Bayrische Band

Mehr als ein Musikfilm

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"Kofelgschroa" sind bayrische Jungs Mitte 20. Ihre Fanschar wächst stetig. © Südkino/Movienet
Von Georg Gruber · 02.08.2014
Der Kofel ist ein Berg bei Oberammergau, "Kofelgschroa" (Kofelgeschrei) nennen sich vier Musiker, die dort zu Hause sind. Vor sieben Jahren gegründet, wächst die Fangmeinde der Band stetig an, auch außerhalb Bayerns. Und das, obwohl die vier, alle Mitte 20, bayrisch singen und Blechblasinstrumente und Akkordeon spielen.
"Kofelgschroa" - dass es nun einen Dokumentarfilm über die vier Musiker aus Oberammergau gibt, einen Film, in dem sie auch über sich und ihre Musik sprechen, ist fast schon ein kleines Wunder.
"... Doch vorher sind die Oberbayern live im Radio Eins Studio im Admiralspalast.
Moderatorin: Herzlich willkommen die Herren!
Musiker: Hallo, Grüaß di, Grüß Gott
Moderatorin: Also der Plan ist, ihr kombiniert bayerische Mundart, mit tendenziell osteuropäischen ...
Musiker Maxi Pongratz: Das ist kein Plan
Moderatorin: Ihr habt keinen Plan?
Musiker Martin von Mücke: Unser Plan ist kein Plan."
Über sechs Jahre begleitet
Interviews mit ihnen sind schwierig, weil die vier oft recht wortkarg sind, lange nachdenken und schlicht auch kein Interesse daran haben, sich zu erklären und der Medienmaschine Phrasen vorzuwerfen.
"Wieso osteuropäischer Rhythmus? ..."
Die Regisseurin Barbara Weber hat es trotzdem irgendwie geschafft, sie über sechs Jahre immer wieder vor die Kamera zu holen und zum Erzählen zu bringen:
Maxi Pongratz: "Ich hätte ja auch kein Selbstbewusstsein, wenn ich nicht Musik machen würde. Die ganze Kindheit immer unsicher. Unsicher und eher so das Bauernhafte – das haben wir alle gemeinsam von Kofelgschroa."
Michael von Mücke: "Der Maxi hat als Kind schon Gedichte geschrieben. Die hat er immer versteckt, die hat er keinem Menschen gezeigt, das war ihm glaube ich eher peinlich. Der hat als Kind schon Gedichte geschrieben und alle haben gesagt: Du spinnst."
Gegenmodell zum Retortenpop
Die Geschichte von Michael und Martin von Mücke, Maxi Pongratz und Matthias Meichelböck ist auch deswegen so schön anzusehen, weil Kofelgschroa das Gegenmodell sind zum Retortenpop der Castingshows. Freunde, die Musik machen, jenseits des Marktes, weil sie die Musik mögen, die sie machen. Wenn sie dann auch noch anderen gefällt, in Ordnung.
"Wenn’s den Leuten gefällt, ist doch schön, was soll denn das Gerede?"
"Uns gefällts ja auch, dass es den Leuten gefällt."
In einer Szene werden sie von einer Visagistin für einen Fernsehauftritt vorbereitet, die sichtlich befremdet wirkt:
Frau: "Wo kommt ihr her?"
Martin von Mücke: "Oberammergau, kennst du des?"
Frau: "Im Allgäu"
Von Mücke: "Na, eben ned, aber kurz davon."
Frau: "Aus der Natur, das sieht man, nicht so wie die Stadtmenschen."
Von Mücke: "An was sieht man das? An den Augenrändern?"
Frau: "Naja, ich weiß nicht, vom Typ her, wie ihr angezogen seid. Auch der Bart. Und wie ihr sprecht. Dialekt halt."
Barbara Weber mischt in ihrer sehenswerten Langzeitbeobachtung Konzertmitschnitte und Interviews. Und man lernt die vier auch im Alltag kennen. Etwa wie Maxi Pongratz sich auf der Berufsfachschule für Musik in Altötting versucht:
"Mit der Notengrafik, das check ich bis jetzt noch nicht. Mir geht alles viel zu schnell. Und vor allen Dingen möchte ich jetzt mal raus aus Altötting. Schon nach Oberammergau, möchte einfach wieder freier sein."
Auf dem Boden bleiben
Die anderen besucht sie bei den Ziegen im Stall, beim Studium in München, in der Bildhauerwerkstatt, in der Schmiede.
Michael von Mücke: "Wenn wir ein Wochenende unterwegs sind und spielen und jeder sagt was zu dir und jubelt oder was weiß ich, vielleicht ist es ja auch ganz schlecht, man ist immer unterwegs. Das ist oft so ein Film, wo Du so drinnen bist. Und nachher kommst du wieder heim, und für mich ist das ganz wichtig, dass ich dann Montag wieder da rein gehe und meine Arbeit mache, da komm ich dann ganz schnell auf den Boden, mit den Füßen."
Und sie zeigt auch die Krisen auf dem gemeinsamen Weg, die Trennung der Band und das Wiederzusammenfinden.
Matthias Meichelböck: "Das ist doch auch die Herausforderung, dass man diese Krisen durchsteht. Und das gibt einem auch wieder Kraft und gibt der ganzen Geschichte eine andere Dimension."
"Kofelgschroa. Frei. Sein. Wollen." ist mehr als ein Musikfilm. Entstanden ist wie nebenbei auch ein poetischer Heimatfilm mit schönen, klaren Bildern. Und ein Film über das Erwachsenwerden, über das Leben am Fuße der Berge, in der Provinz, die eng ist und doch auch Freiräume lässt - wenn man sie sich nimmt. Wo noch ein anderes Leben möglich scheint, als in der Stadt, ein langsameres, das anders klingt.

"Kofelgschroa. Frei. Sein. Wollen."
Ein Dokumentarfilm von Barbara Weber, eine Produktion der Südkino Filmproduktion GmbH in Koproduktion mit dem BR, Deutschland 2014, Länge: 91 Minuten