Benin-Bronzen-Rückgabe

Forscher plädiert für systematische Restitutionspolitik

07:46 Minuten
Raubkunst-Bronzen aus dem Land Benin in Westafrika im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg in einer Vitrine ausgestellt.
Mehr als 1000 der Bronzen raubten 1897 die Briten nach einer Vergeltungsaktion gegen das widerständige Königreich Ebo. Ein Teil davon befindet sich nun in Deutschland. © picture alliance / dpa / Daniel Bockwoldt
Andreas Eckert im Gespräch mit Andrea Gerk · 30.04.2021
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War die Rückgabeankündigung über die Benin-Bronzen mehr als eine großzügige Geste? Afrikaforscher Andreas Eckart ist noch skeptisch und hofft, dass Deutschland seine kolonialen Verbrechen systematisch wiedergutmacht - mit den geschädigten Ländern auf Augenhöhe.
Deutschland will bei der Rückgabe von Raubkunst an afrikanischen Staaten vorangehen. Als ersten Schritt sollen Benin-Bronzen an Nigeria zurückgegeben werden. "Wir glauben, dass erste Rückgaben im Verlauf des Jahres 2022 passieren können", sagte Kulturstaatsministerin Monika Grütters.
Der Direktor des Instituts für Asien- und Afrikawissenschaften an der Humboldt-Universität in Berlin, Andreas Eckart, geht nicht soweit, den Rückgabebeschluss vom Donnerstag einen historischen Schritt zu nennen. Er habe immerhin das Gefühl, "die Politik und Museen gehen in die richtige Richtung."

Dringend die Details klären

"Im Moment gibt es das Versprechen, aber es ja nun schon einige Versprechen und Ankündigungen gegeben", sagt der Professor. Nun sei es wichtig, die Details zu klären und die Entscheidung so bald wie möglich in die Tat umzusetzen. Als erstes müsse Deutschland einen genauen Zeitplan erarbeiten und in Verhandlungen mit der nigerianischen Seite treten.
Ähnlich hatte es der Historiker und Afrikawissenschaftler Jürgen Zimmerer im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur gesehen [AUDIO] . Vor allem die Ankündigung, Deutschland werde einen "substanzielle Rückgabe" anstreben, könne Probleme und offene Fragen schaffen: "Wer entscheidet eigentlich, was substanziell ist und welche Stücke zurückgegeben werden? Und vor allem: wie verhindert man, dass es auf einer bilateralen Ebene einen Kuhhandel gibt".

Ein System der Wiedergutmachungspolitik

Eckart ist er der Meinung, Deutschland dürfe in der Aufarbeitung seiner Kolonialgeschichte nicht bei der Rückgabe der Benin-Bronzen stehen bleiben. "Etwas mehr Bescheidenheit wäre sicherlich notwendig oder würde allen Beteiligten guttun", sagt der Wissenschaftler, "entscheidend wäre es, wenn die Entscheidung, diese Benin-Bronze zurückzugeben, der Anfang einer systematischen, gut geplanten und langfristig angelegten Restitutionspolitik wäre."
Deutschland müsse "in eine Art professionelle Routine kommen", sagt Eckart. Dafür müssten die Museen herausfinden, welche Objekt in ihren Räumen lagern und ob es sich dabei um Raubkunst handelt.
Danach müsse Deutschland "auf Augenhöhe" mit den Vertretungen der jeweilig geschädigten Länder über den zukünftigen Aufbewahrungsort sprechen. "Die Idealvorstellung wäre, dass das dann irgendwann in eine langfristige Politik mit Augenmaß mündet und sich nicht ergeht in spektakulären Gesten und vielem Hin und Her und Ankündigungen, die dann nicht eingehalten werden."

Offene Baustelle Kolonialverbrechen

Letztlich sei mit mit der Aufarbeitung der Kolonialgeschichte auch verbunden, die gesamten "kolonialen Verbrechen" der Deutschen aufzuarbeiten, zum Beispiel im damaligen Deutsch-Südwestafrika, dem heutigen Namibia. "Es gibt viele, viele offene Baustellen, die viel zu lange Baustellen geblieben sind."
(sbd)
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