Begegnungen mit Josef Bulva (Folge 1/4)

24.04.2013
Josef Bulva, 1943 in Brünn geboren, ist schon früh ein Star in seiner Heimat. Als Staatssolist maximal gefördert und gefordert geht er dennoch Anfang der 70er Jahre in den Westen. In Abwesenheit wird er des Hochverrats angeklagt und verurteilt. Auf den Konzertpodien ebenso wie in der Münchner High Society fasst er Fuß, feiert international Erfolge als Pianist.
Bis 1996 bei einem Sturz auf schneeglatter Straße seine linke Hand zerfetzt wird. Irreparabel, heißt es. Das Ende seiner Pianistenlaufbahn. Und der Beginn einer Karriere als Investmentbanker in Monaco. Seit 2003 erneute Operationen, heimliches Üben, dann 2009 ein hart erkämpfter Neubeginn: die überraschende Rückkehr auf das Podium. Josef Bulva ist wieder Pianist.

In der ersten Folge geht es um die Anfänge am Klavier und die frühen Jahre als Pianist. Erst mit neun Jahren beginnt Josef Bulva, Klavier zu spielen (für Mathematik interessiert er sich ebenfalls sehr, außerdem beschäftigt er sich zu der Zeit intensiv mit Schach). Das Klavierspiel nimmt er von Beginn an als sportliche Herausforderung, übt stundenlang ganz auf sich gestellt. Mit 13 gibt er sein erstes öffentliches Konzert, mit 15 wird er als Jungstudent ans Konservatorium in Bratislava.

Noch nicht 20 Jahre alt wird er "Staatssolist". Das bedeutet ein sicheres Auskommen, garantierte Auftrittsmöglichkeiten mit den staatlichen Orchester, an die 30 Konzerte und 10 Rundfunkproduktionen pro Jahr – letztlich sind es dann doch immer mehr – und Konzertreisen ins Ausland. Es bedeutet aber auch die Bindung an den Staatsapparat, Nähe zu höchsten politischen Kreisen.

Josef Bulva berichtet in der Sendung u. a. von seinen Erfahrungen und denen seiner Freunde mit dem sozialistischen System, von am Apparat vorbei organisierten Konzerten in alten Kinos, vom Engagement der jungen Leute, bekannte Solisten aus dem westlichen Ausland in die Tschechoslowakei zu bringen. Von wichtigen künstlerischen und menschlichen Begegnungen, wie mit dem Komponisten und Musikwissenschaftler Roman Berger, der für ihn komponiert hat und dessen "Präludium und Toccata" er bis heute in Konzerten spielt. Und von dem langsam reifenden Wunsch des Mittzwanzigers, sich künstlerisch weiterzuentwickeln und dafür die Tschechoslowakei zu verlassen.

Zu hören sind Aufnahmen von Benno Moiseiwitsch und Sergej Rachmaninow, die für Bulva idealtypisch sind, und eigene frühe Aufnahmen, wie eine rhythmisch extrem präzise und gestochen scharfe Einspielung von Liszts Konzertetüde "La Campanella" und die wohl schnellsten Oktaven der Musikgeschichte in der "Rhapsodie espagnole", ebenfalls von Franz Liszt.



Begegnungen mit dem Pianisten Josef Bulva (1/4)
Früher Ruhm – Staatssolist in der Tschechoslowakei

Ruth Jarre im Gespräch mit Josef Bulva
(Teil 2 am 01.05.2013)

Franz Liszt
Etude d'exécution transcendante Nr. 11 "Feux Follets" (Irrlichter)
Josef Bulva, Klavier

Frédéric Chopin
Scherzo b-Moll op. 31
Benno Moiseiwitsch, Klavier

Franz Liszt
Konzertetüde Nr. 2 S 145/ R. 6 "Gnomenreigen"
Sergej Rachmaninow, Klavier

Franz Liszt
Grande étude d'aprés Paganini Nr. 3 gis-Moll
"La Campanella"

Roman Berger
Toccata

Franz Liszt
Rhapsodie espagnole

Josef Bulva, Klavier