Berliner "Museum der Moderne"

Auf der Suche nach einem Geniestreich

Besucher gehen in Berlin in die Gemäldegalerie am Kulturforum.
Die Gemäldegalerie am Kulturforum © picture alliance / dpa / Maurizio Gambarini
Von Andreas Baum · 03.12.2015
Das Museum der Moderne, das am Potsdamer Platz entstehen soll, soll Unmögliches leisten: Es soll den ganzen grandios misslungenen Platz heilen. Nun soll ein Ideenwettbewerb helfen - doch dass der Gewinner-Entwurf gebaut wird, heißt das noch lange nicht.
Wer heute das Berliner Kulturforum besuchen will, dem kann es leicht passieren, dass er es auf Anhieb gar nicht findet. An der von den Berliner Verkehrsbetrieben so benannten Haltestelle steht der Besucher am Rand einer vierspurigen Straße, um ihn herum eine zugige Brache, hohe Bauten am Horizont, aus dem Schotter eines seltsam menschenleeren, mit wuchtigen Granit-Kunstwerken bestückten Platzes sprießt Spontanvegetation. Am Himmel kreisen Krähenschwärme. Der einzige auf den ersten Blick von Menschen genutzte Ort ist der kleine Imbiss-Kiosk "Chez Ahmed": eine Veranda aus Holz, Bambusmatten, Knöterich, auf der Karte Döner Kebab und Currywurst, Berliner Buletten und Krautsalat.
"Es ist eine Ansammlung an Kulturarchiven, an Wissensarchiven, Kultureinrichtungen, mit Philharmonie, mit Museen, mit der Staatsbibliothek, Iberoamerikanisches Institut, wenn man ein Stück weitergeht, Berlinale, Kinemathek – also das ist ja unglaublich. Das ist wirklich eine zweite Museumsinsel", ...
...sagt Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die für die Nutzung der Gebäude am Kulturforum zuständig ist.
"Das Problem ist einfach: Wo ist da ein Restaurant, wo man nach dem Museumsbesuch, nach der Philharmonie noch hingehen möchte? Wo ist ein Café, wo man im Sommer heraußen sitzt, wo Atmosphäre entsteht? Und das ist glaube ich, was dem Platz natürlich total fehlt."
Über einen Umstand sind sich alle einig, die am Bau des Museums der Moderne beteiligt sind oder mitreden wollen, der Bund, das Land Berlin, Architekten, Stadtplaner und ihre Kritiker, Konservative und Linke: Das Nebeneinander moderner Kulturbauten, die sich hier aufeinander beziehen sollen, ist nie zu Ende gedacht worden. Jeder Versuch eines Lückenschlusses brachte neue Probleme.
Schon 2021 soll das Museum der Moderne eröffnet werden
Vier architektonische Riesenobjekte sind es vor allem: Die Neue Nationalgalerie von Ludwig Mies van der Rohe, klar und reduziert in ihrer Form, ein Pilgerort für Anhänger der modernen Architektur. Ihr gegenüber: die im Vergleich dazu verspielt wirkende Philharmonie mit ihrem Nebenbau, dem Kammermusiksaal des legendären Hans Scharoun, der mit seiner organischen Architektur Stadtlandschaften schaffen wollte. Von ihm stammt auch die gigantische Staatsbibliothek, die an ein aufgeschlagenes Buch erinnern soll, die aber durch die sechsspurige Potsdamer Straße von den anderen Bauten getrennt ist. Und, am westlichen Rand, die Berliner Gemäldegalerie, auf einem steil ansteigenden Hügel, der so genannten Piazzetta, die es jedem Besucher zusätzlich schwer macht, sie zu besuchen.
"Wir stehen hier nicht nur auf einem Hügel, sondern auf dem Dach einer Tiefgarage, die allerdings als Tiefgarage gar nicht genutzt wird, sondern als Depotraum für die Museen, so dass also die ganze Verkehrserschließung dieses Bereiches aufs Auto abgestellt war, was heute natürlich kein Mensch mehr will, insofern gäbe es Anknüpfungspunkte, das zu verändern, allerdings sollte es so geschehen, dass es Scharoun und Mies van der Rohe auch gerecht wird."
Thomas Flierl, von 2002 bis 2006 Jahre Kultursenator der Stadt Berlin. Auch unter seiner Ägide wurde bereits zäh um die Zukunft des Kulturforums gerungen - ohne Ergebnis. Weshalb das sogenannte Museum der Moderne, das nun hier entstehen soll, zwischen Nationalgalerie und Philharmonie, Unwahrscheinliches zu leisten hat: Es soll den ganzen, grandios misslungenen Platz heilen. Ein Neubau für 200 Millionen Euro, vom Bund finanziert, der endlich Raum schafft für die vielen öffentlichen Kunst-Bestände zur Klassischen Moderne und mehrere Privatsammlungen, die heute aus Platzmangel nicht gezeigt werden können. 2021, sagen Optimisten wie Hermann Parzinger, kann das Museum der Moderne eröffnet werden.
"Es ist für uns natürlich ganz wichtig, dass nach der Sanierung von Mies van der Rohes Neuer Nationalgalerie, was ja wirklich einer der Hauptbauten der Museumsarchitektur der Moderne ist, und dann die Philharmonie von Scharoun, das sind wirklich so Inkunabeln der Architektur des 20. Jahrhunderts, da ein Gebäude dazwischen zu bekommen, was einerseits die Anforderungen erfüllt, die wir stellen, ein Haus zur Präsentation der Kunst des 20. Jahrhunderts, aber natürlich auch sich zwischen diese Nachbarn verbindend einfügt."
Neue Nationalgalerie Berlin
Warteschlange vor der Neuen Nationalgalerie in Berlin, dem weltbekannten Mies-van-der-Rohe-Bau© dpa / picture alliance / Arno Burgi
Aber wie? Diese Frage soll der Ideenwettbewerb beantworten, den die Stiftung ausgelobt hat. Hunderte von Architekten haben die Unterlagen angefordert, im Februar wird eine Jury einige der Einsendungen auszeichnen. Die beste Idee muss nicht automatisch der Entwurf sein, der realisiert wird. Denn einerseits soll der Neubau eine Mischung aus Demut und Selbstbewusstsein sein, die die Ikonen der Moderne gleichzeitig verbindet, ohne aufdringlich daher zu kommen. Andererseits soll das Museum so geplant sein, dass endlich die Sammlung der Nationalgalerie gezeigt werden kann - im Moment sind weniger als ein Drittel der Werke zugänglich. Und es muss Platz schaffen für die raumgreifende Kunst der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, unter ihnen großformatige Gemälde oder Installationen wie "Das Kapital" von Joseph Beuys. Allein diese Arbeit benötigt einen acht Meter hohen Raum.
"Das ist auch deshalb angekauft worden von dem Sammler Marx, unter der Bedingung, dass es in Berlin einen angemessenen Ort gibt, wo das ausgestellt werden kann, und mit diesem Neubau würde die dann gegeben sein", ...
... sagt Monika Grütters, Staatsministerin für Kultur und Medien. Sie ist federführend für den Ideenwettbewerb - am Ende wird sie mit entscheiden, welcher Bau die Brachlandschaft auf dem Kulturforum schmücken wird. Ihr ist gelungen, woran seit Jahren und Jahrzehnten alle Engagierten gescheitert sind: Sie hat das nötige Geld aufgetrieben.
"Ja, ich bin ganz begeistert, dass der Bund ein solch klares Bekenntnis zur deutschen und auch zur Berliner Museumslandschaft mit den 200 Millionen für ein neues Museum der Moderne am Kulturforum geleistet hat. Wo in Deutschland gibt es noch solch ein klares Statement der Öffentlichen Hand, für 200 Millionen ein neues Museum, ein Kunstmuseum zumal, zu bauen."
Klar ist, dass diese Summe für eine städtebauliche Neukonzeption des Kulturforums nicht reichen wird. Da die Vorgaben unverrückbar sind, ist eine Art Geniestreich gefragt: Ein Gebäude muss her, das gleichzeitig hoch und tief ist. Denn um die noblen Angebote der drei Kunstsammler Erich Marx, Egidio Marzona und Heiner Pietzsch annehmen zu können, die ihre zeitgenössischen Werke schenken oder überlassen würden, muss deren einzige Bedingung erfüllt werden, nämlich, sie angemessen auszustellen. Gleichzeitig sollte der Bau sich ducken, um sich nicht zwischen Philharmonie und Nationalgalerie zu stellen.
"Das Kulturforum ist ja eher eine Leidens- als eine Freudensgeschichte. Es hat sich, gut gemeint, so entwickelt, dass es eine Ansammlung von wirklich spektakulären Solitären ist, das ist schwer, man hat es bisher nicht in eine Kommunikation zueinander gebracht, das was einen Platz ausmacht, das finden sie dort nicht."
Ein Hamburger Unternehmer setzt die Bauherren unter Druck
Kulturstaatsministerin Grütters ist sich sicher, dass ihre Intervention die Leidensgeschichte beenden wird. Und während die Stadtplaner, professionelle wie selbst ernannte, noch streiten, sieht sie ihre Aufgabe darin, die konkreten Hindernisse für den Bau des Museums der Moderne zu beseitigen.
"Tatsächlich sind wir beim Grundstückserwerb sehr weit. Die evangelische Kirche wird zum Verkehrswert verkaufen und mit denen sind wir vertraglich einig. Das Land Berlin stellt uns seinen Grundstücksanteil kostenneutral zur Verfügung und mit dem privaten Grundstücksbesitzer sind wir in guten vertraglichen Verhandlungen im Wege eines Grundstückstausches."
Der einzige private Grundstücksbesitzer auf dem Gelände ist der Hamburger Unternehmer Eugen Block. Er hat sein Vermögen mit der nach ihm benannten Steakhauskette erwirtschaftet, allein im Jahr 2014 dem Vernehmen nach 340 Millionen Euro umgesetzt und, so berichten es Zeugen der langwierigen Verhandlungen, die ihren Namen nicht im Radio hören wollen, er hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er sich das Grundstück auf dem Kulturforum rechtzeitig gesichert hat, um später öffentliche Bauherren unter Druck zu setzen.
Selbst dort zu bauen wäre ihm nicht genehmigt worden, was man von Anfang an wissen konnte. "Mit Geld verdiene ich kein Geld", so wird er von Ohrenzeugen zitiert. Er verlangt ein Ausgleichsgrundstück in bester Lage - und wird es, wenn die Angaben stimmen, bekommen. Ob ihm gleichzeitig, wie gefordert, eine Sondergenehmigung erteilt wird, über die Berliner Traufhöhe zu bauen, ist noch ungewiss. Aber Dank der Konzilianz des Bundes und Berlins kann die Brache nun zumindest bebaut werden.
Die Philharmonie ist Stein gewordene Teilung
Einer, der sich ein halbes Leben mit dem Areal beschäftigt hat, ist Hans Stimmann, Architekt, Stadtplaner, Bausenator, erst in Lübeck, dann, nach 1991, in Berlin. In Hans Stimmanns Gründerzeitwohnung in Schöneberg hängen Fotos und Pläne der Berliner Mitte bis unter die hohen Decken. Er hat sich schon in den siebziger Jahren politisch engagiert, um den Bau der Westtangente zu verhindern – die Stadtautobahn hätte eine Schneise bis zur Staatsbibliothek geschlagen, die Potsdamer Straße wäre zu einem Zubringer geworden. Heute, da die Teilung der Stadt überwunden ist, ist es seiner Ansicht nach an der Zeit, die Schicht hervorzuholen, die durch die Mauer verdeckt wurde – nicht nur durch ihre Errichtung selbst, sondern auch durch das, was der Westen dem entgegen setzte, vor allem auf dem Kulturforum.
"Alles was dort gebaut wurde ist ja eine Antwort auf die Mauer. Die Mauer wurde gebaut und der damalige Westberliner Senat mit Willy Brandt als Regierender Bürgermeister hat entschieden, wenn die da die Mauer bauen müssen, wir ein Zeichen setzen und das Zeichen war: Wir bauen die Philharmonie nicht in Wilmersdorf an die Bundesallee, das war der ursprüngliche Standort, sondern wir bauen die direkt an die Mauer."
Die Philharmonie, sagt Stimman, ist Stein gewordene Teilung. Und der Streit der Kontrahenten, die sich nicht einigen können, welche Ausprägung moderner Architektur die richtige ist, tobt in Berlin seit Jahrzehnten – und blockiert die Stadtplanung bis heute.
"Die stehen sich im Kulturforum gegenüber. Diese Mies-Kiste. Dieses Gebäude, was er mal für Kuba entworfen hat, und auf der anderen Seite eine Philharmonie, die da hingestellt wurde, weil Willy Brandt das gewollt hat. Der Ausgangspunkt war schon eine extreme Konfrontation. Über die zu vermitteln ist extrem schwierig in unserer Stadt."
Der Traum mancher konservativer Stadtplaner um Stimmann ist die Wiederauferstehung des bürgerlichen Tiergartenviertels, des einstmals ersten Villenvororts Berlins, als luxuriösem Wohngebiet zwischen Museen. Daraus wird nun nichts, und manchen ärgert das. Stimmann bestreitet zwar, dass er nur das alte Tiergartenviertel wieder auferstehen lassen will – das wäre ein Schlag ins Gesicht all derer, die die moderne Stadt als historisch willkommenen Bruch empfinden. Aber er will zumindest an das Quartier erinnern und an seine ehemaligen Bewohner. Künstler und Politiker lebten hier, die Grimm-Brüder, Heinrich Hoffmann von Fallersleben, der Sozialdemokrat Ferdinand Lassalle und der kleinwüchsige Malerfürst Adolph von Menzel. Was das Viertel einmal war, will Stimmann auch durch Architektur sichtbar machen. Man muss, wie im 19. Jahrhundert, wieder flanieren können
"Wenn man aus der Friedrichstadt kommt, vom Gendarmenmarkt, und sagt, Mensch wo gehen wir jetzt noch hin, lass uns mal Richtung Potsdamer Platz laufen, und dann gucken wir da und finden das irgendwie Schrott, oder auch nicht, und dann laufen wir weiter ins Kulturforum, und von da aus dann, da hab ich nen tollen Italiener in der Potsdamer Straße. Also so wie die Stadt ja funktioniert hat. Und wenn man dann nach nem Glas Wein Zeit hat, dann steht da schon die Droschke und fährt mich ins KadeWe."
"Guten Abend, meine Damen und Herren. In unserer aktuellen Tageschronik berichten wir Ihnen zunächst aus Berlin. In einem feierlichen Festakt wurde heute Vormittag die neue Philharmonie am Kemperplatz eröffnet. Der Regierende Bürgermeister Brandt bezeichnete in seiner Ansprache den Neubau als einen wichtigen Schritt auf dem Wege Berlins zu einem internationalen Kulturzentrum."
Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
Die Berliner Philharmonie von außen© dpa picture alliance/ Britta Pedersen
Als die Berliner Philharmonie am 15. Oktober 1963 eröffnet wurde, war sie in einer für heutige Maßstäbe traumhaft kurzen Zeit errichtet worden, in 37 Monaten. Auch der Preis war klein, 17 Millionen Mark. Inflationsbereinigt wären das heute knapp 40 Millionen Euro. Willy Brandt wollte im alten Zentrum der Stadt, vom Osten aus sichtbar, einen Ort für Kultur schaffen – und für die Architektur der Moderne. Es dauerte keine fünf Jahre bis zur Eröffnung der Neuen Nationalgalerie.
"Exzellenzen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Dies ist ein großer Tag für Berlin!"
Klaus Schütz, Regierender Bürgermeister von Berlin, am 15. September 1968.
"Dieses Haus steht wenige Meter von der Grenze entfernt, die unseren Kontinent, unsere Nation und diese unsere Stadt spalten soll. Kunst gehört allen. Sie spiegelt Gedanken, Wünsche, Hoffnungen, aber auch Ängste."
Die beiden Monolithen standen absichtlich quer zur alten Straßenführung des Tiergartenviertels, das übrigens nicht nur von den Bomben der Alliierten zerstört worden war. Mit dem Abriss begann 1938 Albert Speer, der Platz für seine Germania-Träume brauchte. Nach dem Krieg entstand im Schatten der Mauer etwas radikal Neues – junge Menschen aus aller Welt reisten nach West-Berlin, um die Bauten zu sehen, unter ihnen eine junge Architektin aus Zürich, Regula Lüscher. Heute ist sie amtierende Senatsbaudirektorin in Berlin.
"Als Studentin habe ich das Kulturforum zum ersten Mal gesehen und ich war begeistert, und zwei Tage später war ich dann tatsächlich auch in der Philharmonie und für mich war das ein großer Moment, weil das zwei Ikonen der Moderne sind."
Der Plan von Hans Scharoun war der einer Stadtlandschaft, in der die Bauten Hügel symbolisierten und die Straßen als Flusstäler erfahrbar wären.
"Der ist nicht zu Ende gebaut und ich glaube auch dass die Gesamtkonzeption von Scharoun korrumpiert ist, weil das ein Parkplatz ist und man den Landschaftsaspekt überhaupt nicht spürt, und natürlich auch durch das Auseinanderreißen zwischen der Bibliothek und den anderen Bauten. Das ist schon ein Problem, und das wird auch ein Problem bleiben."
Luxuswohnungen am Kulturforum? Ein Graus!
Konservative Kritiker und Stadtplaner wie Hans Stimmann setzen sich dagegen weiterhin dafür ein, dass hier Wohnungen gebaut werden, auch nach der Entscheidung des Bundes für das Museum der Moderne. Schon Scharoun wollte, dass hier gewohnt würde, lautet die Argumentation, er hatte ein Künstlerwohnheim geplant, das nie realisiert wurde. Eine der Visionen ist die Umbauung des Platzes um die St. Matthäuskirche. Bislang steht sie als einziger übrig gebliebener Bau des 19. Jahrhunderts hier, solitär, ohne Gegenüber und ohne Gemeinde. Luxuswohnungen am Kulturforum? Für Thomas Flierl, den ehemaligen Kultursenator, wäre das ein Graus.
"Für mich, der aus dem Osten kommt, ist das ganz erstaunlich, dass die West-Berliner Geschichte so vergessen wird und dass dieses selbstbewusste Monument an der Mauer, an der Grenze ein kulturelles Signal zu setzen, so gering geschätzt wird, dass die ausschließliche Konzentration jetzt in Berlin-Mitte gesehen wird, auf der Museumsinsel, und dass diese Doppelstruktur, Museumsinsel, Kulturforum, nicht als positive programmatische Herausforderung begriffen wird. Man muss sie in ihrer eigenen Grammatik begreifen und da stärken und nicht durch einen Gegenbau ruinieren."
Die jahrelange Diskussion um das Kulturforum war quälend. Nun aber besteht die Gefahr, dass die Debatte mit einem Paukenschlag beendet wird. Denn die Entscheidung des Bundes für eine Finanzierung des Museumsneubaus schafft Fakten. Die eigentliche Frage aber, wie es gelingen soll, Menschen auf den Platz zu führen, beantwortet bis jetzt keine der vielen Planungen. Dabei wäre es so einfach, Vorbilder zu finden in einer Stadt, die sich in den letzten 25 Jahren verändert hat wie keine andere. Im Mauerpark im Stadtteil Prenzlauer Berg zeigt sich jeden Sonntag, wie eine teilungsbedingte Brache wiederbelebt werden kann: Durch "informelle Aneignung", durch eine bunte, internationale Schar, die hier einfach nur musizieren, feiern und verweilen will. Damit aus dem Kulturforum der nächste Berliner Kult-Ort wird, müsste man lediglich den Verkehr umleiten – und die Imbissbude "Chez Ahmed" auf Dauer unter Denkmalschutz stellen.
"Bestimmte Qualitäten stellen sich oft auch gegen die Planung ein und die Menschen halten sich nicht daran, was Planer vorgeben. Vielleicht könnte man das durch Angebote oder Veranstaltungsformate oder Ähnliches noch provozieren und induzieren, so dass hier tatsächlich auch eine informelle Szene einzieht. Das wäre auch das Gegenmodell gegen ein Wohnen, das hier nur ein luxuriöses Wohnen sein kann, das sich mit Kultur nobilitiert, und dann natürlich eher exklusive Wirkung hat. Es müsste ein Ort sein für alle, der natürlich mit Kultur verbunden ist."
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