BBC Symphony live beim Musikfest Berlin

Heiße Flirts mit Jazz und Pop

Der Dirigent Sakari Markus Oramo
Sakari Oramo dirigiert das BBC Symphony Orchestra beim Musikfest Berlin © Benjamin Ealovega/Musikfest Berlin
Moderation: Volker Michael · 05.09.2019
Zwei Stücke der neuen Musik treffen auf zwei große Klassiker beim Gastspiel der BBC Symphony beim Musikfest Berlin. Nora Fischer und Håkan Hardenberger sind Solisten, Sakari Oramo leitet den Abend mit Musik von Mussorgsky, Sibelius, Louis Andriessen und Olga Neuwirth.
Passen US-amerikanisches Songwriting und klassisch-moderne Orchestermusik zusammen? Der niederländische Komponist Louis Andriessen meint, ja! Und er hat daraus einen Flirt mit der Pop- und Unterhaltungsmusik gemacht, nicht zuletzt weil ihm eine dafür wie geschaffene Sängerin zur Verfügung stand - Nora Fischer. Die Vokalistin hat sich profiliert als Grenzgängerin, die aus vielen Stilen und Genres die jeweiligen Stärken herauskristallisiert. Grundlage des 2017 für das Los Angeles Philharmonic Orchestra verfassten Werkes "The Only One" sind Gedichte der flämischen Gegenwartsautorin Delphine Lecompte, die Andriessen geistreich, experimentell und anregend fand. Das neue Werk des niederländischen Komponisten ist nun erstmals in Europa beim Musikfest Berlin zu hören.
Die Sängerin und Stimmkünstlerin Nora Fischer
Die Sängerin und Stimmkünstlerin Nora Fischer© Sarah Wijzenbeek/Musikfest Berlin
Einen ebenso exquisiten Solisten bietet das BBC Symphony Orchestra im zweiten Teil seines Gastspiels beim Musikfest in der Berliner Philhamonie auf, den schwedischen Trompeter Håkan Hardenberger. Er wird "...miramondo multiplo..." interpretieren, eine Art Trompetenkonzert von Olga Neuwirth. Die etablierte österreichische Komponistin verarbeitet darin die eigenen Erfahrungen mit ihrem Instrument. Das hat sie nämlich einmal ernsthaft gelernt, bevor sie aus gesundheitlichen Gründen davon ablassen musste.

Cooler Miles und schöner Haydn

Sie liebte daran immer die sinnliche Verbindung aus menschlichem Atem und kühlem Metall und die Nähe zum Jazz eines Miles Davis, der das adlige Instrument stets sowohl hart als auch weich klingen lassen konnte. Sehr viel Miles Davis steckt auch in ihrem Werk von 2006, allerdings wird auch jeder Zuhörende Olga Neuwirths Faszination für die Schönheit in klassischen Trompetenkonzerten wie dem von Joseph Haydn bemerken können.
Den klassisch-romantischen Rahmen setzen Chefdirigent Sakari Oramo und die BBC Symphony in diesem Konzert mit "der Nacht auf dem Kahlen Berge", dem legendär-gruseligen Stück von Modest Mussorgsky, das vor allem in der Orchesterversion von Rimskij-Korsakow bekannt geworden ist, und der fünften Sinfonie von Jean Sibelius.

So viel Schönheit in Kriegszeiten

Als finnischer Dirigent ist Sakari Oramo mit allen Sinfonien des Übervaters der finnischen Musikkultur groß geworden. Die fünfte Sinfonie könnte dabei als die schönste der sieben Gattungsbeiträge des Meisters gelten. Oramo führt sie nicht zuletzt deshalb auf, weil die heute bevorzugt gespielte Version dieses Werks vor genau 100 Jahren entstanden ist, wenige Monate nach Ende des brutalen Bürgerkriegs, der nach der Unabhängigkeit Finnlands von Russland ausgebrochen war. Sibelius hatte zuvor jahrelang hart mit sich gerungen, wieviel Modernität und Individualität er seinem Publikum zumuten wollte. Das Ergebnis war ein Mittelweg, ein typischer Kompromiss, der ihn aber berühmt gemacht hat.
Musikfest Berlin
Live aus der Philharmonie Berlin
Modest Mussorgsky
"Eine Nacht auf dem kahlen Berge" (Bearbeitung: Nikolai Rimskij-Korsakow)
Louis Andriessen
"The Only One" für Jazz-Sängerin und großes Ensemble (Deutsche Erstaufführung)
ca. 20.40 Uhr Konzertpause, darin Sakari Oramo im Gespräch mit Volker Michael - das Gespräch können Sie hier hören:
Olga Neuwirth
"…miramondo multiplo…" für Trompete und Orchester
Jean Sibelius
Sinfonie Nr. 5 Es-Dur (1919)

Nora Fischer, Stimme
Håkan Hardenberger, Trompete
BBC Symphony Orchestra
Leitung: Sakari Oramo

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