Begegnungen mit Stanisław Skrowaczewski (4/5)

Stanisław Skrowaczewski
Stanisław Skrowaczewski © Intermusica
26.02.2014
Er dürfte einer der ältesten, wenn nicht der älteste aktive Dirigent im internationalen Konzertleben sein - Stanisław Skrowaczewski. Der polnisch-amerikanische Maestro wurde im letzten Oktober 90 Jahre alt. Unermüdlich reist er um die Welt, um als gern gesehener Gast Konzerte bei renommierten Orchestern von Japan bis Polen zu leiten. Wo er auch ans Pult tritt, erhalten die musikalischen Abende eine besondere Aura – die Aura eines klassischen Ernstes wie auch origineller Frische und Kraft, die sich aus Skrowaczewskis ereignisreichem Leben speisen.
Von Lwów (Lemberg) führte ihn sein Weg über Breslau, Krakau, Kattowitz, Warschau und Paris bis nach Minneapolis. Bis heute ist der Maestro auch in Deutschland regelmäßig zu Gast. Hohes Aufsehen erregte zum Beispiel sein kompletter Zyklus aller elf (!) Bruckner-Sinfonien mit der Deutschen Radiophilharmonie in Saarbrücken.Mit vielen großen Musikern wie David Oistrach, Henryk Szering und Artur Rubinstein hat er zusammengearbeitet. Bei Nadja Boulanger nahm er als Komponist Unterricht in Paris. George Szell und Leopold Stokowski holten ihn nach Amerika. Eine enge Beziehung pflegte er zu Kollegen wie z.B. Witold Lutosławski, Gunther Schuller oder Krzysztof Penderecki.Und er komponiert bis jetzt – erhaben und elegant wirkende Musik, in die seine Lebenserfahrungen einfließen, ein Leben zwischen äußerer Gewalt, Glück und Unglücksfällen und innerer Stärke, die nicht zuletzt von einer unerschöpflichen Liebe zur Musik geprägt wird.Volker Michael hat im vergangenen November und Dezember mit Stanisław Skrowaczewski in Saarbrücken und Berlin Studiogespräche geführt, um ein reiches Leben Revue passieren zu lassen.
In der vierten Folge berichtet Skrowaczewski von seinen Erlebnissen mit berühmten Komponistenkollegen. Bei dem ein oder anderen vermisste er trotz großer persönlicher Sympathie die Ökonomie der Mittel, die zu achten ihn Nadja Boulanger gelehrt hatte. Zu viele Instrumente vorzusehen ohne entsprechende klangliche Ergebnisse, das findet er bis heute unnötig. Oder die modernen Partituren, die groß sind wie ein Möbelstück! Bei einer Aufführung eines Stückes von Luigi Nono in Venedig hatten die Bühnenarbeiter ganz konsequent die Noten des Dirigenten in die Kulissen geräumt, weil sie die auf ein Brett gespannte Partitur für ein Detail einer Häuserfront gehalten hatten. Darüber kann Stanislaw Skrowaczewski heute noch lachen, obwohl natürlich damals die Aufregung groß war wegen der fehlenden Noten - in einem Zeitalter, als es noch keine Kopierapparate gab. Begegnungen mit Witold Lutosławski gehörten für ihn fast schon zum Alltag. Die seltenen Treffen mit Dmitrij Schostakowitsch wiederum verliefen sehr intensiv und ernst. Für die großen Werke Krzysztof Pendereckis hat sich Skrowaczewski vor allem in den USA eingesetzt und dabei spannende Dinge erlebt.
Begegnungen mit musikalischen Zeitzeugen - 
der Dirigent Stanisław Skrowaczewski (4/5)
Kollegialer Mitschöpfer - Freund und Zeitgenosse großer Komponisten

Witold Lutosławski
Jeux Venitiens (Ausschnitt)
BR-Sinfonieorchester
Leitung: Stanisław Skrowaczewski

Witold Lutosławski
Konzert für Orchester (Ausschnitt)
RSO Stuttgart
Leitung: Stanisław Skrowaczewski

Dmitrij Schostakowitsch
Sinfonie Nr. 5 d-Moll op. 47 (Ausschnitt)
Hallé Orchestra
Leitung: Stanisław Skrowaczewski
Krzysztof Penderecki
Violinkonzert (1976), daraus: Più mosso
Isaac Stern, Violine
Minnesota Orchestra
Leitung: Stanisław Skrowaczewski
Hans Werner Henze
Ode an den Westwind, daraus: Ode II
Gustav Rivinius, Violoncello
RSO Saarbrücken
Leitung: Stanisław Skrowaczewski
(Teil 5 am 05.03.2014)