Bauhausstil mit Minarett

Von Diana Engel · 09.02.2008
Die erste Moschee auf ehemaligem DDR-Gebiet wird derzeit in Berlin gebaut - gegen Proteste einiger Anwohner. Sie behaupten, die Frauen der muslimischen Gemeinde würden unterdrückt. Das kann die 29-jährige Mubashra Ilyas nicht verstehen. Sie ist die Architektin der Moschee.
"Man kann sagen, dass der Entwurf der Moschee eine Symbiose aus westlicher und islamischer Architektur ist. Also, es hat Elemente vom Bauhausstil, die klaren Formen von außen her, aber es hat auch Elemente von islamischer Architektur, sprich es gibt eine Kuppel, es hat ein Minarett, der 12,5 Meter hoch ist und so einzelne Elemente wie der Bogen kommt vor, und diese Elemente treffen sich halt in dieser Architektur."

Mubashra Ilyas läuft in ihren schwarzen Pumps durch die Gänge der Deutschland- Zentrale der Ahmadi. Die Zentrale befindet sich mitten im Industriegebiet des Frankfurter Stadtteils Bonames. Ein beigefarbener Mantel bedeckt ihren Körper. Eine schlanke Frau mit ausdrucksstarken braunen Augen, die von sich sagt, sie sei schüchtern.

Wenn Mubashra Ilyas an den Sommer denkt, lächelt sie. Dann nämlich wird die Khadidja-Moschee eröffnet sein. Die Moschee wird gerade in Berlin gebaut, nach einem Entwurf von Mubashra Ilyas. Auf dem Gelände in der Tiniusstraße werden auch ein Gäste- und ein Jugendhaus mit Bibliothek stehen. Davor können Kinder auf einem öffentlichen Spielplatz rumtollen.

Aber gegen die Moschee gibt es Proteste. Bei einer Demo steht ein Berliner CDU-Abgeordneter unter seinem Regenschirm und hält eine Rede über die Unvereinbarkeit von Demokratie und Islam.

"Es ist eine fremde Kultur, die auf sie zukommt. Und die Leute haben zwar Angst, aber ich glaube, dass diese Ängste sich legen werden, wenn die Moschee erst einmal gebaut wird und erst einmal steht und sie offen steht für die Leute, und sie sehen, dass wir eine friedliche Gemeinde sind. Also, sie brauchen keine Angst vor uns zu haben, und ich denke, dass sie einfach diese Vorurteile abbauen werden, wenn wir erst mal die Moschee eröffnet haben."

Dass die Moschee so viel Aufsehen erregen würde, dass hätte sich die Architektin allerdings nicht träumen lassen.

"Ich war schon etwas überrascht, weil, wenn man hört, dass man in Berlin baut, dann denkt man eigentlich, dass es multikulturell ist. Und da rechnet man halt nicht mit so was."

Mubashra Ilyas lebt in Frankfurt am Main. Ihr Mann Mohammad macht seinen Doktor in Informatik. Ihr dreijähriger Sohn geht in einen evangelischen Kindergarten. Das Studienende an der technischen Universität Darmstadt als junge Mutter: Eine stressige Zeit. Man sieht ihr die Anstrengung an, wenn sie daran denkt. Seit einem Jahr hat sie ihr Diplom in der Tasche. Beim Erzählen beginnen ihre Augen wieder zu glänzen.

"Ich hatte eine sehr schöne Studienzeit. Man hat seinen festen Freundeskreis, und die verstehen das, akzeptieren das auch. Und wenn man dann diese Freunde gefunden hat, mit denen man auskommt, dann gibt es keine Probleme. Also, die wissen, dass ich bete, die wissen, dass ich Kopftuch trage, die wissen, dass ich nicht in die Disco gehe, dass ich nicht trinke, es gibt aber viele Aktivitäten, die man trotzdem zusammen machen kann, und man kann trotzdem Spaß haben."

Ihr braunes Kopftuch trägt Mubashra Ilyas überall dort, wo sie Männern begegnet, mit denen sie nicht verwandt ist.

Wenn sie die zweite Etage der Ahmadiyya-Zentrale betritt, legt sie das Kopftuch ab. Hier befinden sich die Räume der Frauenorganisation. Die hat das Geld für den Bau der Moschee gesammelt: eine Million Euro. Und der Zuschlag für den Entwurf ging an Mubashra Ilyas, weil sie eine Frau ist.

Die Moschee der Ahmadiyya-Gemeinde ist die erste im Osten Berlins. Die Gegner der Moschee behaupten, den Ahmadi-Frauen würde das Recht vorenthalten, ihren Beruf, ihre Freunde und ihren Partner frei zu wählen. Mubashra Ilyas schüttelt den Kopf und lacht.

"Wir sind gleichberechtigt, das sieht man auch in unserer Organisation. Also, es gibt eine Männerorganisation, es gibt eine gleichberechtigte Frauenorganisation, die Lajna. Die organisiert sich selbst, macht ihre Aktivitäten. Wir sind unabhängig von den Männern."

Das Leben der Muslima in Deutschland verschwindet oft hinter einseitigen Medienberichten über Zwangsehen, über Ehrenmorde und Islamismus. Damit wollen die Ahmadis nichts zu tun haben. Manchmal ärgert es Mubashra Ilyas, dass sie sich als praktizierende Muslima rechtfertigen muss.

"Wenn man sich wirklich mit der Gemeinde auseinander setzen würde, dann würde man nämlich merken, dass wir nicht mittelalterlich leben. Ich mein, ich hab studiert und viele andere Mädchen studieren auch aus unserer Gemeinde und sind erfolgreich mit der Arbeit, mit dem Studium, mit dem Haushalt. Alles, was halt die moderne Frau auch macht."

Mubashra Ilyas Eltern kommen aus Pakistan. 1974 hatte das pakistanische Parlament alle Ahmadis vom Islam ausgeschlossen. 1975 emigrierten die Eltern und gingen nach Frankfurt. Ihre Töchter sollten es einmal besser haben.

26 Jahre später, Mubashra ist 24 Jahre alt, arrangieren die Eltern ihre Hochzeit. Mubashra Ilyas ist zufrieden mit ihrer Ehe. Ihr Mann kümmert sich auch um Kind und Haushalt. Sie betont die Vorteile des arrangierten Kennen- und Liebenlernens - allem voran die geringe Scheidungsrate unter den Ahmadis.

"Unsere arrangierten Ehen, da wird geguckt, ob jemand zu einem passt und man fragt einen, ob man damit einverstanden ist, wenn man ihn heiraten will und das passiert mit dem Einverständnis von Mädchen und Jungen. Erst wenn sie einverstanden sind und dafür gebetet haben und der Meinung sind, sie sind bereit, diese Beziehung einzugehen, dann wird die Heirat vollzogen."

Die junge Architektin will nach ihren Glaubensvorstellungen leben und gleichzeitig Karriere machen. Im Moment bewirbt sie sich auf eine Teilzeit-Stelle in einem Architekturbüro. Das Kopftuch wird sie bei den Vorstellungsgesprächen natürlich auch tragen. Mubashra Ilyas ist gespannt, ob ihr das zum Hindernis wird. Mit einem Spagat hat ihr Leben als Ahmadi-Muslima in Frankfurt nichts zu tun, sagt sie.

"Ich lebe ein Leben, das für mich eigentlich klar ist, ich bin nicht entweder da oder da, es gibt auch nicht schwarz und weiß. Ich lebe mein Leben hier in dieser Gesellschaft und habe nicht das Gefühl, dass ich hier und da entscheiden muss. Ich kann mein Leben eigentlich in Einklang bringen mit meinem Glauben und auch mit dieser Gesellschaft."