Bedürftigkeit

Warme Worte und ein heißer Kaffee

Das Logo der deutschen Bahnhofsmission
Etwa 100 Bahnhofsmissionen gibt es in Deutschland. © dpa / picture alliance / Uli Deck
Von Ita Niehaus  · 04.02.2014
Die meisten Reisenden hasten an der Bahnhofsmission vorbei, ohne sie weiter zu beachten. Doch für Obdachlose und Hilfsbedürftige ist sie fast schon überlebensnotwendig: Hier können sie sich aufwärmen, bekommen Essen und Kleidung. Und die Zahl derjenigen, die bei ihr Unterschlupf suchen, steigt beständig.
Freitagmorgen, kurz vor halb acht, in der Innenstadt von Osnabrück. Austauschbar und gesichtslos wirkt die viertgrößte niedersächsische Stadt hier am Neumarkt. Die üblichen großen Ketten und Kaufhäuser, Fassaden aus Glas und Beton, große vierspurige Straßen. Es ist ein nasskalter, grauer Wintertag. Auf dem Busbahnhof herrscht Hochbetrieb. Eine alte, hagere Frau sitzt auf einer Bank. Ihre Habseligkeiten hat sie in ein paar Plastiktüten verstaut. Kaum einer beachtet sie. Ein paar hundert Meter entfernt, am Rande der Innenstadt, liegt der Hauptbahnhof. Weitab vom Schuss, wie die Osnabrücker sagen.
Bis zu 31.000 Reisende und Besucher durchqueren den Bahnhof täglich. Er ist kein Ort zum Verweilen. Ganz anders als die großen Bahnhöfe in Berlin, Leipzig oder Hannover mit ihren Einkaufspassagen. Im Bahnhof Osnabrück gibt es nur das Nötigste. Einen Zeitschriftenladen, eine Bäckerei mit einem Cafe, einen Imbiß.
Auf Gleis 1 warten einige Fahrgäste auf den Regionalexpress nach Münster. Einige Meter weiter stehen drei Männer vor einer Spielhalle und rauchen. Direkt dahinter: die Bahnhofsmission. Genau dort, wo früher einmal der kaiserliche Wartesaal war.
Die Frühschicht hat gerade angefangen. Heike Becker, die Leiterin der Bahnhofsmission, sucht in ihrem Büro für einen behinderten Mann eine günstige Zugverbindung heraus.
Janocha: "Hallo, Morgen."
Maria Janocha, eine der erfahrensten Mitarbeiterinnen, kümmert sich um einen neuen Gast. Eine junge Frau braucht Hilfe. Sie will nach Hause zu ihrem Kind und hat kein Geld, um sich eine Fahrkarte zu kaufen. Nach einer Geburtstagsfeier habe eine Freundin sie mitnehmen wollen mit dem Auto.
"Auf eine Freundin ist kein Verlass... Sie ist einfach abgehauen. Jetzt stehe ich hier wie doof und mein Portemonnaie liegt bei ihr im Auto. So ein Mist, ..."
Janocha: "Das ist nicht so einfach mit dem Geld. Wenn Sie zur Caritas gehen, nicht mal zehn Minuten, dann sind sie da, geradeaus."
"Okay, vielen Dank."
Janocha: "Wir haben ganz viele, die wollen Geld haben. Aber wir brauchen die Kostenträger, wir haben Gelder nicht zur Verfügung. So leid uns das tut."
Maria Janocha kennt das Leben mit seinen Höhen und Tiefen. Vor über 30 Jahren kam sie aus Polen nach Deutschland. Die erste Zeit war schwer.
30 ehrenamtliche Helfer und Helferinnen
"Und ich hab so viel nette Leute gefunden, die haben uns geholfen. Und mein Ziel war, das zurückgeben. Weil das sind verschiedene Menschen, die kommen mit Nöten, Sorgen und Problemen. Mit ihnen zu reden - irgendwie wollte ich was geben.“
In der Küche steht Helga Kohstall, kocht Kaffee und schmiert Brote. Die 66 Jahre alte Osnabrückerin arbeitet ehrenamtlich in der Bahnhofsmission, wie die meisten der 30 Helferinnen und Helfer in den blauen Westen.
"Irgendwie mag ich die Leute. Hallo, Morgen! Die meisten sind schon Stammgäste, die immer wieder kommen. Und wenn die nicht kommen, dass man sich schon Sorgen macht, wo sie sind, warum kommen die jetzt nicht."
Bahnhöfe haben sie schon immer fasziniert. Ihr Vater war bei der Bahn beschäftigt.
"Für mich hatte der Bahnhof nur mit Reisen zu tun. Mit Wegfahren. Ich habe diese anderen Menschen überhaupt nicht gesehen, bis ich hier angefangen habe. Auch Bahnhofsmission habe ich nur mit Reisenden in Verbindung gebracht. Wohl auch die hier gestrandet sind, also nicht weiterkonnten, aber nicht mit Wohnungslosigkeit, Drogen und so."
Wollen Sie die Zeitung?" - "Ja, gerne..."
Die Fenster stehen auf Kipp im Gästeraum. Das Zimmer ist einfach eingerichtet, wirkt aber freundlich. Alpenveilchen auf den Holztischen, ein Regal mit Büchern, ein schwarzes Brett mit Tipps und Hilfsangeboten an der Wand und ein Kreuz. Es sind nur wenige Gäste da. Unter ihnen: die alte Frau vom Neumarkt. Sie besucht regelmäßig die Bahnhofsmission, um sich aufzuwärmen. Ihr Gesicht ist vom Leben gezeichnet, doch man sieht ihr an, dass sie schon bessere Tage gesehen hat. Etwas über sich erzählen will die geistig verwirrte Frau nicht.
"Ich arbeite 20 Stunden und mehr am Tag. Ich erkläre selten etwas, habe ich nicht nötig."
Warum sie auf der Straße gelandet ist? Oft kommen mehrere Probleme zusammen. Ein Todesfall, Arbeitslosigkeit, eine schwere Krankheit, psychische Probleme.
Sie kommen immer wieder
Janocha: "Am Neumarkt, da hat sie die Sachen, die lässt sie da stehen an der Bank da. Und da schläft sie. Das ist ihr Zuhause, sagt sie."
Auch im Winter. Die wohnungslose alte Frau lehnt es ab, in einer Notunterkunft zu übernachten. Die Mitarbeiter der Bahnhofsmission nennen sie liebevoll "Frau Professor". Was sie wirklich einmal beruflich gemacht hat, weiß niemand.
Janocha: "Ob sie was mit Kindern - sie erzählt viel von Kindern. Kann ich nicht beurteilen."
Vielleicht war sie aber auch in einer leitenden Position. Denn ab und zu kündigt sie Maria Janocha und den anderen Mitarbeitern, weil ihr etwas nicht passt. Doch sie kommt immer wieder.
Janocha: "Kann man nicht anders helfen. War schon in verschiedenen Einrichtungen, da bleibt sie dann nicht lange. Das klappt nicht. Festhalten kann man nicht."
So unterschiedlich die mehr als 100 Bahnhofsmissionen in Deutschland auch sind, sie alle verstehen sich als gelebte Kirche am Bahnhof und als eine Art "soziale Ambulanz". Die Aufgaben haben sich im Laufe der über 110-jährigen Geschichte geändert, sagt Heike Becker, die 65 Jahre alte energische Leiterin der Osnabrücker ökumenischen Einrichtung.
"Wir haben Gott sei Dank keinen Krieg mehr, dass wir uns um Flüchtlinge, Heimkehrer kümmern müssen.Wir hatten früher den Bahnsteigdienst und wenn dann ab und zu mal ein Berber kam, dann kriegte der 'ne Tasse Kaffee oder Tee. Und wenn ich überleg, was wir heute hier drinnen haben - den gesamten sozialen Bereich. Das sind gigantische Aufgaben, die von uns bewerkstelligt werden."
Für mehr als zwei Millionen Menschen bundesweit sind sie Jahr für Jahr da, rund 11.000 Gäste waren es allein im Jahr 2012 in Osnabrück. Hinzu kommen noch die zahlreichen Umsteigehilfen an den Bahnsteigen und an den Busbahnhöfen. Die Mitarbeiter wissen nie, wer als nächstes durch die Tür kommt, sie kümmern sich um jeden. Um Reisende, die eine Auskunft brauchen, Geld oder Gepäck verloren haben. Und um "Gäste ohne Fahrschein". Fast jeder zweite Besucher hat Geldsorgen, ist psychisch krank, wohnungslos oder drogenabhängig.
"Irgendwie ist das hier ein Stück Heimat oder fester Halt, wo sie hingehen und wissen, wir sind da."
Die Mitarbeiter der Bahnhofsmission Osnabrück hören zu, halten Verzweiflung, Trauer und Wut mit aus. Und sie vermitteln ihre Gäste unbürokratisch weiter an andere soziale Einrichtungen, psychiatrische Fachkrankenhäuser oder an Unterkünfte für Wohnungslose. Die Zusammenarbeit funktioniert gut. Trotzdem stoßen sie immer wieder auch an Grenzen. Denn die Probleme werden vielfältiger und verfestigen sich.
"Die Zahl der psychisch Erkrankten ist sehr stark gestiegen. Wenn wir da von ausgehen, dass die wirklich Hilfe im Landeskrankenhaus brauchen, bekommt man sie nur dahin, wenn Fremd- oder Eigengefährdung besteht. Wenn sie aber nicht wollen, können sie maximal einen Tag und dann sind sie wieder draußen. Aber damit ist den Menschen nicht geholfen. Da haben wir keine Chance. Und zu akzeptieren, man kann nicht helfen, das ist so ziemlich das Schlimmste, was einem passieren kann."
Die Armutsquote in Niedersachsen liegt bei 15 Prozent und damit im Bundesdurchschnitt. Tendenz: steigend. Auch die Anzahl der Harz-IV-Empfänger wächst. In Niedersachsen ist jeder sechste auf staatliche Unterstützung angewiesen, in Osnabrück etwa jeder zehnte. Kein Vergleich also mit Städten wie Berlin, Hamburg oder Hannover. Dennoch: Auch die Bahnhofsmission in Osnabrück beobachtet eine Zunahme von Armut. Immer mehr Rentner nutzen die Möglichkeit, hier kostenlos zu frühstücken. Auch der Anteil der Gäste mit Migrationshintergrund nimmt zu. Einwanderer aus osteuropäischen Ländern zum Beispiel, die voller Hoffnung auf Arbeit und ein neues Leben kommen und scheitern. Zur Zeit gibt es schätzungsweise 115 Menschen ohne festen Wohnsitz in Osnabrück.
"Viele, die zu uns kommen, sind ja nicht bewusst wohnungslos. Weil die Berber, die es früher gegeben hat, die gibt es ja kaum noch. Die sind zum überwiegenden Teil aus der Not wohnungslos, nicht aus Überzeugung. Und dann wieder da rauszukommen - ich krieg einen Job nur, wenn ich 'ne Wohnung habe. Das ist dann ein Teufelskreis. Ich glaube schon, dass man heute schneller in diese Armut kommt. Früher wurden die ja teilweise in der Familie aufgefangen, das fällt überwiegend flach. Der Zusammenhalt ist ja nicht mehr so."
Manche Reisende suchen einfach nur das Gespräch
Kurz vor zehn ist es inzwischen. Der Intercity nach Amsterdam fährt auf Gleis 12 ein. Fritz Äißlinger läuft am Bahnsteig entlang. In seiner blauen Jacke ist er schon von weitem gut zu erkennen. Er schaut sich um, wer seine Unterstützung beim Ein- oder Aussteigen brauchen könnte.
"Das ist nett von Ihnen, danke schön." - "Haben Sie reserviert?" - "Nein." - "Danke!" - "Gute Fahrt!"
Regelmäßig macht der pensionierte Pfarrer ehrenamtlich Bahnsteigdienst. Seine Erfahrung: Viele Reisende suchen auch einfach nur das Gespräch zwischen Ankunft und Abfahrt.
"Wenn ich mit jemanden da oben stehe und warte, dann kommt 'ne Menge raus. Ich fahre zu meinem Sohn und die letzte Begegnung, das war alles so schwierig. 'Ne ganz andere Generation. Da kommen Ängste, da wird erzählt, was bedrückt, aber auch, was einen gefreut hat."
Der Bahnhof Osnabrück ist nicht nur ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt im Nordwesten Deutschlands. Wie in anderen Bahnhöfen auch, treffen hier Gegensätze aufeinander, wie an kaum einem anderen Ort. Arm und Reich, Menschenmassen und Einsamkeit, Geschäftsreisende mit Smartphone und Laptop und diejenigen, die am Rande der Gesellschaft leben. Es gab einmal eine Zeit, da wollte die Bahn, unter Konzernchef Hartmut Mehhdorn, die Essensausgaben der Bahnhofsmissionen schließen.
"Er wollte die Bahnhöfe clean haben. Und diese Menschen, die zu uns kommen mit ihren Problemen, nicht im Bahnhof haben. Und musste dann aber sehr schnell feststellen, die sind da, ob wir da sind oder nicht. Und dann ist es eben besser, wir machen seine Sozialarbeit, auf Deutsch gesagt."
Im Osnabrücker Bahnhof hängt ein Plakat der Deutschen Bahn: "Danke Bahnhofsmission" steht darauf. Ihre Arbeit ist heute wichtiger denn je. Davon ist auch Egbert Meyer- Lovis, Sprecher der Deutschen Bahn, überzeugt.
"Der eine hilft dem anderen und das zum Wohl des Reisenden. Sie sind im Bahnhofsbereich gar nicht mehr weg zu denken. Sie werden ihren Platz auch weiterhin in den großen Bahnhöfen haben."
Wieder zurück in der Bahnhofsmission Osnabrück. Freitags um die Mittagszeit ist besonders viel los.
Becker: "Es ist Chaos hoch drei. Wenn du was vorhast, dann kommen 1000 andere Sachen. Ein paar Problemfällchen hatten wir zwischendurch auch noch... Aber heute ist eben einfach alles nur mal so eben..."
Im Gästeraum trifft sich wie fast jeden Tag die sogenannte "Kaffeeklatschrunde".
"Möchten Sie noch ein Glas Möhrensaft?" - "Nur ein halbes." - "Schade, ist gesund!"
Die beiden Frührentner Hubert und Rolf gehören auch zu dieser Runde.
Hubert: "Das tut der Seele ganz gut, das macht Spaß. Zeitung zu lesen, Freunde zu quatschen, bisschen zu trinken, bisschen zu essen."
Rolf: Das Einkommen ist ein bisschen auf Hartz IV-Niveau gerutscht. Dann haben wir unsere Treffen vom Café hierhin verlegt. Wenn man irgendwo ist, man verkonsumiert schnell so zehn Euro, die sind schnell weg heute. Finanziell wird es einfach knapp."
Hubert und Rolf haben sich bei einer Psychotherapie kennengelernt. Rolf ist ein kräftiger Mann. Der 58-jährige war kaufmännischer Angestellter. Dann wurde er krank. Nun lebt er in einer kleinen Wohnung mitten in der Stadt. Meistens ist er zuhause. Die Rente reicht hinten und vorne nicht. Man sieht die Armut auch an seinen Zähnen.
Rolf: "Ich habe mir schon überlegt, ob ich nicht irgendwas noch machen kann. Vielleicht ist eine kaufmännische Hilfstätigkeit möglich, das ist vielleicht noch drin. Ob mir das überhaupt gelingt - man müsste es versuchen."
Was Rolf und Hubert von der Zukunft erwarten?
Die meisten Wohnungslosen treffen sich aber in der Innenstadt
"Ich wünsche mir psychische Gesundheit und ein bisschen mehr Geld. Die gängigen Sachen, was auch die meisten anderen so haben in Deutschland."
"Ja, und dass die Freundschaft bleibt, dass man hier weiter hinkommen kann. 'Ne Tasse Kaffee trinken kann, ein paar Brote. Das wär's."
Ein paar Tische weiter sitzt Brian. Rote Haare, Sommersprossen, drahtig und ein Feuerzeug als Ohrring. Der 26 Jahre alte Deutsch-Ire ist seit einem halben Jahr in Osnabrück. Um den Winter zu überbrücken, hat er eine Wohnung gemietet.
"Ich war am Anfang hier am Bahnhof viel schnorren. Aber Leute ansprechen soll man hier nicht. Auch wenn man Komplimente macht, das ist für die trotzdem aggressives Schnorren. Aber hier sagen die eigentlich nicht viel. Am Bahnhof ist ja gar nicht mehr so viel los... Gut gesäubert."
Nur wenige Wohnungslose halten sich noch im Hauptbahnhof auf. Ihre Treffpunkte sind in der Innenstadt. Brian kommt häufig auf einen Kaffee in die Bahnhofsmission.
Brian: "Bin früh von zu Hause raus, viel Mist gebaut, Jugendamt, alles. Dann war die erste Haft, Untersuchungshaft. Dann kommt man dann halt irgendwann rein. Aber jetzt, jedes Jahr, zwei, drei Monate auf Tour gehen. Rucksacktour. Mache ich gerne, sehe ich was von der Welt. Bin ein offener Mensch, wollte schon was erleben, da ist das auf der Straße leben einfacher. Man ist frei, man hat nicht wirklich Regeln. Gut, ans Gesetz muss man sich halten. Sonst kommt man auf der Straße ganz gut klar."
Brian ist ein Berber. Ganz bewusst hat er sich für dieses Leben entschieden, zieht von Stadt zu Stadt.
"Wenn man allein auf der Straße ist, ist immer blöd. Dass da mal welche zusammengetreten werden, einfach nur aus Spaß. Da liegt ein Obdachloser, ein Penner ... In Hamburg habe ich das oft mitgekriegt. Meist ist man in Gruppen, und das ist wesentlich einfacher. Man hilft sich auf der Straße untereinander.Und - hier gibt es so viele Anlaufstellen für Obdachlose, hier muss keiner verhungern, hier kriegt jeder seine Klamotten, wenn er mal was braucht."
Ihm gehe es gut, sagt er. Was ihm Sorgen macht: Er trifft immer mehr obdachlose Jugendliche unterwegs.
"Also in Hamburg habe ich da schon Elf-, Zwölfjährige auf der Straße (getroffen). In Osnabrück habe ich ein Mädel kennengelernt, die war 13. Nachts zwischen irgendwelchen Russen und Junkies rumgehangen - ist schlimm. Drei Wochen war sie bei mir. Wie ein kleiner Vati war ich, Hausarrest gekriegt, obwohl sie bei mir im Zelt gepennt hat ... Und dann ist sie zum Vater gezogen. Vor einer Woche habe ich sie wiedergetroffen. Kleines, vernünftiges, süßes Mädchen, wird erwachsen. Wohnt bei Mutti, nicht auf der Straße. Und sie wird vernünftig. Bin ich stolz drauf."
Viele haben Depressionen
Denn Brian weiß, wie ein Leben auf der Straße auch aussehen kann.
"Vielen geht es schlecht, also auch Depression. Ich kann auf Menschen zugehen, aber für die ist das schwieriger, wenn sie in der Stadt sitzen den ganzen Tag und nicht mal zwei Euro im Becher drin haben. Aber wer nicht von der Straße will - ich hab viele mitbekommen, die wollen gar nicht. Denen ist nicht zu helfen."
Im März will Brian wieder seinen Rucksack packen. Bisschen arbeiten auf dem Bau, Gitarre spielen, schnorren. Irgendwie wird er es schon schaffen: nach Brasilien zur Fußball-Weltmeisterschaft.
"So, jetzt wollen wir los, sonst schaffe ich das nicht mehr... Ciao..."
Freitagabend, gegen 18 Uhr 30. "Frau Professor" ist weitergezogen in den Wartesaal. Ganz in sich versunken sitzt sie da. Spätestens in ein paar Stunden wird sie sich wieder auf den Weg machen. Zu "ihrer" Bank am Busbahnhof.
In der Bahnhofsmission Osnabrück geht ein ganz normaler Tag zu Ende. 46 Gäste mit überwiegend kleineren Problemen. Das ist aber nicht immer so. Heike Becker erinnert sich an einen Mann, der Selbstmord begehen wollte. Lange hat sie mit ihm gesprochen.
"Als er raus ging, lächelte er. Aber man weiß ja trotzdem nicht, wie das mit den Menschen weiter geht. Vor ein paar Wochen kam er in's Büro, da gab er mir die Hand. Ich merkte, er drückte mir was in die Hand. Und dann sagt er: 'Sie haben mir das Leben gerettet.' Und als ich die Hand nachher aufmachte, war da eine richtig gute Spende drin. So merkt man immer wieder mal, dass es gut ist, dass man da ist."
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