Benediktinerpater Anselm Grün

"Gewalt kann nicht allein mit Gewalt überwunden werden"

Benediktinerpater Anselm Grün, aufgenommen vor der Abtei Münsterschwarzach bei Würzburg
Benediktinerpater Anselm Grün, aufgenommen vor der Abtei Münsterschwarzach bei Würzburg © dpa / picture alliance / David Ebener
Moderation: Anke Schaefer und Christopher Ricke · 04.12.2015
Kriege, Terror, Klimawandel: All diesen Problemen muss sich der moderne Mensch stellen. Dabei kann die christliche Grundtugend der Hoffnung helfen, meint der Benediktinerpater Anselm Grün. Den Syrien-Einsatz der Bundeswehr lehnt er ab.
Der Benediktinerpater und erfolgreiche Buchautor Anselm Grün riet im Deutschlandradio Kultur zu einer realistischen Einschätzung von Gegenwartsproblemen. Genauso wichtig sei für ihn aber der Begriff der "Hoffnung":
"Die christliche Grundtugend ist die Hoffnung. Und gerade die prophetischen Texte wollen uns zeigen: Die Welt, wie sie ist, ist nur ein Teil. In dieser Welt steckt auch ein Hoffnungspotential. Und daran sollten wir glauben. Wenn wir persönlich daran glauben, dann geht von uns auch eine positive Energie aus."
"Christliche Feindesliebe ist heute moderner als je zuvor"
Angesichts der zahlreichen Krisen komme es jetzt auf die innere Einstellung gegenüber den Menschen an, betonte Grün – auch gegenüber jenen Menschen, die Gewalt ausübten:
"Da merken wir, dass die christliche Feindesliebe gerade heute moderner wäre als je zuvor. Gewalt kann nicht allein mit Gewalt überwunden werden. Sondern nur mit einer anderen inneren Haltung. Das wirkt nicht sofort, aber wir dürfen darauf vertrauen, dass die Bewusstseinsänderung sich dann auch in der Politik auswirken kann."
Hoffnung sei die eine Seite, das Handeln die andere Seite, sagte Grün. Für den Normalbürger sei dieser Spielraum allerdings begrenzt:
"Wir können nicht die ganze Welt verändern. Wir müssen natürlich auch schauen, wie wir politisch tätig werden. Das ist genauso wichtig. Aber wir dürfen uns nicht lähmen lassen von Terror und von Krieg. Sondern wir müssen trotzdem hoffen, dass Frieden möglich ist. Krieg hat ja auch immer mit Angst zu tun. Mit Angst vor dem Feind, mit Angst vor dem Fremden. Und wenn wir da eine andere innere Haltung haben, glaube ich schon, dass das eine Auswirkung hat."
Terroristen töten "aus Angst"
Grün verwies darauf, dass religiöse Ideen leider auch immer verfälscht werden könnten. Zudem trage jeder Mensch Glauben und Unglauben in sich, das müsse man akzeptieren:
"Sonst muss ich den Unglauben nach außen leben. Und die Terroristen leben ihn nach außen, werden verunsichert durch die Andersgläubigen. Und müssen das dann töten. Das hat mit Glauben nichts zu tun, sondern nur mit Angst. Und natürlich auch mit dem Missbrauch der Religion: um sich über andere zu stellen, um sich unangreifbar zu machen. Psychologisch würde man sagen: Die Flucht in die Grandiosität, weil das Leben so mickrig ist."
Syrien-Einsatz der Bundeswehr: "Keine gute Entscheidung"
Die heutige Zustimmung des Bundestags zum Syrien-Einsatz der Bundeswehr halte er für keine gute Entscheidung, sagte Grün:
"Denn mit Bomben allein kann man den Terror nicht besiegen. Natürlich muss man Kraft und Macht hinhalten. Aber man muss genau einschätzen: Viele Bomben erzeugen neuen Hass. Und wir müssen versuchen, diesen Hass zu überwinden und in Syrien politische Verhältnisse zu schaffen, die für alle Menschen erträglich sind. Mit Gewalt allein kann man das, glaube ich, nicht schaffen."
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