und dort finden wir genau solche Prozentzahlen", sagte Schlipphak. "Daher fällt das jetzt für Deutschland gar nicht so sehr aus dem Rahmen." Nun müsse man allerdings noch ermitteln, wie verallgemeinerbar die Umfragewerte seien.
(sru)
Mehr zum Thema