Berlin-Marathon

Günter läuft immer noch

Läufer beim 41. Berlin Marathon am 28. September 2014
Läufer beim 41. Berlin Marathon am 28. September 2014 © AFP / Tobias Schwarz
Von Elmar Krämer · 28.09.2014
Wenn am 28. September wieder über 40.000 Menschen an den Start gegangen sind, um beim Berlin Marathon gut 42 Kilometer durch die Hauptstadt zu rennen, dann ist er auch wieder dabei gewesen: Günter Hallas, 72 Jahre alt und der Gewinner des allerersten Berlin-Marathon. In diesem Jahr ging er zum 37. Mal an den Start. Er konnte nicht bei allen 41. dabei sein.
Hallas wühlt in seinen Fotos:

"Ich hab auch gerade meine alten Zeitungsausschnitte rausgekramt - ich hab da keine Ordnung drinnen."
Hauptsache, Sie haben noch Spaß am Laufen!
"Ja, das klappt noch."
Günter Hallas - 72 Jahre alt, drahtig, Schnurrbart, lächelnde Augen. Einmal war er im Urlaub, einmal krank, zwei Mal musste er nach einer Hüft-OP aussetzen - sonst wäre er immer dabei gewesen beim Berlin Marathon. Den allerersten - 1974, gewinnt der Berliner - und das obwohl er diese Distanz bis dahin noch nie gerannt war.
Hallas: "Ich hatte nicht so lange Strecken trainiert, aber immer auf kürzere aber immer flott gerannt - also die 10 - 15 Kilometer im Training immer volle Pulle."
Damals, in den 1970er-Jahren, war das mit dem Joggen noch nicht so weit verbreitet. Von "Joggen" sprach man auch kaum, eher von "Dauerlauf" und schnittige Läufer in greller Funktionskleidung, mit GPS-Pulsuhren am Handgelenk und Hightech-Laufschuhen gehörten erst recht nicht zum Alltag.
"Damals konnte man noch nicht auf der Straße laufen, also man konnte schon, aber man wurde sozusagen als Außerirdischer angeschaut, ja - und dann lief man lieber im Wald, damit einen keiner so sieht, ja. Jetzt läuft, wer Beine hat, sagen wir mal, der will da den großen Marathon mitmachen, was natürlich auch nicht so einfach ist, da muss man auch schon was tun dafür."
Hallas nutzte sein Berufsleben zu einem sehr effektiven Training - er war Postbote, und Fahrstühle hat er gemieden:
"Nee, Fahrstühle nicht. Lieber hoch laufen, gleich als Training, zwei Stufen auf einmal, da war ich immer flott dabei. Da ging es immer Trepp auf, Trepp ab, vier Stock. Das war natürlich ein gutes Training schon. Das hat viel ausgemacht, dieses Treppensteigen, das ging schon ganz schön in die Waden."
"Hau bloß ab und mach deine Runde"
Als Hallas 1974 beim "Ersten Berliner Volksmarthon" an den Start geht, will er einfach nur gucken, wie weit er kommt - doch sein Training hat sich gelohnt - er ist einer von 286 Läufern und bald schon ziemlich allein an der Spitze:
"Ich denke, hinter mir ist gar keiner, das kann ja nicht sein. Ich war selbst überrascht, dass ich mit n mal vorne war und durchs Ziel gerannt bin. Das war natürlich ein herrliches Gefühl, ich konnte das gar nicht fassen."
Zwei Stunden 44:53 braucht Hallas für seinen ersten Marathon. Siegprämien gibt es damals noch nicht, aber eine Urkunde, eine Medaille und einen Kupferstich: darauf das Schloss Charlottenburg.
Urkunden und Medaillen hat er mittlerweile etliche - irgendwo im Schrank - die sind ihm nicht wichtig.
Das Laufen entspannt ihn, sagt Hallas. Die Umgebung, die Luft, das Wetter - eine Art Psychohygiene für den 72-Jährigen.
"Meine Frau sagt, wenn ich mal abgekämpft bin oder niedergeschlagen: "Hau bloß ab und mach deine Runde, wa!" - Ick brauch das für den Kopp."
Insgesamt rund 90 Marathons ist er auf der Welt gelaufen. Nach der zehnten erfolgreichen Teilnahme beim Berlin-Marathon wird man in den Jubilee-Club aufgenommen und hat ab dann einen garantierten Startplatz und eine feste Startnummer. Günter Hallas die 425.
"Außerdem ist hinten noch eine Extra-Nummer mit die Läufe, die ich gemacht habe - wenn die sehen 37 Läufe, Mensch, der muss ja schon ein alter Knacker sein, also dann werde ich schon bewundert 'Ja prima, weiter so und ja..' ditt spornt einen dann noch mehr an."
Und Hallas hat ein Ziel: Mindestens 40-mal will er den Berlin-Marathon gelaufen sein.
"Freunde von damals so Läufer sehe ich kaum noch, die stehen nur noch an der Strecke und staunen 'Oh, Günter Hallas, der läuft immer noch? Wann will denn der mal aufhören?' Und ick sage, solang das geht und Spaß macht, bin ich dabei."
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