Berlinale-Wettbewerb: "Volevo Nascondermi" und "El Prófugo"

Biopic über italienischen Van Gogh enttäuscht

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Szenenbild aus dem italienischen Wettbewerbsfilm "Volevo nascondermi" des Regisseurs Giorgio Diritti bei der Berlinale 2020 mit dem Schauspieler Elio Germano in der Rolle des Malers Antonio Ligabue.
Das liebevoll gezeichnete Filmportrait "Volevo Nascondermi" über den Maler Antonio Ligabue konnte unseren Kritiker Patrick Wellinski nicht überzeugen. © Chico De Luigi
Patrick Wellinski im Gespräch mit Britta Bürger · 21.02.2020
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Den Auftakt im Berlinale Wettbewerb machten das italienische Biopic "Volevo Nascondermi" und der argentinische Horrorfilm "El Prófugo". Während das Künstlerporträt nicht überzeugte, zog der Gruselschocker unseren Kritiker in seinem Bann.
Der italienische Regisseur Giorgio Dritti hat in seinem Film "Volevo Nascondermi" das Leben der Malers Antonio Ligabue verfilmt, der auch als italienischer Van Gogh bezeichnet wird. Der Zeit seines Lebens an mehrere Krankheiten leidende Künstler gilt heute als einer der wichtigsten Vertreter der "Art brut"-Kunst.

Biografie in wilden Vor- und Rückblenden

Der Film versuche das ganze Leben zu erzählen, sagt Filmkritiker Patrick Wellinski, umgehe aber einige Fallen des klassischen Biopics, weil sich Regisseur Dritti entschieden habe, nonlinear zu erzählen. "Es gibt gleich zu Beginn eine ganze Reihe von Vor- und Rückblenden. Das gibt dem ganzen Film schon einen recht wilden Rhythmus." Dabei erfahre der Zuschauer etwas über die Kindheit der Malers in der Ostschweiz und dass er in Italien niemanden kenne und auch nicht italienisch spreche.
Seine psychischen Probleme bleiben zunächst geheim, ebenso seine Malerei. "Dieses Talent kommt langsam über die Zeit des Nachkriegsitaliens dann auch an die Öffentlichkeit. Er wird berühmt, bleibt aber immer dieser Eigenbrötler, dieser Außenseiter." Ein wesentlich engeres Verhältnis habe Ligabu zu Tieren gehabt, die auch das Hauptthema seiner Gemälde und Skulpturen waren.

Spannung des Films hält nicht an

Man merke, dass der Film "seine Figur sehr liebt, er uns diese Empathie auch rüberbringen möchte und es auch schafft". Regisseur Dritti erzähle diese Geschichte über "elliptische Vignetten, die nur gewisse Momente einfangen, wie er arbeitet, wie er jemanden trifft". Jedoch halte die Spannung des Films nicht über die zweistündige Laufzeit und am Ende habe er den Künstler nicht wirklich verstanden, so Wellinskis Urteil.

Erinnerungen an große Gruselklassiker

Der zweite Wettbewerbsfilm am ersten Berlinale-Tag war "El Prófugo" der argentinischen Regisseurin Natalia Meta, der auf dem argentinischen Kult-Horrorroman "El mal menor" basiert. In dem Horrorstreifen geht es um Ines, die als Synchronsprecherin arbeitet und einen japanischen Erotikhorror synchronisieren muss. Dabei fällt ihr auf, dass etwas mit ihrer Stimme nicht stimmt. "Es gibt so Interferenzen auf der Tonspur." Als dann ihr Freund beim gemeinsamen Strandurlaub Selbstmord begeht, glaubt Ines, "jemand wäre in ihr", eben "El Prófugo", zu Deutsch: der Eindringling.
Dass da jemand in ihr ist, äußere sich über ihre Stimme, so Wellinski. "Sie singt in einem Frauenchor, sie ist dort Sopranistin, und auch da spürt man plötzlich, dass sie die Noten nicht mehr trifft." Es öffneten sich "permanent so schöne, irritierende Falltüren in diesem Film, dass er mich wirklich auch an große Klassiker wie Rosemary's Baby erinnert hat."

Stimmiger Horrorfilm mit toller Hauptdarstellerin

Der Film sei eine "sehr schöne Überraschung", vor allem wegen Hauptdarstellerin Erica Rivas, die diese traumatisierte Ines "wirklich sehr schön, sehr glaubhaft" verkörpere. Die Regisseurin Natalia Meta entwickele daraus einen "sehr schönen, stimmigen, feministischen Körper-Horrorfilm".
(kpa)
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