Berichte über Auto-Kartell

"Die Verbraucher lassen sich nicht unendlich betrügen"

Neu- und Jahreswagen verschiedener Autohersteller stehen auf dem Lagergelände eines Logistikunternehmens im mittelbadischen Kippenheim.
Die Automobilindustrie in Deutschland ist mächtig - hat sich möglicherweise aber jetzt verzockt © picture alliance / dpa / Rolf Haid
Gregor Kolbe im Gespräch mit Vladimir Balzer und Axel Rahmlow · 24.07.2017
Wenn es stimmt, was Medien über die deutschen Autobauer berichten, steuern wir auf einen Wirtschaftsskandal ungeahnten Ausmaßes zu: Ein Auto-Kartell hätte dann Umwelt, Verbraucher und Zulieferer geschädigt. Verbraucherschützer fordern ein hartes Durchgreifen vom Staat.
Das könnte teuer werden: Verbraucherschützer halten eine Klagewelle gegen die Autoindustrie für möglich. Sollten die großen deutschen Hersteller - wie vom "Spiegel" berichtet - tatsächlich über viele Jahre gegen kartellrechtliche Vorschriften verstoßen haben, könnte das Konsequenzen haben, die in der deutschen Wirtschaftsgeschichte wohl beispiellos wären.
Der Verkehrsexperte der Verbraucherzentrale Bundesverband, Gregor Kolbe, forderte die Politik im Deutschlandfunk Kultur auf, die "Samthandschuh-Mentalität" gegenüber der Autoindustrie abzulegen. Es müsse jetzt "Tabula rasa" gemacht werden, sagte er. Dass in der Autoindustrie einiges falsch laufe, sei "mehr als offensichtlich".
Auch die Verbraucher sollten laut Kolbe Konsequenzen aus dem sich andeutenden Skandal ziehen. Zwar sei es keine Zeit für Boykott-Aurufe. Man müsse aber ganz klar sagen, "dass sich Verbraucher nicht unendlich betrügen lassen". Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, könne man Verbrauchern bloß raten: "Überlegt euch genau, wo ihr kauft."

Die Behörden müssen jetzt "jeden Stein umdrehen"

Momentan könne man als Verbraucher allerdings noch nicht viel machen, sagte Kolbe. Vor möglichen Schadenersatzprozessen müssten die Kartellbehörden "jeden Stein umdrehen".
Kolbe erneuerte in diesem Zusammenhang auch die Forderung der Verbraucherschützer nach einer Musterfeststellungsklage. Denn die Verbraucher bekämen nur dann Geld zurück, wenn sie genau beweisen könnten, in welchem Umfang sie betrogen worden seien, wie hoch also der finanzielle Nachteil gewesen sei.
Eine Hand wischt mit einem Tuch über den Rand des VW-Logos an einem Auto.
VW-Logo auf Hochglanz poliert: Wie werden die Verbraucher auf die neuesten Enthüllungen über den Konzern reagieren?© imago / Susanne Hübner
Hier gebe es aber einen "Kampf David gegen Goliath". Der "kleine Verbraucher" habe gar nicht die Möglichkeit, dem "großen Unternehmen" nachzuweisen, wie dieses betrogen habe. Deswegen sei ein gesamtheitlicher Ansatz nötig, der alle Verbraucher mitnehme, betonte Kolbe.
Der "Spiegel" hatte berichtet, dass VW, Audi, Porsche, BMW und Daimler sich seit den 90er Jahren in geheimen Arbeitskreisen über Technik und Preise abgesprochen haben. Möglicherweise könnten hier auch die Wurzeln des Dieselskandals liegen.
(ahe)
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