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Die Venus und das höllische Treibhaus
Abendstern allmählich besser zu sehen

Nach Sonnenuntergang zeigen sich tief am Südwesthimmel die Mondsichel und die Venus. Das klingt romantisch, doch auf dem nach der Liebesgöttin benannten Planeten tobt ein brutaler Treibhauseffekt.

Von Dirk Lorenzen | 09.10.2021
Kurz nach Sonnenuntergang zeigen sich die Mondsichel und die Venus tief am Südwesten dicht nebeneinander
Kurz nach Sonnenuntergang zeigen sich die Mondsichel und die Venus tief am Südwesten dicht nebeneinander (Stellarium)
Teleskopbeobachtungen der Venus hatten schon früh auf einen hohen Anteil an Kohlendioxid in der Atmosphäre gedeutet. 1940 berechnete Rupert Wildt, dass auf der Venus Temperaturen von mehr als 100 Grad Celsius herrschen müssten. Wildt hatte in Göttingen an den Atmosphären von Sternen und Planeten geforscht und war nach der Machtergreifung der Nazis in die USA geflohen. Seinen Venusberechnungen schenkte kaum jemand Glauben. Denn auf dem Planeten müsste es aufgrund seines Abstands von der Sonne viel kälter sein.
Knapp 20 Jahre später wiesen Radiobeobachtungen auf mehr als 300 Grad Hitze hin. Und die Raumsonde Mariner Zwei zeigte, dass es auf der Venusoberfläche so heiß ist, dass Blei dort schmelzen würde. Hauptursache für die Bedingungen ist das Kohlendioxid. Es macht 95 Prozent der Atmosphäre aus und sorgt für den extremen Treibhauseffekt.

Während auf der Erde viel Kohlendioxid im Gestein gebunden ist, ist es auf der Venus regelrecht "verdampft" – und verstärkt die Hitze immer mehr. Die ganze Atmosphäre mit dicken Wolken aus Schwefelsäure rast in nur vier Tagen einmal um den Planeten, mit Windgeschwindigkeiten von 400 Kilometern pro Stunde.
Die Wolkenschichten der Venusatmosphäre wirbeln innerhalb von vier Tagen einmal um den Planeten (NASA)
Unser Nachbarplanet Venus ist in eine dicke Wolkenschicht gehüllt (NASA)
Vor Jahrmilliarden war die Venus noch ein ganz lauschiger Planet – dann machte sie ein Klimawandel zur Hölle.