Beethoven: Missa Solemnis mit RIAS Kammerchor

Mit Humor den Dogmen begegnen

Der Dirigent mit grau-schwarzen Locken und Brille lehnt an einer schweren, historischen Holztür und lächelt in die Kamera.
René Jacobs hat sich schon vielfach mit diesem chorischen Hauptwerk Beethovens befasst. © IMAGO / Belga
Gast: René Jacobs, Dirigent / Moderation: Ruth Jarre · 21.04.2021
Mit dieser Neueinspielung der Missa Solemnis mit dem RIAS Kammerchor Berlin und dem Freiburger Barockorchester werden Maßstäbe gesetzt. Das ist neben der Exzellenz der Solisten und Ensembles vor allem René Jacobs zu verdanken.
Seit dem 19. Jahrhundert sind wir es gewohnt, dass Werke wie die "Missa solemnis" mit riesenhaften Besetzungen aufgeführt werden. Eine Besetzung mit großem Chor und doppelt und dreifach besetzten Orchester kann diese Missa allerdings erdrücken. Besonders, wenn - wie wir es seit Jahrzehnten kennen - der Chor hinter dem Orchester steht und die Solisten davor platziert werden.
René Jacobs hat sich entschieden, den Forderungen der Musik zu folgen und den Chor rechts und links vom Orchester aufzustellen, die Solisten - leicht erhöht - dahinter.
In einem Probenraum sind viele Mikrofone aufgebaut zwischen denen Musiker sitzen und etliche Sänger stehen und den Zeichen eines Dirigenten in der Mitte des Bildes folgen.
René Jacobs und der RIAS-Kammerchor arbeiten seit Jahren bestens zusammen.© RIAS Kammerchor Berlin / Archiv
So muss der Chor nicht brüllen, um die Botschaft zu vermitteln. Besonders den Sopranistinnen kommt das entgegen, müssen sie doch ohnehin bereits fast durchgängig in den höchsten Höhen singen. Das - so René Jacobs - hat Beethoven nicht ohne Grund so komponiert.
"Der Sinn ist: Gott ist weit weg. Er ist so weit weg, dass, wenn wir ihn versuchen zu finden, man das mit einer Bergbesteigung vergleichen kann, an deren Ende man keine Luft mehr hat. Und auch, dass man sehr hoch singen muss. Dieses Hoch-Singen-Müssen und die Arbeit, die das kostet, das hat er komponiert".

Musik als Vermächtnis

Die "Missa solemnis" war Beethovens zweite Messvertonung und sie sollte auch seine letzte sein. Der Komponist wollte mit ihr ein perfektes Werk schaffen. Dafür hat er sich auch ausführlich mit dem lateinischen Messtext beschäftigt, sogar zu Arbeitszwecken eine eigene Übersetzung erstellt und zusätzlich theologische Studien betrieben.
Besonders im Credo, so meint René Jacobs, komponiert er gegen einige der Dogmen an, durchaus auch mit Humor.
Ludwig van Beethoven
Missa solemnis D-Dur op. 123 (Auszüge)
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