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Anschläge in Brüssel
Belgien wehrt sich gegen neue Vorwürfe

Nach neuen Berichten über mögliche Ermittlungspannen vor den Anschlägen in Brüssel reagiert die belgische Regierung zunehmend dünnhäutig - und weist Kritik entschieden zurück. Es könne nicht sein, dass Belgien permanent der Versäumnisse angeklagt werde, beschwerte sich Belgiens Justizminister. Medien zufolge sollen nicht nur die belgischen Behörden Fehler gemacht haben.

Von Jörg Münchenberg | 30.03.2016
    Polizisten patrouillieren in Brüssel.
    Polizisten patrouillieren in Brüssel. (afp/TRIBOUILLARD)
    Auch gut eine Woche nach den Anschlägen gibt es noch immer viele offene Fragen, wer wann über eine mögliche Gefährdungslage informiert worden ist. Die belgische Polizei hat inzwischen Angaben des niederländischen Justizministers Ard van der Steur zurückgewiesen, die Regierung in Den Haag habe wichtige Erkenntnisse über die beiden späteren Attentäter Ibrahim und Khalid El Bakraoui Tage vor den beiden Doppelanschlägen in Brüssel an die belgischen Behörden weitergegeben.
    Die Informationen stammten ursprünglich von der US-Bundespolizei FBI. Danach sei das radikale Vorleben der beiden Männer bei einer gemeinsamen Polizeibesprechung thematisiert worden, so der Justizminister. Von belgischer Seite hieß es jedoch, man habe lediglich über eine Razzia gesprochen.
    Rückendeckung für die belgische Version kam unterdessen ausgerechnet vom niederländischen Premierminister Mark Rutte. Nach seiner Aussage bekam das FBI die Informationen über das gefährliche Brüderpaar direkt aus Belgien, deshalb habe man das Nachbarland nicht zusätzlich informiert. Inzwischen zeigt man sich auch in Brüssel zunehmend dünnhäutig angesichts der stetigen Kritik über die angeblichen Ermittlungspannen im Zuge der beiden Attentate, die nach jüngsten Zahlen 32 Todesopfer und rund 340 Verletzte gefordert haben. Der belgische Justizminister Koen Geens:
    "Es kann nicht sein, dass Belgien permanent der Versäumnisse angeklagt wird. Das ist unwahr. Es gibt vieles, das gut funktioniert, und das müssen wir auch zu sagen wagen, anstatt immer mit zu heulen mit den Wölfen im Wald".
    Auch türkische Ermittler sollen Fehler gemacht haben
    Zumal die Zeitung "De Morgen" berichtet, dass auch türkische Ermittler Fehler gemacht haben sollen. Demnach habe Ankara erst sechs Monate später dem belgischen Verbindungsoffizier mitgeteilt, dass Ibrahim El Bakraoui, der spätere Selbstmordattentäter vom Flughafen, möglicherweise ein Syrienkämpfer sei. Bislang hatte es immer geheißen, Belgien habe die Gefahrenwarnung der Türkei schlicht ignoriert. Auch die niederländischen Behörden seien über die Hintergründe der Abschiebung El Bakrraouis aus der Türkei in Richtung Holland offenbar nur unzureichend informiert worden.
    Für neue Aufregung in Brüssel sorgte unterdessen ein Bericht von "L‘Echo", wonach die Terroristen offenbar auch das Büro von Premierminister Charles Michel in der Rue de la Loi im Visier gehabt haben könnten. Demnach wurden auf dem Computer von Ibrahim El Bakraoui destaillierte Pläne sowohl des Büros als auch der Amtswohnung von Michel gefunden worden. Ein Sprecher des Premierministers wollte dies nicht weiter kommentieren, inzwischen sind aber die Sicherheitsmaßnahmen für Michel noch einmal verstärkt worden.
    Wiedereröffnungstermin des Flughafens ungewiss
    Unklar bleibt unterdessen, wann der Flughafen Zaventem zumindest wieder in einen Teilbetrieb gehen kann. Seit den Anschlägen am Dienstag vergangener Woche ist der Airport geschlossen. Gestern gab es zwar einen ersten Testbetrieb – doch einen genauen Wiedereröffnungstermin wollten die Betreiber auch heute nicht bekannt geben.